Fluchthelfer
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Als Fluchthelfer bezeichnet man Menschen, die anderen Menschen zur Flucht in ein anderes Land verhelfen.
Wenn der Fluchtgrund nicht gebilligt wird oder wenn eine besonders hohe Bezahlung für die Hilfe angenommen wird, spricht man von Schleuser, Schlepper oder sogar von Menschenhändler.
In der Zeit des Nationalsozialismus waren Fluchthelfer und Fluchthilfe nötig, um hunderttausende von Verfolgten vor Verhaftung und Tod zu retten. Fluchthelfer gab es an allen Grenzen Deutschlands und Österreichs, später an allen Grenzen des von der deutschen Wehrmacht besetzten Territoriums. In der Schweiz wurde 1938/39 der St. Galler Polizeikommandant Paul Grüninger abgesetzt, weil er mehrere hundert, vielleicht einige tausend jüdische Flüchtlinge ins Land einreisen liess. Er wurde gerichtlich verurteilt, verlor seine Pension und fand bis ans Lebensende 1971 keine geregelte Arbeit mehr. Andere Fluchthelfer sind ins KZ eingeliefert, zu Gefängnisstrafen verurteilt, oder nachts von Grenzbeamten (oder von der SS) erschossen worden. Die in der Schweiz verurteilten Fluchthelfer werden dank einem neuen Gesetz seit 2003 rehabilitiert.
Nach dem Krieg galt die Fluchthilfe aus der DDR in die Bundesrepublik - zumindest im Westen Deutschlands - als ehrenwerte Handlung, auch wenn recht hohe Bezahlung angenommen wurde, da das Risiko je nach der Methode der Fluchthilfe recht groß sein konnte.
Wegen der Unerwünschtheit von Asylbewerbern ohne triftigen Asylgrund (vgl. Asylrecht) einerseits und der oft den Tod der Flüchtlinge bewusst einkalkulierenden Methoden spricht man heute nicht selten auch bei Fluchthilfe von Menschenhandel, obwohl im Falle der Fluchthilfe die Dienstleistung und nicht der Mensch die verkaufte Ware ist.
Wie unterschiedlich die Handlungsweise eines Fluchthelfers zu beurteilen sein kann, zeigt sich einerseits an Fluchthelfern wie Herbert Herden u.a., die wegen ihrer Hilfsaktionen für Juden zu den Gerechten unter den Völkern gerechnet werden, dem Fluchthelfer Wolfgang Welsch, den die DDR Staatssicherheit zu ermorden versuchte, und andererseits an dem Fluchthelfer Rudolf Müller, der den Soldaten der Grenztruppen der DDR Reinhold Huhn erschoss. Ein weiterer bekannter Fluchthelfer war Michael Gartenschläger, der bei einer Aktion gegen die DDR-Grenzanlagen von einem Spezialkommando erschossen wurde.
Eine eindrucksvolle literarische Behandlung des Problems ist das Hörspiel Das Schiff Esperanza von Fred von Hoerschelmann.
[Bearbeiten] Literatur zu Fluchthelfern im Nationalsozialismus
- Lisa Fittko: Mein Weg über die Pyrenäen. Erinnerungen 1940/41. München 1985
- Stefan Keller: Grüningers Fall. Geschichten von Flucht und Hilfe. Zürich 1993
- Wolfram Wette (Hrsg.): Stille Helden. Judenretter während des Zweiten Weltkriegs. Freiburg 2005