Indian Summer
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Mit Indian Summer bezeichnet man in Deutschland jene Zeit im Spätsommer und Frühherbst in Kanada und den Neuenglandstaaten der USA, die durch das lebhafte Farbenspiel der orangeroten Wälder charakterisiert ist. Verbunden ist dies mit einem oft strahlend blauen Himmel und einem erneuten Anstieg der Temperaturen auf teilweise über 20°C, verursacht durch eine lokale Klima-Besonderheit. Es ist anzumerken, dass in den USA und Kanada der Begriff des Indian Summer lediglich für einen (zu) warmen Herbst verwendet wird (ähnlich wie im Deutschen der „Altweibersommer“) und begrifflich mit der Blätterfärbung (foliage) nichts zu tun hat.
Für die Entstehung des Namens gibt es mehrere Interpretationen. Er hat seinen Ursprung vermutlich in der indianischen Mythologie. Nach einer indianischen Legende fließt das Blut erlegter Bären ins Erdreich, wird von den Bäumen aufgenommen und sorgt dort für die Rotfärbung der Blätter. Verbreitet ist aber auch die Erklärung, dass die weißen Einwanderer Geschenke von Indianern als minderwertig betrachteten und die herbstliche Schönwetterperiode, da kein vollwertiger Sommer, eben ein Indianer-Sommer sei. Eine weitere Deutung des Namens beruht darauf, dass der Indian Summer als die Hauptjagdsaison die wichtigste Jahreszeit für die Indianer war.
Im Herbst wird in den Blattstängeln der Bäume, ausgelöst durch die kürzeren Tage, der Saftstrom unterbrochen. Das Grün des Chlorophyll bleicht aus und lässt die darunter liegenden, verschiedenen chemischen Stoffe – unter anderem Zucker und Tannin – zutage treten, die für die typische Rot-, Orange- und Goldfärbung der jeweiligen Baumarten verantwortlich sind. Normalerweise verfärben sich die Blätter zuerst im Norden und in Gebirgslagen. An Berghängen im Süden Kanadas beginnt die Foliage bereits Ende August. Sie schreitet dann kontinuierlich, je nach Wetterlage auch sprunghaft, nach Süden voran. Der typische Indian Summer beginnt im Süden Kanadas und verbreitet sich danach über die US-Bundesstaaten Maine, New Hampshire und Vermont, Massachusetts, Rhode Island bis nach Connecticut. Im Allgemeinen erreicht er seinen Höhepunkt zwischen Anfang Oktober im Norden und dem späten Oktober im Süden. Je nach Witterung können sich die Zeiträume aber verschieben. Starke Kälte und ein früh einsetzender Nachtfrost beschleunigen die Laubfärbung, ein warmer und sonniger Spätsommer verlangsamt den Prozess.
Jeder Staat Neuenglands hat während der Foliage seine eigenen Farben, allerdings wird behauptet, die intensivste Färbung fände man in Vermont. Die ausgedehnten Wälder mit ihrer vielfältigen Mischung aus Laubbäumen glühen in allen Farben. Im Green Mountain State, so der werbewirksame Beiname Vermonts, gibt es im späten September und im Oktober kaum noch ein grünes Blatt. Der Zucker-Ahorn, dessen Blätter sich rot, orange und gold verfärben, ist einer der häufigsten Bäume Neuenglands. Dessen Verbreitung sorgt für das einzigartige, leuchtende Scharlachrot in den Laubwäldern, ein Farbspektrum, das in dieser Vielfalt und Leuchtkraft in europäischen Wäldern nicht zu finden ist. Der altdeutsche Begriff Altweibersommer, der sich auf die von bestimmten Spinnenarten gewobenen Sprungfäden bezieht, hat mit dem Indian Summer daher lediglich die milden Temperaturen gemeinsam.
Nicht nur einheimische Touristen, sondern auch viele Besucher aus Übersee nutzen diese Zeit für Trekking-, Kanu- und Wandertouren. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das jährliche Ereignis von der Tourismusbranche seit Anfang der 1990er Jahre werbewirksam genutzt wird. Pensionen und Hotels sind an den Wochenenden der Foliage ausgebucht und Tagestouristen verstopfen die schönsten Panoramastraßen. Im Herbst haben die Neuenglandstaaten besondere Foliage–Info-Telefone geschaltet, bei denen man sich über den aktuellen Stand und das Fortschreiten der Herbstverfärbung erkundigen kann. Zudem veröffentlichen staatliche Behörden und private Anbieter mehrfach pro Woche aktualisierte Foliage Reports im Internet.
Nachfolgend eine Auswahl der Orte, an denen der Indian Summer besonders gut zu beobachten ist (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
- Camden Hills State Park in Maine
- Baxter State Park in Maine
- White Mountain National Forest in New Hampshire
- Green Mountain National Forest in Vermont
- Umgebung von Kingston, Rhode Island
- Litchfield Mountains State Park in Connecticut
Besonders empfehlenswert ist die dreistündige Fahrt von Essex mit der Dampfeisenbahn "Valley Railroad" nach Chester und zurück mit einem Dampfschiff über den Connecticut River. Auf einer Wanderung auf dem Appalachian Trail, der Neuengland durchquert, lässt sich der Indian Summer zu Fuß erleben.
Auch die Werbeindustrie hat sich das Ereignis zunutze gemacht. Es existieren zahlreiche Produkte mit dem Namen Indian Summer: Parfüms, Kosmetikserien, sogar komplette Modekollektionen. Es gibt auch einen Comicstrip gleichen Namens, der zur Zeit der Pilgerväter spielt, sowie einen Film von 1997 mit Bill Nighy mit dem Originaltitel Indian Summer (deutscher Titel: Alive & Kicking - Jetzt erst recht).