Bundeslöschtage
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Der Begriff Bundeslöschtage bezeichnet die vermutete Vernichtung von Akten des Kanzleramts am Ende der Regierungszeit von Helmut Kohl im Oktober/September 1998, die zum Gegenstand eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages wurde. Inzwischen ist rechtsverbindlich festgestellt (Verwaltungsgericht Köln), dass der "Vorwurf der rechtswidrigen zentralen Datenlöschung .. unbegründet" ist.
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[Bearbeiten] Vermisste Akten
Im Bericht des Untersuchungsausschusses, der unter der Leitung von Dr. Burkhard Hirsch (FDP) arbeitete, wurde behauptet, dass Akten zu folgenden Themen unvollständig seien bzw. geheime Akten möglicherweise vollständig vernichtet worden seien:
- Akten zum Verkauf des Spürpanzers Fuchs an Saudi Arabien 1991
- Akten zur Privatisierung von LEUNA und MINOL
- Akten zu Airbuslieferungen
- Akten zu MBB-Hubschraubern an Kanada in den 1980er Jahren
- Akten zur Privatisierung der Eisenbahnwohnungsgesellschaften
- Akten zum Wirtschaftsgipfel Halifax
- Akten zum Schriftwechsel des Bundeskanzleramtes mit dem Kaufmann Karlheinz Schreiber
Der ehemalige Chef des Bundeskanzleramts, Friedrich Bohl, gab vor dem Ausschuss an, keine Weisung an Mitarbeiter zur Löschung und Vernichtung von Daten ausgegeben zu haben.
Der durch Hirsch maßgeblich geprägte Bericht konnte die behauptete Aktenvernichtung nicht nachweisen - dass Akten verschwunden waren, stand allerdings außer Frage. Im Zuge der Ermittlungen wurde betroffenen ehemaligen Angehörigen des Bundeskanzleramtes wiederholt die Einsicht in ihre Personalakten seitens der Kanzleramtsleitung verwehrt. Trotz politischer Gegenwehr der damaligen Bundesregierung wurden die verbundenen Ermittlungsverfahren schließlich wegen mangeldem Straftatbestand eingestellt. Gegen Hirsch wurden schwere Vorwürfe der einseitigen, politisch motivierten Ermittlungsführung erhoben.
Am 1. Dezember 2006 stellte das zuständige Bundeskanzleramt fest, dass ein seinerzeit zuständiger Abteilungsleiter „voll rehabilitiert“ sei: „Alle Vorwürfe waren und sind unbegründet“. Das Bundeskanzleramt übernahm die dem Beamten entstandenen Anwaltskosten (Frankfurter Allgemeine Zeitung 29. Dezember 2006).
Verschwunden blieben auch sechs original Aktenbände aus dem Komplex der Ölraffinerie Leuna. Ebenfalls unauffindbar waren einzelne Dokumente über Rüstungs- und Flugzeuggeschäfte und den Verkauf von bundeseigenen Eisenbahnerwohnungen. Die Ermittlungsergebnisse ergaben jedoch keinen ausreichenden Tatverdacht, um Hauptverfahren gegen einzelne Personen zu erheben, weshalb die Ermittlungen schließlich eingestellt wurden.
[Bearbeiten] Gelöschte Daten
Laut Aussage des ermittelnden Staatsanwalts Georg Linden[1] ergaben die Ermittlungen, dass im Zuge des Regierungswechsels 1998 tatsächlich Datenbestände gelöscht worden waren.
Dass es sich um zentral angeordnete umfangreiche Löschung handelt, konnte jedoch widerlegt werden. Die Fraunhofer Gesellschaft erklärte gegenüber der Staatsanwaltschaft in ihrem Gutachten vom 29. Juli, für Daten-Löschungen im Zeitraum September/Oktober 1998 gäbe es keine direkten Anhaltspunkte aus den Festplatten des zentralen Servers im Bundeskanzleramt[2].
Inzwischen hat das Bundeskanzleramt die diesbezüglich Beschuldigten voll rehabilitiert und in einer Entschuldigung auf die Nichtigkeit der Vorwürfe hingewiesen.
[Bearbeiten] Literatur
Günter Buchstab, "Bundeslöschtage"? in: Bernhard Löffler/Karsten Ruppert (Hg. Religiöse Prägung und politische Ordnung in der Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2006
[Bearbeiten] Weblinks
- F.A.Z.-Kommentar von Rainer Blasius, wonach es sich um eine Kampagne gegen Kohl und seine Mitarbeiter gehandelt habe.
- Interview in der "Zeit" mit dem Kölner Generalstaatsanwalt Georg Linden.
[1]"Gutachten: Es gab keine Bundeslöschtage" (FAZ-NET 24. August 2002)
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Daten gelöscht, Verfahren eingestellt. Die Zeit, Nr. 9, 19. Februar 2004
- ↑ Welt am Sonntag 25.08.2002