Grußformel (Gesprochene Sprache)
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Die Grußformel gehört zu den Routineformeln des Phraseologismus. Sie ist eine Wortgruppe, (Formel), welche eine kommunikative Beziehung zwischen mindestens zwei Gesprächspartnern im Rahmen der Begrüßung signalisiert. Jede geschriebene oder gesprochene Sprache liefert das nötige sprachliche Inventar zur Bildung von Gruß- oder Abschiedsformeln.
Viele Gesellschaften erwarten am Anfang und Ende einer Kommunikation spezifische Handlungen verbaler wie nichtverbaler Art (z. B: der Kuss unter Muslimen), welche einen gewissen angemessenen oder gar gebührenden und sozial erwarteten Abstand zum Ausdruck bringen (Proxemik) und Kooperation auf niederster Ebene ermöglichen. Als elementare Mittel kommen Prozeduren zum Einsatz oder meist formelhafte Phrasen. Das dt. Hallo! und das engl. hi! sind typische Prozeduren, also sprachliche Handlungseinheiten, welche unter der Stufe des Sprechaktes angesiedelt sind. Im Falle der Grußformel sind sie inhaltslos, genügen sich selbst und steuern doch den Hörer. (auch: Die bei der Grußformel angewendeten Prozeduren weisen also keinen propositionalen Gehalt auf und haben nach Bühler einen expeditiven und selbstsuffizienten Charakter.) Der Einsatz von Redewendungen wiederum übermittelt zwar Inhalte auf der semantischen Ebene, doch unterliegt der Sprecher nicht zwingend der ansonsten beim (illokutionären) Sprechakt voraussetzbaren Bedingung der Aufrichtigkeit. So muss ein als Gruß gesprochenes „Geht es Dir gut?“ nicht unbedingt von der Sorge des Sprechers um den Angesprochenen beseelt sein. Die Grußformeln sind in der Regel wohlmeinende Wünsche, Fragen nach dem Befinden oder andere positive idiomatische Wendungen, welche nach Bedarf mit einer bestimmten Anredeform verknüpft werden wie etwa bei „Guten Abend, Herr Huber“.
Die adäquate Beendigung des Kontaktes ist ebenso wichtig wie die Aufnahme und damit wichtiger Bestandteil des phatischen Akts. Dafür steht den Aktanten wiederum ein reichhaltiges Arsenal an Abschiedsformeln für die Verabschiedung zur Verfügung.
Früher gehörten recht ausgearbeitete Sequenzen zum gepflegten Umgang. Grußanrede und Verabschiedung waren streng geregelt. Jedem der Kommunikationspartner waren in einem standardisierten System feste Teilformeln zugewiesen, welche vor allem von seinem sozialen Rang definiert waren. Unkenntnis oder Nichtbeachtung der Regeln zogen unweigerlich die soziale Ächtung nach sich, so dass regelbewusste Unterhändler nötig waren, wenn verschiedene Gruppen der sozialen Hierarchie untereinander in Kontakt traten. Im Bereich der Korrespondenz erledigten Schriftsteller die Einhaltung der Regeln.
Auch heutzutage bedeutet die Nichtteilnahme am Zeremonial der Gruß- und Abschiedsformeln einen Abbruch der Kommunikation und wird wegen der empfundenen Ehrverletzung teilweise beträchtlich sanktioniert durch Ausschluss aus der Gemeinschaft mittels demütigenden und verletzenden Schneidens, also stummen Mobbings.
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[Bearbeiten] Beispiele
- Grußformeln
- Wie steht's? (Wie gehts, wie stehts? Häufig in der Umgangssprache verwendete Redewendung zur Begrüßung)
- Guten Morgen! (Plattdeutsch Moselfränkisch „mojen“ mit der Betonung auf der ersten Silbe und einem langgezogenen o, Luxemburgisch muyen mit Betonung auf der letzten Silbe, wird jedoch nicht nur morgens sondern den ganzen Tag über benutzt.)
- Moinsen!(Hamburger Dialekt?)
- Moin, moin! (Norddeutsches Plattdütsch bzw. niedersächsischer Dialekt)
- frz. Bonjour, monsieur!
- Gesegnete Mahlzeit!
- Mahlzeit!,
- Guten Appetit, verballhornt guten Appe!
- Guten Tag!
- Tach!
- Gude! (umganssprachlicher Ausdruck, verhältnismäßig häufig in Hessen)
- Guten! (umgangssprachlicher Ausdruck, Gouden eher Plattdeutsch (moselfränkisch) wobei hier bei der Aussprache geachtet werden muss, dass „ou“ als sehr kurzes O dafür längeres U zu sprechen und die letzte Silbe nur kurz zu sprechen. Sie wird also eher verschluckt.)
- Guten Abend!
- Nabend! Wurde von den Mainzelmännchen auch zum Einläuten des Abendprogramms genutzt.
- Hallo! (umgangssprachlich auch Hallole, Halloele, Hallöchen, Hallihallohallöle)
- "Hallo, Satz mit O!"
- Grüß Gott! In Bayern, Schwaben und Österreich genutzte Begrüßung
- Servus! (Ehrerbietung, sich klein machen)
- Sei mir gegrüßt! (Ave!)
- Salve
- Diener! Begrüßung auf Itzgründisch
- Grüezi oder auch Grüezi miteinand' (schweizerische Begrüßung)
- Habe die Ehre (Madame)! (In Filmen auch Aufforderung zum Tanz)
- Gott zum Gruße!
- Aloha!
- Salü! Salut! (Französische Grußformel zur Begrüßung und Verabschiedung)
- "Hi oder seas!".
- Ahoi!
- ital. Ciao
- arab. Salaam!, hebr. Schalom! : Friede (sei mit dir)!
- griech. kala isä? (= Geht's dir gut?)
- Wohin des Wegs?
- Beautiful morning, isn't it?
- griech Χαίρετε. „Freut euch!“ , Gruß- und Abschiedsformel
[Bearbeiten] Quellen
- F. Coulmas, Routine im Gespräch, 1981
- Helmut Glück (Hsg), Metzler-Lexikon Sprache, 2000
[Bearbeiten] Siehe auch
- Umgangsformen
- Funktionallinguistik (Beispiel „Good morning“)