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Informetrie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Informetrie ist die Lehre von der Anwendung mathematischer (insb. statistischer) Methoden auf die Sachverhalte des Informationswesens zur Messung (insb. Quantifizierung) zumeist wissenschaftlicher Leistung. Die Informetrie ist somit die Metrik der Informatik bzw. Informationswissenschaft und wird häufig auch als übergreifender Begriff für Bibliometrie und Scientometrie verwendet. [1]

In der Literatur werden die Begriffe Informetrik, Bibliometrie und Scientometrie in der Regel gleichnamig verwendet. Die Informetrie, welche auch als Infometrie, Informetrik oder Infometrik bezeichnet wird, findet ihre Verwendung oftmals als Sammelbegriff für alle drei Teilbereiche. Allesamt bieten Messverfahren an, welche die Wirkungsgrade und die Wirkungsgefüge der entsprechenden Wissenschaftsdisziplinen festhalten. So wird die Informetrie der Informationswissenschaft zugeordnet, wie die Bibliometrie der Bibliothekswissenschaft und die Scientometrie der Wissenschaftswissenschaft. Es werden jeder Disziplin die entsprechenden mathematischen Methoden und Verfahren zugeordnet, wobei sich Überlappungen ergeben.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

Geschichte (Überblick)
  • 1917 veröffentlichen F.J. Cole & Nellie Eales mit "The history of comparative anatomy" die erste informetrische (im speziellen bibliometrische) Publikation




  • 1973 entwickeln Small & Marshakova die Kozitation

  • 1979 erstmalige Nutzung des Begriffes Informetrie im deutschen Sprachraum durch O. Nacke

[Bearbeiten] Begriff

Die Informetrie als das "Maß" [griechisch métron] der Informationswissenschaft vereinigt alle mathematischen und logischen Gesetzmäßigkeiten, welche Zusammenhänge zwischen Sachverhalten des Informationswesens wiedergeben. Zum Informationswesen zählen insbesondere die Informationswissenschaft und die Informatik. Ursprünglich fielen wissenschaftliche Arbeiten in Bezug auf das Informationswesen unter den Begriff Bibliometrie. Die Bibliometrie jedoch bezeichnete im Grunde die Bibliothekswissenschaft. Da neuere Entwicklungen und Forschungen sich von dieser Disziplin weiter entfernten, musste eine neue Bezeichnung den Bereich beschreiben.

1979 prägte der Universitätsprofessor Otto Nacke erstmals den Begriff "Informetrie" (Zitat: "Ein neuer Name für eine neue Disziplin"). Damit wurde eine neue Wissenschaftsdisziplin festgelegt, welche sich von der Bibliometrie und Scientometrie klar unterschied.

1984 führte die "All-Union Institute for Scientific and Technical Information (VINITI)" ein Komitee unter der Leitung Nackes ein. Dieser Ausschuss setzte nunmehr fest, dass die Informetrie und die Scientometrie den gleichen Begriffsinhalt tragen sollten.

1988 wurde auf der "1st International Conference on Bibliometrics and Theoretical Aspects of Information Retrieval" die Informetrie als Oberbegriff für Bibliometrie und Scientometrie verwendet.

Heute bezieht sich die Informetrie auf alle drei Teilbereiche und zusätzlich auf die klassischen wissenschaftlichen Kommunikationsstudien. Dieser Bezug entsteht bei den Teilbereichen in erster Linie durch Verwendung gleicher Methoden.

[Bearbeiten] Konferenzen

Die erste International Conference on Bibliometrics and Theoretical Aspects of Information Retrieval wurde von Leo Egghe organisiert im August 1987 in Belgien abgehalten.[2] Es folgte 1989 die International Conference on Bibliometrics, Scientometrics and Informetrics in Ontario und 1991 die International Conference on Informetrics in Bangalore. Auf der International Conference on Bibliometrics, Informetrics and Scientometrics vom 11.-15. September 1993 in Berlin wurde die International Society for Informetrics and Scientometrics (ISSI) gegründet. Die ISSI veranstaltet seitdem zweijährig die International Conference of the International Society for Scientometrics and Informetrics in River Forest, Illinois (1995), Jerusalem (1997), Colima, Mexiko (1999), Sydney (2001), Peking (2003) und Stockholm (2005). Die nächste ISSI-Konferenz findet 2007 in Madrid statt.

[Bearbeiten] Informetrische Analyse

Untersuchungsgegenstände der Informetrie sind Publikationen. Diese können von Autoren, einer (Forscher-) Gruppe, einer Institution, eines Fachgebietes, Landes oder Bereiches sein. Je nach Art der Veröffentlichung, nach Informationsmedium, Verfahren und Fachgebiet wird ein anderer Teilbereich der Informetrie angesprochen.

[Bearbeiten] Anwendungen

In der Informetrie werden zunächst relevante Werke bestimmt, welche dann auf der Basis unterschiedlicher Methoden untersucht werden. Relevante Werke ergeben sich meist durch Angabe bestimmter Merkmale, die das Werk besitzen sollte. Anschließend kann eine weitere Auswahl durch ein Rankingverfahren getroffen werden. Schlüsselliteratur kann so ermittelt werden. Rankingverfahren nach bestimmten Kriterien erlauben Auskunft über die Bonität von Magazinen, Forschern, Instituten oder Regionen zu geben. Historische Entwicklungen von wissenschaftlichen Fachbereichen werden mit Hilfe der Informetrie aufgezeigt. Es wird weiterhin festgestellt, in welchem Zeitrahmen Werke bestimmter Bereiche noch Verwendung finden. Durch informetrische Studien werden Anschaffungskosten und Anschaffungsmenge für Bibliotheken berechnet, wobei die Festlegung der Werke auch informetrisch erfolgen kann. Die Informetrie kann Netzwerke wissenschaftlicher Zusammenarbeit aufzeigen.

Wie alle statistischen Studien müssen aber auch die informetrischen stets mit Vorsicht betrachtet werden. Nach einer informetrischen Studie kann ein Wissenschaftler zwar einen hohen Stellenwert haben, dies muss jedoch nicht zwingend heißen, dass er der Beste auf seinem Gebiet ist. Folgende Gründe können hierfür Ursache sein:

  • Ein Wissenschaftler liefert mittelmäßige Beiträge, publiziert aber in renommierten Zeitschriften, dadurch gewinnt er an Reichweite.
  • Ein Wissenschaftler ist zwar unbekannt, kennt aber einen bekannten Wissenschaftler, der mit ihm ko-publizieren möchte oder einfach seinen Namen zur Verfügung stellt. Somit suchen Wissenschaftler nach dem etablierteren Namen und stoßen zugleich auf die Texte des Unbekannten. Auch diese werden dann zitiert.
  • Bestimmte Wissenschaftlerkreise bleiben im Zitationsverhalten unter sich.
  • Ein Wissenschaftler hat einen gewissen Ruhm erlangt, also wird er häufig zitiert, obwohl seine Beiträge zur aktuellen Wissenschaft nicht hervorragend sind.
  • Ein Wissenschaftler zitiert sich selbst. Dadurch können informetrische Analysen manipuliert werden.

[Bearbeiten] Methoden

Die Leistung und der Input einer Person oder Organisation kann am einfachsten anhand der Anzahl von Werken gemessen werden. Ein Indikator für universitäre Einrichtungen können die Anzahl der Besuche von Gastprofessoren oder die Zahl der Studienabgänger sein. Jedoch macht eine große Zahl keine Angaben über Qualität. Denn Qualität benötigt Zeit und widerspricht Massenproduktionen. Es ist aber möglich durch geeignete informetrische Auslese Qualität ausfindig zu machen. Man könnte zum Beispiel nur Fachzeitschriften auswählen, bei denen man auf das Verfahren des Peer Review zurückgreift. Hier werden wissenschaftliche Arbeiten durch Fachkollegen überprüft und beurteilt. Die Bewertung hängt dabei allerdings stark von den jeweiligen Experten ab.

Weitere Methoden sind ebenso die Zitationsanalyse und der Impact Factor. Bei der Zitationsanalyse wird gezählt, wie häufig ein Wissenschaftler, eine Zeitschrift oder ein Institut von anderen Wissenschaftlern, Zeitschriften oder Instituten zitiert wird. Hierbei wird davon ausgegangen, dass oft zitierte Artikel bedeutend sind und deshalb zitiert werden. Der Impact-Faktor ist ein Teil der Zitationsanalyse und beschreibt über einen mathematischen Ausdruck den Wirkungsgrad einer Instanz.

[Bearbeiten] Beispiel

Hier ein mögliches Ergebnis einer informetrischen Untersuchungsreihe. Vorrangiges Ziel war es bei dieser Untersuchung, die wichtigste Zeitschrift des Bereichs Informationsmangement ausfindig zu machen. [3]

Rang Zitate Zeitschrift/Monographie Zeitschriftenfachgruppe Klasse Impact-Faktor
1 56 HARVARD BUS REV Business Management MIS 2,5
2 46 INFORM MANAGE Computer Science, Info Systems Management, Information Science & Library Science (LIS) MIS 0,7
3 39 MIS Q Management, LIS MIS 1,6
4 29 COMMUN ACM Computer Science Comp 1,3
5 26 INT J INFORM MANAGE LIS LIS 0,4
5 26 SLOAN MANDGE REV Management Business MIS 1,8
7 23 INFORMATION RESOURCE -(Monographie) - -
7 23 INFORMATION SYSTEMS -(Monographie) - -
9 19 MANAGEMENT INFORMATI -(Monographie) - -
9 19 J AM SOC INFORM SCI LIS LIS 1,3
9 19 ACM T DATABASE SYST Computer Science, Info Systems Comp 0,4
12 16 INFORMATION TECHNOLO -(Monographie) - -
12 16 ASLIB P LIS, Computer Science, Info Systems LIS 0,2
12 16 J INFORM SCI LIS, Computer Science, Info Systems LIS 0,4

Der Rang richtet sich hier nach der Zitationshäufigkeit, wobei der Impact-Factor weitere Auskunft über den Wirkungsgrad der Zeitschrift angibt.

[Bearbeiten] Fachzeitschriften

Wichtige Fachzeitschriften für das Gebiet der Informetrie sind die 1978 in Ungarn gegründete Scientometrics (ISSN 0138-9130, [1]) aus dem Gebiet der Szientometrie, das Online-Journal Cybermetrics - International Journal of Scientometrics, Informetrics and Bibliometrics (ISSN 1137-5019, [2]) aus dem Gebiet der Webometrie sowie das Journal of the American Society for Information Science and Technology (JASIST, ISSN 1532-2882) aus dem Gebiet der Informationswissenschaft. Für 2007 ist ein Journal of Informetrics geplant, das vierteljährlich erscheinen und sich ganz schwerpunktmäßig der Informetrie widmen soll.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Literatur

  • FJ Cole, N.B. Eales: The history of comparative anatomy, Science Progress, 11 (1917) 578-596
  • Henry Smale (1973): Cocitation in scientific literature - new measure of relationship between 2 documents. JOURNAL OF THE AMERICAN SOCIETY FOR INFORMATION SCIENCE 24(4):265-269
  • I. V. Marshakova (1973): Bibliographic coupling system based on cited references. Nauc hno- Tekhnicheskaya Inf ormatsiya Senna 2(6):3-8
  • Otto Nacke (1979): Informetrie. Ein neuer Name für eine neue Disziplin. In: Nachrichten für Dokumentation 30, Nummer 6, S. 219-226
  • W.A. Turner (1994): What is an R: Informetrics or Infometrics. In: Scientometrics 30, Nummer 2-3 S. 471ff.
  • Irene Wormell (1998): Informetrics: an emerging subdiscipline in information science. In: Asian Libraries 7, Nummer 10, S. 257-268
  • Judit Bar-Ilan, Bluma C. Peritz (2004): Evolution, continuity, and disappearance of documents on a specific topic on the Web: A longitudinal study of "informetrics". In: JASIST 55, Nummer 11, S. 980-990
  • Wolfgang G. Stock, Sonja Weber: [3]Facets of informetrics. Information - Wissenschaft und Praxis, 57 (8). 2006, S. 385-389.
Andere Sprachen
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