Handwerksrolle
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Die Handwerksrolle ist das Verzeichnis aller Inhaber eines Betriebes eines zulassungspflichtigen Handwerks (gem. Anlage A Gesetz zur Ordnung des Handwerks [HwO]) im Kammerbezirk, die ein stehendes Gewerbe ausüben. Die Handwerksrolle wird von der Handwerkskammer geführt. Die Aufgeführten erhalten die Handwerkskarte. Grundsätzlich wird in die Handwerksrolle nur eingetragen, wer in dem zu betreibenden Handwerk die Meisterprüfung bestanden hat. Es werden aber auch andere Prüfungen anerkannt. Industriemeister nach §46 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz – BBiG – werden direkt in die Handwerksrolle eingetragen, wenn ihre Prüfung gleichwertig mit der jeweiligen Handwerksmeisterprüfung ist (§7 Abs. 2 HwO). Eingetragen werden auch Personen, die eine Abschlussprüfung einer deutschen Hochschule oder ein Diplom eines anderen EU-Mitgliedsstaates vorweisen können, sofern diese Abschlüsse gleichwertig sind. Altgesellen können ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe ausüben, wenn sie eine entsprechende Gesellenprüfung und eine sechsjährige Tätigkeit, davon vier Jahre in leitender Stellung, nachweisen können. Ausgenommen von dieser Regelung sind Schornsteinfeger, Augenoptiker, Hörgeräteakustiker, Orthopädiemechaniker, Orthopädieschuhmacher sowie Zahntechniker (§ 7 b HwO).
In besonders gelagerten Fällen kann die Eintragung in die Handwerksrolle auch über eine Ausnahmebewilligung (§ 8 HwO) erfolgen, die von der Handwerkskammer erteilt wird. Voraussetzung hierfür ist der Nachweis entsprechender Kenntnisse und Fertigkeiten sowie das Vorliegen eines Ausnahmefalls. Dieser setzt voraus, dass die Ablegung der Meisterprüfung eine unzumutbare Belastung bedeuten würde.
Ausnahmefälle können beispielsweise sein: andere Prüfungen, Outsourcing, lange Wartezeiten, gesundheitliche Gründe oder körperliche Behinderung, Gelegenheit zur Betriebsübernahme, Ausübung einer Spezialtätigkeit, fortgeschrittenes Alter.
Werden Leistungen nicht für Dritte, sondern für das Hauptunternehmen erbracht, ist keine Befähigung erforderlich. Diese so genannten Hilfsbetriebe müssen aber der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebes dienen. Hersteller und Importeure können die bei ihnen produzierten bzw. von ihnen eingeführten Produkte bei Dritten installieren, ohne dass eine Eintragung in der Handwerksrolle erfolgen muss (§ 3 Abs. 3 Ziffer 2 HwO).
Wer, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibt, handelt ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 € belegt werden. Außerdem kann Schwarzarbeit vorliegen.
Es muss darauf hingewiesen werden, dass sich die deutsche Handwerksordnung in einem Spannungsverhältnis zum EU-Recht befindet. Im EU-Recht ist ausdrücklich das "Recht auf freie Berufsausübung" innerhalb der Europäische Union festgeschrieben. Kaum ein anderes Land in Europa (in abgeschwächter Form nur noch in Österreich und Luxemburg) kennt den deutschen Meisterzwang und so ist grundsätzlich jeder EU-Ausländer, der in seinem Heimatland einen (Handwerks-)Beruf ausgeübt hat, berechtigt diesen auch in Deutschland selbstständig auszuüben. In Einzelfallentscheidungen sind deutsche Behörden hier mehrfach unterlegen. Dies führte zu dem Paradoxon, dass Deutsche durch das deutsche Recht benachteiligt werden, da man von diesen einen Meisterbrief einfordert.
Mit der Novellierung der Handwerksordnung 2004 hat der deutsche Gesetzgeber versucht, einen Kompromiß zwischen Eu-Recht und den Interessen der deutschen Handwerksverbände (die mit massivem Lehrstellenabbau drohten) zu schaffen. Der Meisterzwang wurde, aber zugleich verknüpft mit relativ hohen Hürden, für einen Teil der Berufe abgeschafft. Wie problematisch auch diese Neuregelung ist, zeigt dass der dort in § 7b der HwO geforderte Nachweis von kaufmännischen oder betriebswirtschaftlichen Kenntnissen für Altgesellen inzwischen vom Bundesverfassungsgericht verworfen wurde.