Grenzflächenmikrofon
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Der Begriff Grenzflächenmikrofon, auch engl.: „boundary layer“ oder „pressure zone microphone“, bezeichnet eine Mikrofonbauform hinsichtlich ihrer akustischen Funktionsweise. Es stellt einen Sonderfall dar, weil hier der Mikrofonkörper konzeptioneller Teil der akustischen Bauform ist.
Der Mikrofonkörper ist eine Platte, auf der meist eine Druckmikrofonkapsel membranflächenbündig eingelassen ist. Seine Richtcharakteristik ergibt somit eine Halbkugel. Die Wandler sind üblicherweise in Kondensator- oder Elektretbauweise ausgeführt. Diese Bauart wurde entwickelt, um die vorteilhaften akustischen Eigenschaften auszunutzen, die an schallreflektierenden Flächen auftreten, ohne das Schallfeld selbst zu beeinträchtigen. Das Mikrofon wird auf eine große schallreflektierende Fläche, z. B. auf den Fußboden, gelegt. Es erhält so den maximalen Schalldruck ohne Überlagerungen von Raumschallanteilen, was zu einem ausgewogenen Frequenzgang und einem akustisch guten Raumeindruck führt:
- An schallharten Flächen treten keine störenden Reflexionen auf, da diese hier erst entstehen
- In Räumen werden deren Eigenresonanzen von diesem Mikrofon weniger aufgenommen; Durch die Platzierung des Mikrofons an einer Begrenzungsfläche entstehen keine klangfärbenden Kammfiltereffekte, wie sie innerhalb des Raums auftreten. Bei sich bewegenden Schallquellen ergeben sich keine Klangfarbenunterschiede.
- Raumsignale R sind gegenüber den Direktsignalen D um 3 dB gedämpft, was eine Bevorzugung des Direktschalls bedeutet
- Gleicher, ebener Frequenzgang von Direktschall und Raumschall. Dieses ist bei üblichen Druckmikrofonen nicht der Fall. Die Klangfarbe ändert sich weder mit der Entfernung noch mit der Schalleinfallsrichtung.
- Halbkugelförmige frequenzneutrale Richtwirkung.
- Ein 6-dB-Schalldruckgewinn an der Grenzfläche bewirkt eine Verbesserung des Störabstands gegenüber vergleichbaren Kugel-Mikrofonkapseln, die frei aufgestellt sind
- Aufgrund der Positionierung beeinflusst der Mikrofonkörper das Schallfeld nicht.
Oft wird die spezielle Raumsignal-Dämpfung in Kauf genommen und Grenzflächenmikrofone zur Aufnahme gerade von Raumsignalen eingesetzt. Das hat den Grund, dass Räume damit besser „klingen“, da bei Grenzflächenmikrofonen Eigenresonanzen und Kammfiltereffekte weniger zum Tragen kommen.
Die ersten kommerziell produzierten Grenzflächenmikrofone, geschützter Name: „PZM“ von Pressure Zone, zeigen unrichtig mit der Membran auf die Grenzfläche, wobei der Mikrofonkörper dem Schallzutritt störend im Wege ist. Dieses System wurde patentiert und man „verkaufte“ den verengten Schallzugang als Vorteil, weil dadurch der Druckstau bei hohen Frequenzen unterbunden werde. In Wirklichkeit erscheinen als Artefakte deutlich störende Interferenzen und ein welliger Frequenzgang[1]. Selten werden Grenzflächenmikrofone auch mit einer Druckgradientenmikrofonkapsel realisiert. Die Richtcharakteristik ist dann die einer „liegenden“ Niere.
Druckstaueffekt und Flächenabhängigkeit
Das Prinzip des Druckstaus (siehe: Druckmikrofon) wird beim Grenzflächenmikrofon mit Druckmikrofonkapsel durch die akustisch wirksame Fläche bis auf tiefe Frequenzen hin vergrößert. Es kann daher keine unterschiedlichen diffusfeld- und freifeld- entzerrten Grenzflächenmikrofone geben, da die Grenzfrequenz dieser Höhenanhebung mit der Auflagefläche variiert. Der Diffusfeld-Frequenzgang ist hierbei linear auf tiefe Frequenzen hin ausgedehnt. Die Grenzfrequenz, ab der dieser Druckstaueffekt zu Tragen kommt, ist abhängig von der Ausdehnung der schallharten Fläche, auf der das Grenzflächenmikrofon platziert ist. [2] [3]. Frühere Angaben von Dickreiter nennen als notwendigen Durchmesser einer kreisförmigen Auflagefläche (d = λ / 2 [m]) für die Grenzfrequenz [4] In neuen Ausgaben wird dagegen mit d = λ [m] die Frequenz fc [Hz] angegeben, ab der der maximale Nahbesprechungseffekt mit 6dB messbar ist. [5].
bzw.
Dabei ist die Schallgeschwindigkeit c = 343 m/s bei 20 °C.
fc = 30 Hz dann muss sein d = 11,43 m
fc = 100 Hz dann muss sein d = 3,43 m
fc = 1000 Hz dann muss sein d = 0,34 m
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ http://www.sengpielaudio.com Zwei verschiedene Grenzflächenmikrofone
- ↑ Thomas Görne, Mikrofone in Theorie und Praxis, 2. Auflage 1996, Seite 95 ff
- ↑ http://www.sengpielaudio.com Untere Grenzfrequenz beim Grenzflächenmikrofon
- ↑ Michael Dickreiter, Handbuch der Tonstudiotechnik, 6. Auflage 1997, Band 1, Seite 187 ff
- ↑ Michael Dickreiter, Handbuch der Tonstudiotechnik, 3. Auflage 2003, Band 1, Seite 107