Schlauchreifen
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Schlauchreifen sind eine Bauart des Fahrradreifens, bei der, anders als bei den allgemein üblichen Drahtreifen, der Reifenmantel zu einem geschlossenen Schlauch vernäht ist, in dessen Innerem der eigentliche Reifenschlauch aus Gummi oder Latex liegt. Schlauchreifen werden vorwiegend im Radrennsport, Cyclocross und im Bahnradsport verwendet. Für die Straße hergestellte Schlauchreifen werden in Durchmessern von etwa 18 bis 25 mm angeboten. Das übliche Gewicht liegt bei 140 bis etwa 300 Gramm.
[Bearbeiten] Aufbau
Der Mantel eines Schlauchreifens besteht aus zwei bis drei Lagen von gummiertem Baumwoll- oder Nylongewebe der Karkasse, auf der Lauffläche griffig gemacht durch eine Gummiauflage, den Protektor, häufig auch verstärkt durch ein bis zwei Gewebestreifen darunter. Auf der Innenseite ist der Mantel vernäht. Diese Naht wird mit einem dünnen, aufgeklebten Textilband, dem Nahtband, geschützt.
Durch diese Bauart kann die Karkasse besonders leicht und flexibel gehalten werden, gleichzeitig halten Schlauchreifen sehr hohem Reifendruck stand. Ausgelegt sind beispielsweise Reifen für den Bahnradsport für einen Druck von über 15 bar, jedoch verliert der Reifen oberhalb von 14 bar seine wesentlichsten Elastizitätseigenschaften, im Rennfahrer-Jargon gilt er deshalb oberhalb dieser Grenze als „totgepumpt“. Schlauchreifen haben einen besonders geringen Rollwiderstand.
[Bearbeiten] Montage und Reparatur
Schlauchreifen können nur auf spezielle Felgen montiert werden, die eine konkave Außenfläche (das Felgenbett) besitzen. Felgenhörner wie bei Felgen für Drahtreifen fehlen, dennoch wird die durch die konkave Form entstehende beidseitige Kante im Jargon als Felgenhorn bezeichnet. Schlauchreifenfelgen können besonders leicht und stabil konstruiert werden. Bis in die späten 60er Jahre waren auch Felgen aus Sperrholz verbreitet. Sie sind leichter als Aluminiumfelgen, aber aufwändiger in der Herstellung und halten Nässe nur bedingt stand, weshalb sie nicht mehr gebräuchlich sind. Zuletzt fanden Holzfelgen nur noch bei Bahnrädern Verwendung. Moderne Felgen aus Kohlenstofffaser werden oft als Schlauchreifenfelge konstruiert, was zu einer Renaissance der Schlauchreifen geführt hat.
Um den Reifen auf der Felge zu halten, muss er aufgeklebt werden. Früher wurde dazu vor allem im Bahnradsport ein Kleber auf Schellackbasis verwendet, heute verwendet man zähflüssigen Klebstoff (Im Radrennfahrer-Jargon als „Reifenkitt“ bezeichnet), oder Felgenklebeband. Bei starker Erwärmung (z. B. durch häufiges Bremsen bei einer langen Bergabfahrt) besteht das Risiko, dass der Klebstoff an Haftkraft verliert und sich der Reifen auf der Felge verschiebt, wodurch das Ventil abreißen kann, oder der Reifen als ganzes von der Felge springt.
Der Wechsel eines defekten Schlauchreifens ist sehr komfortabel. Der defekte Reifen wird von der Felge abgezogen. Der mitgeführte Ersatzreifen wird nun auf das noch ausreichend klebende Felgenbett aufgezogen und aufgepumpt. Hierfür stehen bereits seit den 60er Jahren Gas-Kartuschen zu Verfügung, die innerhalb eines Sekundenbruchteils den notwendigen Reifendruck herstellen. Früher konnten geübte Radrennfahrer die Behebung einer Panne mit Ein- und Ausbau des Laufrades innerhalb von gut einer Minute ausführen, so dass sie bei Fernfahrten durchaus den Anschluss an das Hauptfeld wiederherstellen konnten.
Die Reparatur von Reifenschäden ist hingegen bei Schlauchreifen mühsam und kompliziert. Um den Innenschlauch zu flicken, muss die Naht an der richtigen Stelle des Mantels aufgetrennt und hinterher mit einer Sattlernadel wieder vernäht werden, was nur mit einiger Übung gelingt. Sie werden daher bei Pannen in der Regel durch neue ersetzt.
[Bearbeiten] Vor- und Nachteile – Alternativen
Seit den 80er Jahren gibt es auch schmale Drahtreifen, die in Kombination mit Hohlkammerfelgen annähernd vergleichbare Fahreigenschaften haben. Da sie in der Regel weniger kosten als die arbeitsaufwändig herzustellenden Schlauchreifen und leichter zu reparieren sind, haben sie sich im Amateurbereich weitgehend durchgesetzt. Schlauchreifen werden heute vor allem im Radrennsport verwendet. Der subjektiv höhere Fahrkomfort gegenüber Drahtreifen wird damit begründet, dass dem unter Druck gesetzten Schlauchreifen die Spannungsspitzen im Bereich des Reifendrahtes fehlen, wodurch er insgesamt etwas homogener sein soll und Unebenheiten in der Fahrbahnbeschaffenheit gleichmäßiger abfedert.
Darüber hinaus wird die höhere Verwindungssteifigkeit der Kastenfelge gegenüber der im Schnittbild U-förmigen Drahtreifenfeldge ins Feld geführt.
Vorteile der Schlauchreifen sind die Notlaufeigenschaften, da der aufgeklebte Reifen auch bei Defekt nicht von der Felge springen kann, die höheren möglichen Reifeninnendrücke und die etwas geringere rotierende Masse an den Laufrädern. Im Bahnradsport können nur Schlauchreifen benutzt werden, da Drahtreifen den notwendigen Reifeninnendruck nicht aushalten.