Indikator (Sozialwissenschaften)
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Indikatoren stellen innerhalb der empirischen Sozialforschung eine beschränkte Stichprobe aus der Menge der empirisch prüfbaren Sachverhalte dar, welche ein theoretischer Begriff seiner Bedeutung nach abdeckt; sie sollen möglichst für den Bedeutungsumfang des Begriffs repräsentativ sein.
Das Großprojekt "Soziale Indikatoren" bildet hierzu einen spezifischen Anwendungsfall.
"Indikator = def. in einer operationalen Definition enthaltene Designata, die als Bestandteile der operationalen Definition in dieser aufgezählt werden" (Opp, S.133)
"Designata" sind Merkmale oder Objekte realer Phänomene, die einem "Zeichen" zugeordnet sind (vgl. Opp, S. 89 ff.).
Im Sinne empirischer Wissenschaft versteht Opp (S. 50) unter Theorie eine Menge von Gesetzen, die durch logische Ableitbarkeitsbeziehungen miteinander verknüpft sind .
Gesetz oder nomologische Hypothese werden synonym gebraucht. Eine Gesetzesaussage oder nomologische Hypothese stellt eine Aussage dar, die ohne raum-zeitlichen Bezug ist, in der einer unendlichen Menge von Objekten mindestens ein bestimmtes Merkmal zugeschrieben wird und welche man nach festgelegten Kriterien als "bewährt" akzeptiert hat (Opp, S.48). Eine Gesetzesaussage setzt sich demnach aus theoretischen Begriffen (Konzept, Konstrukt) zusammen.
Meist sind die in Frage kommenden Begriffe so abstrakt oder ungewohnt oder so reich an Bedeutungsnuancen, dass nicht alle Menschen diese auf eben dieselben empirisch feststellbaren Sachverhalte beziehen würden. Ein solcher empirischer Bezug muss aber mit einem brauchbaren Niveau an Präzision herstellbar sein, will man eine möglichst zuverlässige erfahrungswissenschaftliche Beschreibung und Erklärung wirklich gegebener Sachverhalte erreichen.
Diese Schwierigkeiten lassen sich nur meistern, indem man die Bedeutungsvarianten eines theoretischen Begriffs auflistet und anschließend seine gewünschte neue Bedeutung festlegt; d.h. im Anschluss an eine präzise Explikation eine Definition bestimmt.
Um eine Hypothese prüfen zu können, muss jeder problematische Begriff operatonal definiert werden, d.h. es muss eine Messregel angegeben werden, wonach jeder diesen Begriff bzw. die dem Begriffsinhalt zugrunde liegenden Sachverhalte feststellen kann. Durch eine Operationalisierung wird für einen Begriff eine bestimmte Anzahl von Indikatoren geliefert. Indikatoren sind somit nichts anderes als Bestandteile operationaler Definitionen.
Bei einer Operationalisierung ist grundsätzlich die Beziehung von theoretischem Begriff und operationaler Definition problematisch:
a) Der Begriff kann unterdefiniert sein, d.h. der Begriff wird dann inhaltlich auf das Einhalten der Messregel reduziert.
b) Der Begriff ist überdefiniert, d.h. im Begriff schwingen noch Bedeutungsnuancen mit, die durch seine Messregeln gar nicht abgedeckt sind.
Im Falle (b) wird die operationale Definition durch die Verwendung innerhalb einer Theorie überfordert; denn sie wird für Aussagen in Anspruch genommen, welche sie sachlich nicht leisten kann (vgl. Münch, S. 19 f). Damit stehen die Gültigkeit oder Validität der Indikatoren in Frage.
[Bearbeiten] Die Herstellung von Messbarkeit (Operationalisierung)
Es müssen hierzu also Messregeln formuliert werden.
Sie geben entweder an, unter welchen Bedingungen einem Sachverhalt ein qualitativ umschriebenes Merkmal zuzuschreiben ist (Kategorisierung).
Oder wenn derart zurechenbare Merkmal quantifizierbar sind, wird eine Skala mit Maßeinheiten für Messgrößen (Dimensionen) an die Hand gegeben, wodurch jedem dadurch beschreibbaren Tatbestand eine bestimmte Messgröße (Wert) zugeordnet werden kann.
Solche quantifizierbaren Merkmale werden auch in abgekürzter Weise Variable genannt.
Der jeweilige Wert einer Variablen für einen bestimmten Sachverhalt heißt ein Datum (vgl. Münch, S. 23 f).
Daten werden also durch quantitative Messungen produziert. Man kann sodann die Beschreibung von konkreten Sachverhalten durch Einordnung in bestimmte Kategorien als den Grenzfall einer "qualitativen" Messung verstehen.
Daten sind nur dann theorierelevant, wenn sie solche Indikatoren messen, die in einer angebbaren Beziehung zur betreffenden Theorie stehen.
Manche Forscher verwenden teilweise auch Sachverhalte, als wenn sie Indikatoren darstellten, obwohl sie streng genommen nicht unter den Begriff der Theorie fallen. Eventuell sind sie durch empirische Hypothesen mit den Begriffen der Theorie verbunden.
Wenn jedoch diese verbindenden Hypothesen nicht deutlich expliziert oder nicht empirisch überprüft sind, muss ein solches Vorgehen als methodologisch defizient eingestuft werden. In jedem Fall harrt es der vollständigen Aus- und Bearbeitung.
[Bearbeiten] Literatur
- Werner Münch, Datensammlung in den Sozialwissenschaften, Stuttgart Berlin Köln Mainz 1971
- Karl-Dieter Opp, Methodologie der Sozialwissenschaften. Einführung in Probleme ihrer Theorienbildung, rde 339, Reinbek b. Hamburg Okt. 1970