Betreutes Wohnen
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Als betreutes Wohnen werden Wohnformen bezeichnet, in denen Menschen, unter anderem alte Menschen, psychisch Kranke, Behinderte oder Jugendliche von Sozialarbeitern bzw. Psychologen, Erziehern, Therapeuten oder Pflegekräften dahingehend betreut werden, dass bei gleichzeitiger Unterstützung zur Bewältigung der individuellen Probleme die größtmögliche Autonomie gewährleistet wird.
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[Bearbeiten] Wohnformen
Es gibt verschiedene Formen der Betreuung, je nach individuellem Bedarf. So gibt es Personen, die in ihrer eigenen Wohnung leben und Unterstützung von ihrem Einzelfallhelfer oder einem ambulanten Pflegedienst erhalten, je nach Bedarf wenige Stunden pro Woche oder mehr. Hierbei ist oft nur wichtig, das die zu betreuende Person an ihre regelmäßige Pflichten erinnert wird, also eine Hilfestellung für alltägliche Erledigungen erfährt.
Als Wohnform gehört Betreutes Wohnen nicht zu den Heimen im Sinne des Heim-Gesetzes. Rechtlich besteht jeweils ein eigenständiger Haushalt.
Eine andere Form ist das gemeinsame Zusammenleben in therapeutischen Wohngemeinschaften. Auch hier gibt es Unterschiede im Grad der Betreuung. Hierbei kann grob unterschieden werden zwischen Rund-um-die-Uhr-Betreuung und Betreuung, die nur tagsüber bzw. zu bestimmten Zeiten stattfindet.
Besonders in therapeutischen Wohngemeinschaften betrifft der Aufgabenbereich der Betreuer häufig sehr viele Details im täglichen Leben. Hierzu zählen viele lebenspraktische Dinge wie Körperhygiene, Sauberkeit der Wohnräume, Umgang mit Geld und auch Einkäufe, auch das nach individuellem Bedarf.
Oft werden psychologische Beratungen angeboten, um Konflikte zu meistern. In vielen Wohngemeinschaften gibt es regelmäßige Gruppenversammlungen, in denen die Gruppe betreffende Angelegenheiten klärt.
Es gibt Konfliktberatung bei Auseinandersetzungen der Bewohner untereinander oder mit den Betreuern.
[Bearbeiten] Ziele
Oberstes Ziel ist, den Betroffenen so wenig Verantwortung wie nötig abzunehmen, um sie dabei zu fördern, ihr Leben selbstständig zu gestalten bzw. eine Unterbringung in einem Altenheim oder Altenpflegeheim zu vermeiden oder so weit wie möglich hinauszuschieben.
Bei vielen psychisch Kranken wird angestrebt, ihnen später ein Leben außerhalb der Betreuung zu ermöglichen, ihnen Hilfestellung zu gewährleisten, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern und nach Möglichkeit auch wieder in einen Beruf zu finden.
Menschen mit geistiger Behinderung haben, wie jeder andere Bürger auch, ein Recht auf freie Wohnungswahl und Unverletzlichkeit ihrer Wohnung:
Dazu einige Grundüberlegungen[1]:
„Was wird einmal aus mir? Was wird einmal aus meinem Kind, meinem Bruder meiner Schwester, wenn ich nicht mehr für sie sorgen kann? Kann ich mich darauf verlassen das mir die notwendige Unterstützung, Assistenz und Hilfe zuteil wird wenn ich sie benötige um mein Leben selber in die Hand zu nehmen, um selbstbestimmt und unabhängig mein Leben zu leben und meine Träume zu verwirklichen?“
Diese grundsätzlichen Lebensfragen stellen sich nicht nur Menschen mit geistiger Behinderung sondern auch deren Eltern Angehörige, Bekannte, Freunde, und Mitarbeiter. Das sind grundsätzliche Fragen, die sich alle Menschen stellen. Es ist im Grunde die zutiefst menschliche Frage nach dem Woher und Wohin, die Frage nach dem Sinn des Lebens.
Was hat das mit ambulant unterstütztem (betreutem) Wohnen zu tun:
Wohnen, heißt zu Hause sein.
Sich dort wohl zu fühlen.
Meine Wohnung zu gestalten so wie es mir gefällt.
Eine Rückzugsmöglichkeit zu haben, einen Platz zu haben wo mich keiner stört. Wo ich machen kann was ich will.
Wo ich ganz für mich bin und ganz ich selbst sein kann.Wo ich keinen fragen muss.
Aber auch soweit wie nur möglich eigene Verantwortung für mein Tun und Handeln zu übernehmen.
Die Dinge des alltäglichen Lebens selbstständig zu erledigen.
Auch mal Fehler zu machen und daraus zu lernen. Mut zum „Risiko“ zu haben. Abschied zu nehmen von der „bequemen Vollversorgung“ des Elternhauses oder der Wohnstätte.
Selbstständig und selbstbestimmt die freie Wahl meiner Wohnung zu haben ist ein grundsätzliches menschliches Bedürfnis welches keinem Menschen vorenthalten werden darf und somit eine grundsätzliche Voraussetzung für den menschlichen Willen zur persönlichen Sinnfindung darstellt.
Vor dem Hintergrund dieser grundlegenden Bürgerrechte hat die Lebenshilfe im Laufe der Jahre diese drei Begriffe für den Bereich des Wohnens vor allem aus praktischer Erfahrung heraus entwickelt und mit Leben erfüllt:
Selbstbestimmung, Selbständigkeit und Wahlmöglichkeiten. Die Wohnangebote der Lebenshilfe sprechen Menschen mit einem nach Art und Umfang unterschiedlichen Hilfebedarf an, u. a. auch Senioren, Paare und Alleinerziehende. Das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderung ist handlungsleitend und setzt Wahlmöglichkeiten voraus.
[Bearbeiten] Recht
Rechtsgrundlagen finden sich im Sozialgesetzbuch IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) in § 55 Abs. 2 Nr. 6. Hier werden im Rahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (Eingliederungshilfe) für Menschen mit Behinderung "Hilfen zu Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" als Leistungen genannt. Daraus können sich Ansprüche auf Sozialleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe (SGB XII) ergeben, das sogenannte "Betreute Wohnen", worunter meist die o.g. ambulanten Beratungsleistungen und sozialen Dienstleistungen verstanden werden.
Rechtliche Grundlagen: Der Gesetzgeber hat es bisher versäumt, "Betreutes Wohnen" gesetzlich zu definieren; daher kann bisher jeder seine Wohnung als "Betreutes Wohnen" vermieten.Eine Legaldefiniton gibt es leider nicht, die es zulassen würde, sich bei Gerichtsklagen auf die gesetzlich festgelegten Einzelheiten zu berufen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) findet man keine diesbezügliche Bestimmung, auch nicht in den Ausführungsgesetzen und -Verordnungen. Wichtig ist beim "Betreuten Wohnen" beim Abschluss eines Vertrages, der Inhalt des Mietvertrages. Es muss alles einzeln geregelt und genau bezeichnet sein, um eine Klagemöglichkeit bei Mietstreitigkeiten zu haben.
Das Deutsche Institut für Normung hat allerdings in der DIN 77800 die Qualitätsanforderungen an Anbieter der Wohnform "Betreutes Wohnen für ältere Menschen" normiert. Damit besteht zugleich die Möglichkeit für Anbieter des Betreuten Wohnens, ihre Dienstleistung zertifizieren zu lassen. Ausführender Zertifizierer ist die DIN CERTCO GmbH.
[Bearbeiten] Siehe auch
Altenheim, Heimgesetz, Mehr-Generationen-Haus, Ambulanter Dienst
[Bearbeiten] Literatur
- Deutsches Institut für Normung: DIN 77800, Ausgabe:2006-09 - Qualitätsanforderungen an Anbieter der Wohnform "Betreutes Wohnen für ältere Menschen" (Beschreibung)
- Bertelsmann Stiftung, Kuratorium Deutsche Altershilfe (Hrsg.): Ambulant betreute Wohngruppen - Arbeitshilfe für Initiatoren. In der Reihe Leben und Wohnen im Alter, Band 6. ISBN 3-935299-88-5
- Holger Mühlbauer: Betreutes Wohnen für ältere Menschen Dienstleistungsanforderungen nach DIN 77800. Beuth Pocket, 2007. 48 S. ISBN 3-410-16469-3