Head-driven Phrase Structure Grammar
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Head-driven Phrase Structure Grammar (HPSG) entstand auf der Basis der Wiederbelebung der kontextfreien Phrasenstrukturgrammatiken als Generative Grammatiktheorie aus der Familie der Unifikationsgrammatiken. Die HPSG ist eine lexikalistische, nicht-derivationelle, mono-stratale, beschränkungsbasierte (constraint-based), generative Grammatiktheorie. Sie wurde von Carl Pollard und Ivan Sag (1987) entwickelt. Als Standardwerk gilt Pollard/Sag (1994). HPSG wird auch heute noch eingesetzt und weiterentwickelt. Der Formalismus ist genügend anschaulich, dass er auch überblickmässig gelesen werden kann und trotzdem genügend genau, dass eine automatische Bearbeitung möglich ist (siehe Computerlinguistik). Die HPSG benutzt zur Modellierung linguistischer Objekte (Morpheme, Wörter, Lexikonregeln, Phrasen) Merkmalstrukturen. Diese werden durch Merkmalbeschreibungen (auch Attribut-Wert-Matrix genannt) beschrieben. Zum Beispiel beschreibt die folgende Attribut-Wert-Matrix (AVM) ein linguistisches Objekt mit Kasus-, Numerus- und Genus-Merkmal.
Einzelne Elemente der Sprache werden mit Datentypen im Sinne der Informatik modelliert (siehe auch Wissensrepräsentation). Der grundlegende Datentyp ist das Zeichen (im Sinn von Ferdinand de Saussure). Zu Objekten vom Typ sign gehören die Merkmale PHONOLOGY (PHON) und SYNTAX-SEMANTICS (SYNSEM), die jeweils die phonologischen bzw. die syntaktischen und semantischen Eigenschaften eines sprachlichen Zeichens modellieren.
In der HPSG spielt das Lexikon eine große Rolle. Der Aufbau von Wortgruppen (Phrasen) wird durch den Kopf innerhalb der Phrase gesteuert (head-driven). Die Beschreibung des Kopfes enthält Informationen über dessen syntaktische Kategorie und über dessen Valenz. Wegen der starken Lexikalisierung benötigt man in der HPSG verhältnismäßig wenige Grammatikregeln. Diese sind sehr allgemein gehalten. So gibt es zum Beispiel eine Regel für Kopf-Argument-Kombinationen, eine für Kopf-Adjunkt-Kombinationen, je nach Sprache eine für die Bildung von Verbalkomplexen und eine für die Abbindung von Fernabhängigkeiten (Kopf-Füller-Kombinationen).
[Bearbeiten] Weblinks
- HPSG-Seite des CSLI, mit Informationen zu internationalen Tagungen, Literaturhinweisen, Zugang zur HPSG-Mailingliste u.a.
- HPSG-Literatur
- PDF zu HPSG: Grundbegriffe und Wortstellung
- Umfangreiche Sammlung von Open-source-Software und -Grammatiken für HPSG, Wiki
[Bearbeiten] Literatur
- Tibor Kiss: Infinite Komplementation. Neue Studien zum deutschen Verbum infinitum. (= Linguistische Arbeiten; 333). Niemeyer, Tübingen 1995, ISBN 3-484-30333-6 (zugl. Dissertation, Universität Wuppertal 1993)
- Stefan Müller: Deutsche Syntax deklarativ. Head-Driven Phrase Structure Grammar für das Deutsche. (= Linguistische Arbeiten; 394). Niemeyer, Tübingen 1999, ISBN 3-484-30394-8 (zugl. Dissertation, Universität Saarbrücken 1997), Auszüge
- Stefan Müller: Head-Driven Phrase Structure Grammar. Eine Einführung. (= Stauffenburg Einführungen; 17). Stauffenburg, Tübingen 2007, ISBN 3-86057-291-1 Volltext
- Carl Pollard, Ivan A. Sag: Information-based Syntax and Semantics. Volume 1: Fundamentals. (= CSLI Lecture Notes; 13). CSLI Publications, Stanford 1987, ISBN 0-937073-24-5
- Carl Pollard, Ivan A. Sag: Head-Driven Phrase Structure Grammar. (= Studies in Contemporary Linguistics). University of Chicago Press, Chicago 1993, ISBN 0-226-67446-0 bzw. ISBN 0-226-67447-9, Kurzbeschreibung des Verlags
- Frank Richter: A mathematical formalism for linguistic theories with an application in head-driven phrase structure grammar. Dissertation, Universität Tübingen 2000, Volltext
- Ivan A. Sag, Thomas Wasow, Emily Bender: Syntactic Theory. A formal introduction. 2. Auflage. (= CSLI Lecture Notes; 152). CSLI Publications, Stanford 2003, ISBN 1-57586-400-2 bzw. ISBN 1-57586-399-5, Kurzbeschreibung des Verlags