Die Piefke-Saga
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Die Piefke-Saga ist ein zunächst dreiteiliger Fernsehfilm des österreichischen Drehbuchautors und Regisseurs Felix Mitterer aus dem Jahr 1990 unter der Regie von Wilfried Dotzel. Die Serie entstand als Gemeinschaftsproduktion des NDR und des ORF. Ein vierter Teil wurde einige Jahre später gedreht.
In dem Film wird auf satirische und tragikomische Weise das Verhältnis zwischen Deutschen und Österreichern beleuchtet. Hauptcharaktere der Serie sind die Mitglieder der deutschen Familie Sattmann, die seit Jahren im fiktiven Ort Lahnenberg (gedreht wurde in Mayrhofen) im Tiroler Zillertal ihren Urlaub verbringt.
Mit beißendem Sarkasmus werden sowohl Eigenheiten von bundesdeutschen Touristen, wie auch die Verhaltensweisen der Einheimischen entlarvt, wobei keine Partei sonderlich gut wegkommt. Die teilweise massive gesellschaftskritische Implikation der Filmserie führte zu heftig geführten Diskussionen.
Die Geschichte fängt mit der Fernsehshow „Auf Los geht's los“ an, bei der der Showmaster Joachim Fuchsberger unter anderem neun „Geschworenen“ aus dem Publikum Fragen stellt und die Kandidaten die Antworten der Geschworenen erraten müssen. In einer aus Wien ausgestrahlten Folge mit österreichischem Publikum stellt er die verhängnisvolle Frage: „Wieviele der neun Geschworenen nennen die Deutschen prinzipiell: Piefke?“ Sechs der neun Geschworenen antworten mit ja. Von Fuchsberger befragt erklären sie, die Piefkes wären die eingebildeten Deutschen, die mit ihrer Mark um sich schmissen und glaubten, sie seien etwas Besseres. Diese Fernsehshow hat es tatsächlich gegeben; im Film werden reale Ausschnitte aus der Show verwendet.
Ein weiteres reales Ereignis, das in der Serie verarbeitet wurde, war eine Titelschlagzeile des Wiener Magazins Wochenpresse (im Film als fiktives Wochenmagazin Die Woche dargestellt) aus den 1980ern: „Wer braucht die Piefkes?“
Die Entrüstung unter den deutschen Touristen ist groß, besonders bei der Berliner Unternehmerfamilie Sattmann. Die Tiroler unternehmen alles, um die drohende Stornowelle der deutschen Touristen (die es in der Realität ebenfalls gegeben hat) einzudämmen.
Der vierte Teil, der 7 Jahre später spielt (und auch später gedreht wurde) überhöht die Satire ins Absurde und beinhaltet unter anderem mechanische Kühe, chirurgisch genormte Biobauern und gegen die Verkitschung kämpfende Terroristen/Freiheitskämpfer. Aus nicht abschließend geklärten Gründen wird dieser vierte Teil seit Jahren in TV-Wiederholungen der Miniserie ausgelassen. Maßgeblich hierfür sind Szenen mit überdurchschnittlichem Provokationspotential wie Waffengewalt, Andeutung von Pornographie sowie die Darstellung von terroristischen Aktionen im Allgemeinen. Im August 2005 wurde der vierte Teil vom ORF schließlich doch gezeigt, nachdem ursprünglich wiederum nur die ersten drei Teile auf dem Programm standen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Die wichtigsten Personen der Handlung
Die deutsche Unternehmerfamilie Sattmann:
- Karl Friedrich Sattmann (Dietrich Mattausch)
- Elsa, seine Frau (Brigitte Grothum)
- Sabine, seine Tochter (Sabine Cruso)
- Gunnar, sein Sohn (Ralf Komorr)
- Heinrich, sein Vater (Ferdinand Dux)
- Asta, dessen deutsche Schäferhündin
Die Tiroler Familie Wechselberger:
- Franz Wechselberger, Hotelier, Taxiunternehmer und Bürgermeister (Kurt Weinzierl)
- Christl, seine Frau (Veronika Faber)
- Stefan, sein Sohn (Gregor Bloéb)
- Hans Wechselberger, sein Bruder, Lehrer (Hans Richter)
Die Tiroler Bauernfamilie vom Rotterhof:
- Andreas, Großvater (Peter Kluibenschädl)
- Olga, Bäuerin (Doris Goldner)
- Thomas, Hoferbe (Ludwig Dornauer)
- Maria, seine Frau
- Anna, seine Schwester (Brigitte Jaufenthaler)
- Joe, sein Bruder (Tobias Moretti)
- Peter, Josef, Leni, Erwin: Kinder von Thomas und Maria
Andere:
- Max Niederwieser, Chef des Tourismusverbands (Josef Kuderna)
- Manfred Holeschek, Journalist Die Woche
- Gendarm (Josef Griesser)
- österreichischer Handelsminister (Jaromir Borek)
[Bearbeiten] Die vier Teile der Piefke Saga:
Teil 1: Der Skandal Die Sattmans erfahren von dem oben genannten Artikel in der Woche und verlassen aus Empörung das Hotel. Sie übernachten stattdessen bei einer einheimischen Familie auf deren Bergbauernhof, bis am Ende die Versöhnung stattfindet und der Urheber des Artikels, ein Wiener Journalist, von der Dorfbevölkerung krankenhausreif geprügelt wird.
Teil 2: Die Animation Der zweite Teil handelt hauptsächlich von den verschiedenen Aktivitäten der Familie Sattmann im Urlaub. Karl-Friedrich setzt sich in den Kopf , die Silberne Wandernadel am Band zu erhalten. Gunnar wird festgenommen, weil er zusammen mit Stefan auf dessen Hanfplantage erwischt wird. Am Ende besticht der völlig ungeübte Karl-Friedrich Thomas, damit er ihm als Bergführer hilft, einen möglichst hohen Gipfel zu erklimmen, und bringt damit beide in Gefahr.
Teil 3: Das Geschäft Im dritten Teil baut Karl-Friedrich eine Schneekanonenfabrik in Lahnenberg, die dort viele Arbeitsplätze schafft. Im Gegenzug spricht ihm der Bürgermeister das Jagdrecht im Forst zu, was für böses Blut bei den Einheimischen sorgt. Durch einen Trick versuchen sie außerdem, Karl-Friedrich illegal zum versprochenen Grundstück zu helfen, da er dieses als ausländischer Staatsbürger nicht erwerben darf. Das Ganze fliegt auf, der Bürgermeister schiebt die ganze Schuld vor dem versammelten Dorf auf Sattmann, und dieser schwört, nie wieder in Tirol Urlaub zu machen und die Fabrik nach Bayern zu verlegen. Schließlich kommt die halbe Tiroler Dorfbevölkerung zur Versöhnung nach Berlin.
Teil 4: Die Erfüllung Die Sattmanns stehen 5 Tage im Stau, um nach Tirol zu kommen, wo sie schon an der Grenze mit einem Begrüßungsschnaps empfangen werden. Sie finden ein Tirol vor, das zumindest oberflächlich zu den alten Traditionen zurückgekehrt ist - die Menschen laufen in Tracht herum, die Dörfer sehen aus wie vor 100 Jahren, usw. Im Laufe der Handlung wird jedoch aufgedeckt, dass ganz Tirol auf Müll gebaut ist, die Kühe und Rehe aus Plastik sind, und die Einwohner von japanischen Wissenschaftlern zugunsten des Tourismus in seelenlose "typische Tiroler" umgebaut wurden. Als entdeckt wird, dass die Familie Sattmann hinter das Komplott gekommen ist, werden sie festgenommen um selbst umoperiert zu werden. Karl-Friedrich wird zum Tiroler umoperiert, der Rest kann vorerst mit Hilfe der Guerilla-Bewegung, die sich in den Bergen verschanzt hat, fliehen. Am Ende des Filmes lassen sich der Bürgermeister Wechselberger und seine Frau, zwei der wenigen noch verbliebenen gewöhnlichen Menschen in Tirol, freiwillig umoperieren.
Der Gemeindesekretär und Obmann des Tourismusverbandes verbleibt als einziger "normaler Mensch". Ihm allein ist es somit gegeben, klaren Verstandes die "Erfüllung" der kühnsten Träume seiner Branche zu erleben: Tirol ist - mit geringen Einschränkungen - zum perfekt durchorchestrierten Urlaubsgebiet geworden. Trotz des ultimativen Triumphs der Tourismus-Maschinerie empfindet er seinen Sieg jedoch sichtlich als schal und mit bitterem Beigeschmack. Sein lustloses, geknickt wirkendes Auftreten in der Abschlussszene ist eine Reminiszenz an eine Szene ganz zu Beginn des Serienteils: Vollkommen desillusionierte deutsche Zollbeamte am Rande der totalen Apathie symbolisieren die überspitzt als menschenunwürdig porträtierten Zustände in der Bundesrepublik. Unausgesprochen steht die Aussage im Raum, dass es gerade diese widrigen Umstände sind, welche die Deutschen urlaubsreif und immun für soziale Kompetenz machen. "Die Erfüllung" bringt die Ironie auf, dass es im "heiligen Land Tirol" um nichts menschlicher zugeht - einzig die Bewohner vermögen die Illusion von der heilen Welt überzeugend aufrecht zu erhalten. Hierin ist auch Mitterers Abschlussbotschaft zu suchen: Das vom Fremdenverkehr angestrebte Paradies beruht auf der Entmenschlichung und Ausschlachtung der einheimischen Bevölkerung.
[Bearbeiten] Zitate
- Karl-Friedrich Sattmann bei jeder Gelegenheit, bei der er mit dem Urlaub unzufrieden ist: „Wir reisen ab!“
- Franz Wechselberger (blättert in der Zeitschrift mit dem Piefke-Artikel): „Wer håt denn den Artikel verbrochen? Holeschek. Manfred Holeschek.“
Sattmann senior: „Ein Slawe? Natürlich!“
- Andrä entdeckt die Familie Sattmann, die sich uneingeladen in der Stube breit gemacht hat.
Andrä: „Wås tiats denn ehs då?“
Karl-Friedrich Sattmann: „Wie bitte?“
Andrä: [jedes Wort betonend] „Wås ehs då tiats?“
Karl-Friedrich Sattmann: „Ich versteh' kein Wort.“
Gunnar: „Ich glaube der alte Fuzzi will wissen, was wir hier tun“
Karl-Friedrich Sattmann: „Wir wollen hier übernachten. Gegen bare Münze versteht sich.“
Frau Sattmann (redet wie mit einem begriffstutzigen Kind): „Wir wollen hier [zeigt auf den Boden] schlafen [legt den Kopf auf die gefalteten Hände]. Verstehst du? Für Geld. Bezahlen. [Reibt Daumen und Zeigefinger] Deutschmark. D-Mark“
- Andrä (im Stall beim Selbstgespräch): „De hun i scho' g'fressn, die Reichsdeitschn! Bande, elendige! Ibaråll kemmen sie hin! Nit amål då herobm håt ma sei Ruah!“
- Mädchen: „Nåcha kennts frühstücken. Die Mama håt scho' an Kaffee gmåcht und a Müch gibt's a.“
Karl-Friedrich Sattmann: „Aha. – Was hat sie gesagt?“
Frau Sattmann: „Keine Ahnung, ich komm mir vor wie in Jugoslawien.“
- Sattmann senior zu einem anderen deutschen Touristen: „Herr Körner, ich ernenne Sie zum Kundschafter. Folgen Sie diesen Eingeborenen und finden sie heraus, was die vorhaben!“
Herr Körner versucht sich daraufhin beim Gemeindesaaleingang als Tiroler auszugeben:
Joe: Halt! Nur für Einheimische.
Herr Körner: Bin Tiroler, Depp! Griazdi Gott, wi-aah geets da denn?
Joe: Geh vaschwind du Flachlandtiroler. Zupf di!
Herr Körner: Zupf di?
- Manfred Holeschek und Hans Wechselberger liegen im Krankenhaus, nachdem sie von der Dorfjugend verprügelt wurden.
Manfred Holeschek: „Ich erstatte Anzeige“
Gendarm: „So? - Gegen wen?“
Manfred Holeschek: „Gegen die gesamte männliche Dorfbevölkerung.“
Gendarm: „Da muss ich ihnen abraten, die haben alle ein Alibi.“
- Franz Wechselberger versucht Karl-Friedrich Sattmann zu überzeugen, seine Fabrik in Tirol zu bauen.
Franz Wechselberger: „Also bei uns in Tirol, da hat die Gewerkschaft überhaupt nichts zu melden.“
- Mädchen als Entschuldigung an die deutschen Touristen:
„Ach ihr lieben deutschen Freunde
Ihr teueren Besucher unserer Gemeinde
Es tut uns leid von Herzen
Dass man euch zugefügt hat Schmerzen
Glaubet uns, wir lieben euch
Ihr seid uns stets willkommen
Verzeihet uns die schlimme Schmach
Die aus einer Wieners Feder geronnen
Auf den Knien bitte ich euch um Vergebung
Bitte lasst uns nicht im Stich
Hört auf eures Herzens Regung
Seid ein gnädiges Gericht“
- unbekannte, genervte Frauenstimme aus der Wirtsstube auf der Alpenvereinshütte:
Jetzt gebt's endlich a Ruah, pudern kennt's dahaam!
- Alter Tiroler im Bauernhaus:
Verschwindet´s, Piefke!
[Bearbeiten] Kritik
Die Filmreihe wurde häufig kritisiert, weil sie gängige Klischees bedient und überzeichnet. Ihr wurde vorgeworfen, zu einer Deutschfeindlichkeit in Österreich einen nicht unerheblichen Anteil beigetragen zu haben, wobei allerdings gerne übersehen wird, dass die Handlungen der österreichischen Charaktere genauso kritisch dargestellt werden wie die der deutschen. Im Verlauf der Gesamthandlung findet zudem ein Paradigmenwechsel statt: Anfangs werden die Deutschen als Zielscheibe von Spott und Verachtung, d.h. "die Bösen" präsentiert. Mit fortschreitender Handlung werden sie jedoch zunehmend zu Opfern der eiskalt taktierenden Tiroler, was sie zu "den Guten" werden lässt. Diese ironische Wendung wird jedoch erst mit dem vierten und letzten Teil deutlich. Zum Schaden für Mitterers Gesamtwerk entschied sich der ORF jedoch gegen eine Ausstrahlung des letzten Teils. Dadurch basierten Urteile über die Serie zunächst auf unvollständigen Informationen. Unverständnis sowie Fehlinterpretationen waren die Folge, die breite Wahrnehmung von Mitterers Grundintention nicht gewährleistet.
[Bearbeiten] Weblinks
- Die Piefke-Saga in der Internet Movie Database
- Die Piefke-Saga (Fanhomepage mit Bildern)