Henri Alain-Fournier
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Henri Alain-Fournier (eigentlich Henri-Alban Fournier, * 3. Oktober 1886 in La Chapelle d'Anguillon; † 22. September 1914, gefallen bei Les Eparges) war ein französischer Schriftsteller.
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[Bearbeiten] Leben und Schaffen
Alain-Fournier (wie er sich – ohne Vornamen – als Autor nannte) wurde geboren in Berry/Mittelfrankreich als erstes Kind eines Dorflehrer-Ehepaares. Seine Kindheit verbrachte er mit seiner drei Jahre jüngeren Schwester Isabel auf dem Land, mit 12 wurde er in eine „Pension“ (Privatschule mit Internat) in Paris gesteckt, weil er anschließend dort auf ein renommiertes Gymnasium, das Lycée Voltaire, gehen und später etwas Besseres werden sollte als seine Eltern. Mit 15 wechselte er jedoch auf das Gymnasium von Brest, das Vorbereitungsklassen für die Seefahrtschule führte; denn er hatte beschlossen, Marine-Offizier zu werden. Mit 16 gab er diese Idee wieder auf und absolvierte mit 17 das „baccalauréat“ (Abitur) in Bourges.
Danach ging er im Oktober 1903 wieder nach Paris, um am Lycée Lakanal in Sceaux bei Paris die Vorbereitungsklassen für die École Normale Supérieure, die Elitehochschule für die Lehramtsfächer, zu besuchen. Hier schloss er Freundschaft mit Jacques Rivière, mit dem gemeinsam er sich literarisch zu interessieren und zu betätigen begann (und der 1909 sein Schwager wurde).
Am Himmelfahrtstag 1905, mit 19, hatte er eine flüchtige Begegnung mit einer jungen Frau, Yvonne de Quièvrecourt, in die er sich schwärmerisch verliebte. Er verlor sie aber nach einem weiteren kurzen Treffen aus den Augen und erfuhr zwei Jahre später enttäuscht, dass sie inzwischen geheiratet hatte. Auch seine Hoffnungen auf einen Studienplatz an der ENS erfüllten sich nicht: nach einem dritten Jahr Vorbereitungsklasse, nunmehr am Lycée Louis-le-Grand, fiel er zum zweiten Mal durch die Aufnahmeprüfung und musste sein Ziel einer Karriere als Gymnasial- oder gar Universtätsprofessor aufgeben.
Während sein Freund Rivière, der ebenfalls die Zulassung zur ENS nicht geschafft hatte, nach Bordeaux ging, um an der dortigen Universität ein Examen abzulegen und anschließend Latein- und Literaturlehrer zu werden, absolvierte Alain-Fournier 1907-09 den Militärdienst. Während eines Urlaubs besuchte er den Wallfahrtsort Lourdes, der ihn beeindruckte, denn er hatte seit 1906 Anwandlungen von Frömmigkeit.
Ende 1907 publizierte er einen ersten längeren Text unter dem Pseudonym Alain-Fournier: den Essay Le Corps de la femme („Der Körper der Frau“), von dessen Gegenstand er aber vermutlich noch nicht allzuviel wusste. 1909, gegen Ende seiner Militärzeit, versuchte er ein Examen abzulegen, um Englischlehrer werden zu können. Offenbar war er jedoch schlecht vorbereitet und scheiterte.
Zurück in Paris, arbeitete er von April 1910 bis 1912 in der Redaktion der Zeitung Paris-Journal. Während dieser Zeit hatte er eine sehr wechselhafte Liebesbeziehung mit der Modistin Jeanne Bruneau. Ende 1910 lernte er den 13 Jahre älteren katholischen Romancier Charles Péguy kennen, der ihn zu der Frömmigkeit seiner Kindheit zurückzuführen versuchte, ihm vor allem aber die nicht allzu arbeitsintensive Stellung eines Privatsekretärs bei dem Bankier Claude Casimir-Périer vermittelte, die er ab 1912 ausübte.
In diesen Jahren arbeitete Alain-Fournier an dem Buch, das ihn berühmt machen sollte: Le grand Meaulnes (Der große Meaulnes). Es ist ein autobiografisch inspirierter Roman, der zunächst wohl allein die unerfüllte Liebe des Autors zu Yvonne de Quièvrecourt verarbeiten sollte, dessen Konzeption jedoch bis zur Fertigstellung Anfang 1913 mehrfach wechselte. Im Zentrum des Werkes (das bei näherem Hinsehen thematisch und formal recht heterogen wirkt) steht die Geschichte der zwar kurzzeitig erfüllten, letztlich aber unmöglichen Liebe des großgewachsenen jugendlichen Abenteurers Augustin Meaulnes zu der ebenso schönen wie zerbrechlichen, todgeweihten Yvonne de Galais.
Le grand Meaulnes erschien von Juli bis November 1913 in fünf Fortsetzungen in der jungen Zeitschrift La Nouvelle Revue Française, bei der Rivière seit 1911 Redaktionssekretär war, und kam im Herbst als Buch heraus. Der Erfolg war sofort beachtlich, besonders wohl bei jüngeren oder sich jung fühlenden Lesern. Der Roman kam in die engste Wahl für den Prix Goncourt.
Bei einem Wiedersehen 1913 mit seiner großen Liebe Yvonne (die inzwischen zwei Kinder hatte) konnte sich Alain-Fournier mit der Tatsache trösten, dass er seit kurzem eine sehr attraktive Geliebte hatte: die bekannte Schauspielerin Madame Simone, die Frau seines Chefs Casimir-Périer, die ihn zu einem neuen, jedoch unvollendet gebliebenen Roman mit dem Titel Colombe Blanchet inspirierte (der erst postum gedruckt wurde).
Als am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde Alain-Fournier als Leutnant der Reserve eingezogen. Bei den Kämpfen um Éparges, südlich von Verdun, kehrte er am 22. September mit seinen Leuten von einer Patrouille nicht zurück und blieb vermisst. Erst 1991 wurden seine sterblichen Reste dank seiner Erkennungsmarke in einem Massengrab identifiziert und auf den Soldatenfriedhof von Saint-Remy la Calonne umgebettet.
Zweifellos war der frühe, so mysteriöse wie tragische und gut glorifizierbare Tod Alain-Fourniers nicht unbeteiligt an der enormen Verbreitung, die der eigentlich wohl nur mäßig gute Grand Meaulnes in der Zwischenkriegszeit und auch danach noch erfuhr, wo er zum Kultbuch von Generationen junger Leser avancierte. In Deutschland wurde er ebenfalls viel gelesen und ist er noch heute in verschiedenen Übertragungen bei mehreren Verlagen erhältlich.
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Werke
- Le grand Meaulnes, Roman 1913 (dt. Der große Meaulnes oder seltener auch Der große Kamerad)
- Colombe Blanchet, Romanfragment 1914
- Miracles, Gedichte
[Bearbeiten] Werkausgaben
- Le grand Meaulnes, Paris (Garnier) 1986 (enthält den Roman Le grand Meaulnes, Entwürfe zu Le grand Meaulnes, sowie die Gedichte und Erzählungen, die 1925 unter dem Titel Miracles erschienen sind)
- Correspondance Jacques Rivière - Alain-Fournier, Paris (Gallimard) 1991 (enthält den Briefwechsel von 1904 bis 1914)
[Bearbeiten] Biographie
- Isabelle Rivière: Vie et passion d'Alain-Fournier, Monaco (Jaspard) 1963, im Verlag Fayard (Paris) 1989 veröffentlicht unter dem Titel Alain-Fournier, verfasst von der Schwester Alain-Fourniers, mit Auszügen aus der Korrespondenz mit der Familie
- Violaine Massenet: Alain-Fournier: biographie. Paris (Flammarion) 2005, ISBN 2-08-068173-7.
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Henri Alain-Fournier im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- [1] Artikel in "Namen, Titel und Daten der französischen Literatur" (Quelle)
- Biografie und Bibliografie von Henri_Alain-Fournier auf www.biblioweb.org (franz.)
Personendaten | |
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NAME | Alain-Fournier, Henri |
ALTERNATIVNAMEN | Alban-Fournier, Henri |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 3. Oktober 1886 |
GEBURTSORT | La Chapelle d'Angilon |
STERBEDATUM | 22. September 1914 |
STERBEORT | bei Les Eparges |