Einheitlicher Bewertungsmaßstab
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Unter Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) versteht man im deutschen Gesundheitswesen ein Verzeichnis, nach dem vertragsärztlich erbrachte, ambulante Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden. Es handelt sich somit um ein Vergütungssystem der ambulanten Versorgung in Deutschland.
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[Bearbeiten] Gesetzliche Grundlage
Grundlage des EBM ist das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V). In § 87 Abs. 2 ist festgelegt: "Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen."
Die Rahmenstruktur des seit dem 1. April 2005 geltenden EBM 2000plus wird zudem durch das am 1. Januar 2004 in Kraft getretene GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) vorgegeben. Neu daran ist, dass die Leistungen in Komplexen bzw. Fallpauschalen zusammenzufassen und kooperative Versorgungsformen besonders zu berücksichtigen sind.
[Bearbeiten] Autoren / Beteiligte
Der EBM wird durch den Bewertungsausschuss beschlossen, der sich paritätisch aus Vertretern der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zusammensetzt. Im Falle teilweiser oder vollständiger Beschlussunfähigkeit wird der Bewertungsausschuss um einen unparteiischen Vorsitzenden sowie vier weitere unparteiische Mitglieder erweitert (Erweiterter Bewertungsausschuss). Mit Mehrheit gefasste Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses sind bindend.
[Bearbeiten] Struktur
Jede abrechenbare Leistung hat eine Ziffer, die EBM-Nummer, und eine Punktzahl.
Beispiele für solche EBM-Nummern und deren Punktzahlen:
- GOP 01410 Hausbesuch 400 Punkte
- GOP 01730 Krebsfrüherkennungs-Untersuchung bei der Frau 370 Punkte
- GOP 03110 erstmaliger Arzt-Patientenkontakt im Quartal bis 5. Lj. 155 Punkte
- GOP 03111 erstmaliger Arzt-Patientenkontakt im Quartal vom 5. Lj. bis zum 59. Lj. 145 Punkte
- GOP 03112 erstmaliger Arzt-Patientenkontakt im Quartal ab 60. Lj. 255 Punkte
- GOP 03115 jeder weitere Arzt-Patientenkontakt im Quartal 35 Punkte
- GOP 03321 Belastungs-EKG 545 Punkte
- GOP 05330 Anästhesie oder Kurznarkose 2285 Punkte
- GOP 26350 Kleiner urologisch operativer Eingriff 210 Punkte
Das ärztliche Honorar ergibt sich aus der Punktzahl, multipliziert mit dem Punktwert, der variabel ist. Dem seit 1. April 2005 gültigen EBM lag ein kalkulatorischer Punktwert von 5,11 Cent zu Grunde. Tatsächlich ausgezahlt werden je nach Fachgruppe und Region Punktwerte zwischen 2 und 4 Cent.
[Bearbeiten] Bedeutung
Die Punktzahlen legen das Wertverhältnis der Leistungen untereinander fest. Für eine Leistung, die mit 100 Punkten bewertet ist, erhält ein Arzt doppelt so viel Geld wie für eine, die mit 50 Punkten bewertet ist.
Jedem Punkt entspricht aber nicht immer derselbe Centwert. Wieviel ein Punkt wert ist, lässt sich erst sagen, wenn der durchschnittliche Punktwert im Abrechnungszeitraum ermittelt ist. Dieser ergibt sich aus der zur Verfügung gestellten Geldmenge aller gesetzlichen Krankenkassen in einer Region und den nach EBM aufsummierten Punktzahlen aller ambulanten medizinischen Leistungen für die Patienten der Region, die bei den Krankenkassen versichert sind. Im Durchschnitt aller gesetzlichen Krankenkassen der Bundesrepublik betrug der Punktwert 1998 3,72 Cent.
Leistungen nach dem EBM darf ein Arzt nur abrechnen, wenn er von der KV als Kassenarzt zugelassen oder als Krankenhausarzt ermächtigt ist. Eine Ermächtigung von Krankenhausärzten kommt nur in Betracht, wenn im Angebot der niedergelassenen Vertragsärzte eine Versorgungslücke besteht.
Die durch einen Arzt gegenüber der KV abrechenbaren Punkte sind über die so genannten Praxisbudgets gedeckelt, die für jede Praxis von der KV festgelegt werden. Punkte (d.h. Leistungen), die über das Praxisbudget hinaus abgerechnet werden, werden nicht vergütet.
Viermal jährlich (quartalsweise) teilt der Arzt seiner regionalen Kassenärztlichen Vereinigung (KV)die Namen sämtlicher Kassenpatienten der letzten 3 Monate, deren Diagnosen und die erbrachten Leistungen (in Form der entsprechenden EBM-Ziffer) mit. Diese "Quartalsabrechnung" des Kassenarztes erfolgt Ende März, Ende Juni, Ende September und Ende Dezember. Viele Ärzte schliessen ihre Praxis am Quartalsende für 1-2 Tage, da die Abrechnung mit hohem organisatorischen Aufwand verbunden ist. Die regionale KV teilt das gesamte Geldvolumen, das ihr von allen Krankenkassen für diese 3 Monate zur Verfügung gestellt wird, nach hochkomplizierten Regeln in verschiedene "Töpfe" auf. Jede Fachgruppe (z.B. Hausärzte, Dermatologen, ...) erhält einen "Fachgruppentopf" zugeteilt, der mit wechselnder Geldmenge gefüllt ist. Dieser Fachgruppentopf wird daraufhin unter allen Ärzten der Fachgruppe je nach abgerechneten Punktzahlvolumina aufgeteilt. Der Arzt erhält ca. 4 bis 6 Monate nach der Abrechnung eine Mitteilung, wie hoch sein Honorar gewesen ist. Der durchschnittliche Umsatz eines Hautarztes in Bayern aus der Kassenpraxis liegt 2006 pro Quartal bei ca. 41.000 Euro, also ca 164.000 Euro pro Jahr. Nach Abzug der Kosten bleibt davon ein zu versteuerndes Einkommen von durchschnittlich 63.000 Euro jährlich (davon sind sämtliche Sozialabgaben, Rentenbeiträge, Krankenversicherung usw. zu bezahlen). Das Honorar in anderen Bundesländern, insbesondere in den neuen Ländern, liegt großenteils wesentlich niedriger. Hinzu kommen die Honorare, die sich aus der Behandlung von Privatpatienten ergeben (durchschnittlich ca. 10 % Privatpatienten pro Praxis); da in den neuen Bundesländern nur wenige Privatversicherte leben, entfällt dieser Honoraranteil dort weitgehend.