Filzenexpress
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Stationen und Kunstbauwerke | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Kursbuchstrecke: | 948 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Als Filzenexpress wird die Bahnstrecke von Ebersberg nach Wasserburg am Inn bezeichnet. Der Name kommt daher, dass die Strecke größtenteils durch das Ebrachtal verläuft. Dort gibt es viele Filzen (bayr. Filze = Hochmoor).
Kursbuchstrecke: 948
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[Bearbeiten] Streckenverlauf
Die Strecke ist eingleisig und nur im Bereich Grafing–Ebersberg elektrifiziert.
[Bearbeiten] Geschichte
- 1891 bewilligt die Regierung die Projektierung einer Lokalbahn nach Ebersberg. Ursprünglich ist der Abzweig von der Hauptstrecke in Kirchseeon (welches damals zu Ebersberg gehörte) geplant; da eine Bahnstrecke von Grafing Bahnhof nach Glonn jedoch bereits in der Planung ist, wird der Abzweig ebenfalls auf Grafing Bahnhof festgelegt. Nach der ersten Planung soll die Strecke direkt über Hörmannsdorf nach Grafing Bahnhof gehen, später wird jedoch die Streckenführung über Wiesham und Grafing gelegt, um auch Grafing anbinden zu können. Im selben Jahr versucht Ebersberg, durch zwei Petitionen die Realisierung voranzutreiben; einerseits wird die wirtschaftliche Bedeutung der Strecke für den Holztransport aus dem Ebersberger Forst hervorgehoben, andererseits wird ein Ausgleich für die Waldschäden durch die Nonnenplage gefordert. Dieser Widerspruch lässt den Bau vorerst scheitern.
- Am 13. März 1896 bewilligt der Landtag den Bau der Strecke von Grafing Bahnhof nach Ebersberg über den Markt Grafing; das zugehörige Gesetz tritt am 17. Juni 1896 in Kraft. Die Wünsche von Ebersberg (kein Bahnhof im Tal, weit entfernt vom Ortszentrum) und Wasserburg (Bahnhof so anlegen, dass die Strecke nach Wasserburg verlängert werden kann) werden berücksichtigt; schließlich entscheidet man sich für Ebersberg für die Variante „Südbahnhof“. Die veranschlagten Kosten betragen 393300 Mark.
- Im Oktober 1898 beginnen die Bauarbeiten, durchschnittlich sind 80 bis 100 Arbeiter beschäftigt. Ausführende Firma ist Johann und Franz Xaver Hallinger aus Rosenheim.
- Eröffnung des Streckenabschnitts Grafing–Ebersberg am 6. November 1899, fahrplanmäßiger Betrieb ab 12. November.
- Am 27. Januar 1900 kommt es zu einer Entgleisung zwischen Wiesham und Ebersberg, weil sich der Bahndamm gesetzt hat.
- Ende 1902 ist der Abschnitt Wasserburg–Reitmehring fertig gestellt, der fahrplanmäßige Betrieb beginnt am 24. Dezember. Im darauffolgenden Oktober beginnen die Bauarbeiten des Abschnitts Reitmehring–Ebersberg.
- Eröffnung des Streckenabschnitts Ebersberg–Wasserburg am 27. September 1905, fahrplanmäßiger Betrieb ab 1. Oktober. Eigentlich hätte die Eröffnung schon am ersten Mai stattfinden sollen, es gab jedoch beim Bahndamm im Laufinger Moos immer wieder Setzungen.
- Ab 1954 werden auf der Strecke rote Schienenbusse (Baureihe 798) eingesetzt; der Dampflokbetrieb endet 1962 endgültig.
- Am 16. Februar 1962 entgleist im Schneesturm ein Schienenbus bei Bärmühle (westlich von Steinhöring).
- Im Jahr 1969 wird die Strecke zwischen Grafing Bahnhof und Ebersberg elektrifiziert.
- Am 26. Mai 1972 beginnt der S-Bahn-Betrieb zwischen Ebersberg und Grafing Bahnhof (und weiter nach München).
- Anfang März 1987 kommt es bei starken Regenfällen zu einem Dammrutsch zwischen Wasserburg Stadt und Wasserburg Bahnhof (südlich des Stadtteiles Burgau, etwa 1 km entfernt von Wasserburg Stadt, Koordinaten 48°03,240'N 12°12,450'E). Verantwortlich dafür ist wahrscheinlich mangelhafte Wartung – hinter dem verstopften Durchlass staute sich das Wasser. Dieser Schaden wurde seitdem nie behoben, der Zugverkehr zwischen Wasserburg Stadt und Wasserburg Bahnhof ist seitdem eingestellt.
- Am 31. Dezember 1988 kommt es zu einem Unfall mit einer S-Bahn. Die aus München kommende S4 wird an der Endstation Ebersberg vom Lokführer abgestellt – allerdings werden die Bremsen nicht richtig angezogen. So setzt sich die unbesetzte S-Bahn (Baureihe 420, Kurzzug aus drei Wagen, da Samstag) selbständig in Bewegung und rollt bergab Richtung Wasserburg am Inn, während der Lokführer auf der Toilette ist. Da sich weder ein anderer Zug auf der Strecke befindet, noch Personen oder Fahrzeuge auf den zahlreichen ungesicherten bzw. nur durch ein Blinklicht gesicherten Bahnübergängen, kommt es zu keinem Unfall. Der Zug erreicht Wasserburg Bahnhof (ca. 19 km entfernt, ca. 100 m tiefer gelegen als Ebersberg); dort schließt der Schrankenwärter rechtzeitig den Bahnübergang über die viel befahrene Bundesstraße 304 und leitet den Zug auf ein Abstellgleis, wo er einen Prellbock überfährt, noch ca. 50m über eine Wiese rutscht, sich abschließend in einen Straßendamm bohrt und dabei stark beschädigt wird.
- Juni 1995: Zum Fahrplanwechsel werden die roten Schienenbusse ersetzt durch Triebwagen der Baureihe 628 (zuerst in weiß-türkiser Lackierung, später zunehmend in Verkehrsrot).
- 2. Juni 1996: Ab dem Fahrplanwechsel fahren werktags die meisten Züge durch bis Grafing Bahnhof, wo sie Anschluss zu Regionalzügen aus Richtung Rosenheim haben.
- Im Herbst 2004 werden die Gleise fast komplett (auf 13 Kilometer) erneuert; die Schienen sind jetzt verschweißt, außerdem kommen Y-Schwellen aus Stahl statt der vorherigen Stahl- oder Holzschwellen zum Einsatz. Das Investionsvolumen betrug ca. 4,5 Mio. Euro.
- In Juni 2005 fährt der Sonderzug "Der Filzenexpress geht auf Reisen" mit über 400 Fahrgästen nach Nürnberg. Auch 2006 ist der Sonderzug nach Passau mit ebenfalls gut 400 Fahrgästen ausverkauft.
- Am 24. September 2005 findet die Hundertjahrfeier der Strecke Ebersberg–Wasserburg statt. Ein Jubiläumszug mit TAG 7 und Baureihe 70 083 des Bayerischen Localbahn-Vereins pendelt zwischen Wasserburg und Ebersberg, zudem gibt es Veranstaltungen an allen Haltestellen entlang der Strecke (siehe [1]). Schätzungsweise 10.000 Besucher locken die zahlreichen Veranstaltungen an diesem Bahntag an. Während des Jubiläumsjahres gibt es auch einige begleitende Sonderveranstaltungen. So ist in allen Rathäusern der Anliegergemeinden eine Sonderausstellung zu sehen. Die Brauerei Gut Forsting braut gar eigens ein Jubiläumsbier, das bei diversen Veranstaltungen zum Ausschank kommt.
- 4. August 2006: Pressewirksam wird der erste Bahnübergang im Gemeindebereich Edling aufgelassen. Durch die Beseitigung oder technische Sicherung von ungesicherten Bahnübergängen soll neben der Steigerung der Sicherheit auch die Streckengeschwindikeit nach und nach erhöht werden. Insgesamt plant die SüdostBayernBahn zu diesem Zeitpunkt Maßnahmen an 28 von insgesamt 38 Bahnübergängen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von knapp 5 Mio. Euro.
- 20. Oktober 2006: An der östlichen Endstation Wasserburg (Inn) Bahnhof werden umfangreiche Umbauarbeiten eingeweiht. Ein neuer Busbahnhof und neue Pendlerparkplätze werten die Station ungemein auf. Die Maßnahmen der Stadt Wasserburg a. Inn mit einem Investiotionsvolumen von ca. 800.000 Euro werden im Rahmen des Schnittstellenprogramms vom Freistaat Bayern bezuschusst. Bereits in den Vorjahren wurden mit Ausnahme des wenig genutzten Haltepunktes Brandstätt an allen Stationen zwischen Steinhöring und Edling Umbauarbeiten durch die Gemeinden oder/und durch die SüdostBayernBahn vorgenommen. Alle Haltepunkte zeigen sich seither in sehr gepflegtem Eindruck.
- Zum Jahreswechsel 2006/2007 gehen die ersten elektrisch gesicherten Bahnübergänge in Edling (Hochhauser Straße) und nahe dem Edlinger Ortsteil Giglberg in Betrieb.
[Bearbeiten] Sonstiges
- In den 1980er-Jahren wurde ein Bus-Parallelverkehr eingerichtet und der Zugfahrplan immer mehr ausgedünnt, um die Strecke schließlich stilllegen zu können – was aber wegen andauernder Proteste nicht geschah.
- Außerdem wurden die Züge verkürzt: Während Anfang der 1980er-Jahre an Werktagen dreiteilige Schienenbus-Züge und an Sonntagen fünfteilige Züge normal waren, waren es später werktags und schließlich an allen Tagen nur noch einteilige Züge.
- Bis zur Einstellung Anfang der 1990er-Jahre wurde der Güterverkehr auf der Bahnstrecke von Lokomotiven der Baureihen 290 und 360 abgewickelt. Seit 2005 wird der Bahnhof Forsting wieder im Güterverkehr bedient; zum Einsatz kommen Loks der Baureihe 290.
- In den 1990er-Jahren wurde vom Verein Pro Bahn gefordert, das Citybahn-Konzept auf dieser Bahnstrecke einzuführen.
[Bearbeiten] Ausbau
- Seit dem Einsatz der bis München Ost durchgehenden Züge steigt die Fahrgastnachfrage stetig an. 2006 wurden zwischen Ebersberg und Wasserburg Bahnhof werktäglich gut 1.000 Fahrgäste gezählt, was innerhalb weniger Jahre eine Verdreifachung darstellt (Fahrgäste in den parallel verkehrenen Linienbussen nicht mitgezählt)! Die Anliegergemeinden fordern seit Jahren eine Verdichtung und Vertaktung (Stundentakt) des Angebots beim Besteller (Bayerische Eisenbahngesellschaft bzw. Bayerisches Wirtschaftsministerium). Da sich im Abschnitt Ebersberg - Grafing Bahnhof der Regionalzug und die S-Bahnlinie 4 das Gleis teilen müssen, stehen nötige Ausbaumaßnahmen beim Regionalverkehr in engem Zusammenhang mit dem geplanten Bau des zweiten S-Bahn-Stammstreckentunnels und dem künftigen Betriebskonzept der S-Bahn München. Derzeit (Stand Herbst/Winter 2006) laufen vertiefende Untersuchen zu verschiedenen Betriebsvarianten zwischen Wasserburg Bahnhof und Ebersberg. Zur Einführung eines Stundentaktes auf dem von der SüdostBayernBahn betriebenen Abschnitt (München Ost) - Grafing-Bahnhof - Wasserburg Bahnhof müsste ein Kreuzungsgleis (möglich am Haltepunkt Steinhöring) geschaffen werden. Zur Debatte stehen aktuell auch die Verkürzung des Dieselzugbetriebes auf den Abschnitt Wasserburg Bahnhof - Ebersberg mit Umstieg zur S-Bahn (die attraktiven Umsteigemöglichkeiten zum schnellen Regionalexpress in Grafing Bahnhof und durchgehende Züge müssten dann entfallen) oder auch eine Verlängerung der S-Bahn (evtl. als „Express-S-Bahn“) bis Wasserburg nach Elektrifizierung der gesamten Strecke.
- Zur Zeit laufen zur Steigerung der Streckengeschwindigkeit Sicherungs- und Schließungsmaßnahmen an diversen Bahnübergängen.
[Bearbeiten] Literatur
- Stadt Ebersberg (Hrsg.) und Stadt Grafing (Hrsg.): 100 Jahre Lokalbahn Grafing–Ebersberg 1899–1999, Verlag Lutz Garnies, Neukeferloh 1999, ISBN 3-926163-17-8
- Pro Bahn: 100 Jahre Bahnlinie Wasserburg–Ebersberg, Pro Bahn Verlag und Reisen GmbH, München 2005, ISBN 3-9809568-4-9
- Geiger, Martin: Dampfroß ohne Feuer – Ein Eisenbahnbau in Oberbayern, Heimat am Inn 3, Jahrbuch 1982, Heimatverein (Historischer Verein) e. V. für Wasserburg und Umgebung (Hrsg.), ISBN 3-922310-14-1