Bahnrad
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Ein Bahnrad (auch „Bahnmaschine“) ist ein Rennrad ohne Bremsen, Schaltung und Freilauf für Bahnrennen (27"). Bahnräder zeichnen sich in erster Linie dadurch aus, dass bestimmte Bauprinzipien, die auch bei Rennrädern für den Straßenradrennsport Anwendung finden, noch stärker hervorgehoben sind; insgesamt steht dabei eine Haupteigenschaften im Mittelpunkt: das Rad soll eine höhere Wendigkeit besitzen – d.h. das Rad soll sehr unmittelbar auf Lenkmanöver des Fahrers reagieren.
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[Bearbeiten] Grundprinzipien
Es gelten die Grundprinzipien wie beim Straßenrad – diese sind jedoch teilweise noch stärker hervorgehoben:
- Radstand: während bereits Straßen-Rennräder einen gegenüber gewöhnlichen Gebrauchsrädern verkürzten Radstand von 95–100 cm aufweisen, liegt dieser bei Bahnrädern gewöhnlich unter 95 cm;
- Steuerrohrwinkel: Während für Straßenräder Steuerrohwinkel zwischen 72 und 74° angestrebt werden, weisen Bahnräder steilere Steuerrohre mit Winkeln auf, die teilweise deutlich über 74° liegen. Der Steuerrohrwinkel beeinflusst den Nachlauf eines Fahrrades: je steiler der Winkel, desto geringer der Nachlauf. Da der Nachlauf die von den Fahrerkorrekturen unabhängigen Präzessions-Lenkeinschläge dämpft, ist ein Rad mit hohem Nachlauf träger, aber richtungsstabiler. Da diese Eigenschaft im Bahnradsport nicht gewünscht ist, wird der Nachlauf gering gehalten: Das Bahnrad wird somit durch das steilere Steuerrohr wendiger, aber auch in seinem Fahrverhalten nervöser.
[Bearbeiten] Spezifische Bauprinzipien und technische Besonderheiten von Bahnrädern
Während die vorgenannten Eigenschaften das Bahnrad nur graduell vom Straßen-Rennrad unterscheiden, weisen Bahnräder weitere Besonderheiten auf:
- Tretlager: Während Straßen-Rennräder gegenüber Gebrauchsrädern ein deutlich abgesenktes Tretlager besitzen, ist das Tretlager bei Bahnrädern wiederum 3-5 cm höher gelegt, um ein Aufsetzen mit den Kurbeln in den Kurven beziehungsweise bei Ausweichmanövern auszuschließen.
- Schaltung und Bremsen, starrer Gang: Um bei der hohen Geschwindigkeit und den engen Verhältnissen auf der Bahn die Gefahr von Stürzen zu verringern, haben Bahnräder weder Freilauf noch Bremse, der sog. starre Gang ist vorgeschrieben, weshalb sie auch keine Schaltung besitzen. Der starre Gang bewirkt, dass beim Fahren permanent mitgetreten werden muss. Um nicht auf einen anderen Fahrer aufzufahren, weicht man aus – vor allem nach rechts, weil durch die Bahnüberhöhung dann sofort die Geschwindigkeit verringert wird. Im Notfall kann die Geschwindigkeit auch durch „Abkontern“, d.h. Gegenhalten mit Muskelkraft gegen das sich drehende Pedal, verringert werden. Der Hauptgrund für das Fehlen des Freilaufs ist jedoch die Stabilisierung des Rades. Ein Zweirad – Motorrad oder Fahrrad – wird nicht in erster Linie durch die Lenkbewegungen in der Spur gehalten, sondern durch die Kreiselstabilisationskräfte (Gyroskopischer Effekt) der Räder. Durch den fehlenden Freilauf kommt eine dritte Stabilisierung durch die ununterbrochen sich drehenden Beinmassen (hauptsächlich Unterschenkel) des Fahrers hinzu.
- Steifigkeit und Gewicht: Bahnräder müssen vor allem die besonderen Kräfte (v.a. Beschleunigung, Richtungsänderungen und Fliehkräfte in Kurven) aushalten. Aus diesem Grunde kommt es nicht so sehr auf das Gewicht als auf die Stabilität an.
- Bereifung: Als Bereifung kommen vorwiegend 27"-Schlauchreifen zum Einsatz. Sie können stärker aufgepumpt werden als die von normalen Fahrrädern bekannten Drahtreifen und halten somit stärkeren Belastungen Stand.
- Achsbreite: Im Gegensatz zur Standard-Achsbreite von 130mm beim normalen Rennrad bzw. 135mm beim Moutainbike haben Bahnräder aufgrund des fehlenden Ritzelpaketes eine auf 120mm verringerte Einbaubreite am Hinterrad..
[Bearbeiten] Position des Fahrers
Die Position des Fahrers ist auf dem Bahnrad in der Regel stärker gebeugt. Es wird im Wettbewerb fast ausschließlich in der „Unterlenkerhaltung“ gefahren. Wegen des hohen Drucks in den Kurven und um bei dauernder Unterlenkerhaltung eine bequemere Haltung der Hände am Lenker zu ermöglichen, drehen viele Fahrer die Lenkerenden stärker nach unten, so dass gegenüber den üblichen 15-25° Neigung oft Neigungen bis zu 45° anzutreffen sind. Ebenso ist es beliebt, den Sattel nicht waagrecht, sondern mit deutlicher Neigung der Spitze nach unten zu montieren.
Wegen der höheren Trittfrequenz und den auf der Bahn verwendeten kürzeren Kurbeln wird eine um 0,5 bis 2 cm niedrigere Sattelposition eingestellt.
[Bearbeiten] Geschwindigkeit – Übersetzung – Trittfrequenz
Grundsätzlich stehen diese drei Größen in einem festen Verhältnis: Je größer die Geschwindigkeit, desto größer ist bei gleichbleibender Übersetzung die Trittfrequenz, je kleiner die Übersetzung, desto größer ist wiederum bei gleichbleibender Geschwindigkeit die Trittfrequenz.
Auf der Bahn ist beides anzutreffen: höhere Geschwindigkeiten bei durchweg kleineren Übersetzungen. Deshalb liegen die Trittfrequenzen bei Bahnrennen mit 110 bis 150 U/min durchweg höher als auf der Straße mit 85 (am Berg sogar bis unter 50) bis 120 U/min. Höhere Übersetzungen, die eine „bequemere“ Trittfrequenz ermöglichen würden, werden auf der Bahn als sehr kraftraubend empfunden und hemmen den Fahrer in seiner Beweglichkeit bei besondern Fahrmanövern. Standardübersetzungen sind im Profi- wie im Amateurbereich 52/16, 52/15 sowie 51/15.
[Bearbeiten] Vorschriften
Die UCI hat genau festgelegt, wie Bahnräder aussehen müssen. Die Form von Zeitfahrmaschinen im Bahnradsport ist für Rekordfahrten wie bspw. den Stundenweltrekord streng vorgeschrieben und entspricht weitestgehend dem technischen Stand des Fahrrades, mit dem Eddy Merckx 1972 den Stundenweltrekord von 49,432 km aufgestellt hat. Scheibenräder sind üblich und zugelassen, werden aber nicht ausschließlich eingesetzt.