Goldener Freibrief
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Der Goldene Freibrief ist eine Urkunde, welche die konstitutive Rechtsverleihung der ungarischen Könige an die Siedlergruppe der Siebenbürger Sachsen darstellt. Er wurde im Jahre 1222 von Andreas II. ausgestellt und ist das weitreichendste und am besten ausgearbeitete Statut, welches deutschen Siedlern in Osteuropa je gewährt wurde.
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[Bearbeiten] Inhalt
- Es wurde festgelegt, daß alles Volk von Broos (Westgrenze) bis Draas eine politische Einheit bilden sollte. Als Vertreter des Königs fungierten die sog. Königsrichter, die zuerst vom ungarischen König eingesetzt, später von den Aktivbürgern eines jeden Stuhles gewählt und nur noch vom König bestätigt wurden.
- Als Vorort der Provinz (Hauptstuhl) diente Hermannstadt, die anderen Verwaltungsbezirke sind die Stühle Schäßburg, Mühlbach, Großschenk, Reußmarkt, Reps, Leschkirch und Broos.
- Die Ortsrichter sollten aus dem Volk in den Gemeinden gewählt werden. Ebengleiches galt für die Pfarrer.
- Nur der König von Ungarn oder ein von ihm bestimmter Richter darf über die Siedler richten, wobei deren eigenes, überbrachtes Gewohnheitsrecht ( STATUTA oder Eygenlandrecht) zu gelten hat (sic!). Erst wenn Fälle nicht mehr innerhalb der Siedlergemeinschaft entschieden werden können, darf sich das königliche Gericht derer annehmen.
- Die Hermannstädter Provinz verpflichte sich jährlich zu einer Abgabe von 500 Silbermark. Der Geistlichkeit vor Ort gebührte der Zehnte, davon ein Viertel dem Bischof von Siebenbürgen.
- Abgaben- und Zollfreiheit der Hermannstädter Kaufleute im ungarischen Reichsgebiet.
- Die Wälder, Wiesen und Gewässer (Almende) werden den Siedlern zu freien Verfügung gestellt.
- Kein Teil der Hermannstädter Provinz darf jemals an einen Grundherren vergeben werden. Dies sollte gelten für alle Zeiten an.
- Weiterhin wird die Ausstattung königlicher Feldzüge mit Soldaten geregelt. Je nach Fall müssen 50 bis 500 Bewaffnete gestellt werden.
[Bearbeiten] Wirkungsgebiet
Die Rechte und Privilegien des Freibriefs bezogen sich zunächst nur auf die Hermannstädter Provinz, wurden aber schnell auf die umliegenden Siedlungsgebiete ausgedehnt (Gebiet der Sieben Stühle) - diese Region wird seitdem als Königsboden bezeichnet. Später kamen auch das Burzenland und der Nösnergau hinzu.
[Bearbeiten] Entwicklung
Die Siebenbürger Sachsen ließen sich die verbrieften Freiheiten mehrfach bestätigen und erweitern, jedoch gerieten diese immer wieder zum Politikum, im Streit mit den zwei anderen Ständen Siebenbürgens, den Szeklern und dem ungarischen Adel. Zu besonderem Druck kam es nach der Annexion Siebenbürgens durch Österreich. Das Kaiserreich wollte diese Sonderrechte für eine relativ kleine Bevölkerungsgruppe nicht dulden, jedoch gelang es den Sachsen bis zum Ausgleich 1867 durch geschicktes Taktieren und Beeinflussen (siehe Samuel von Brukenthal) ihre Autonomie weitgehend zu bewahren. Erst als 1876 der Königsboden formal aufgehoben wurde, erloschen die alten Rechte endgültig.
[Bearbeiten] Quellen
- L. Binder, C. & E. Göllner, K. Gündisch: Geschichte der Deutschen auf dem Gebiete Rumäniens. Erster Band 12. Jahrhundert bis 1848, Kriterion Verlag, Bukarest 1979
- Ernst Wagner: Geschichte der Siebenbürger Sachsen. Wort und Welt Verlag, Thaur bei Innsbruck 1990