Jacques Mieses
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Jacques Mieses (* 27. Februar 1865 in Leipzig; † 23. Februar 1954 in London) war ein deutsch-britischer Schachspieler.
Mieses war Spross einer aus Brody (damals Österreich-Ungarn, heute Ukraine) stammenden Kaufmannsfamilie. Er hatte noch einen Vetter Viktor Mieses (Rechtsanwalt in Leipzig, 1861–1939), der als Verfasser von Schachkompositionen hervortrat. Auch sein Onkel Samuel Mieses (Badearzt in Landeck und Bad Ems, 1841–1884) war ein starker Schachspieler. Der Onkel Fabius Mieses (1824–1898) lebte als Dichter, Philosoph und Biograph in Breslau und Leipzig. Dessen Tochter, Jacques' Cousine Selma (1884–1930) prägte als Inspektorin den israelitischen Wohltätigkeitsverein Leipzigs.[1]
Mieses studierte Naturwissenschaften in seiner Vaterstadt Leipzig und in Berlin, wo er Mitglied der Berliner Schachgesellschaft wurde, und feierte seinen ersten größeren schachlichen Erfolg 1888 beim Leipziger Turnier.
Bis zu seiner Emigration wohnte er in der Christianstraße 19 im Waldstraßenviertel in Leipzig. Über 40 Titel zum Schachspiel verzeichnet der Katalog in der Deutschen Bücherei von ihm, darunter einige Lehr- und Handbücher des Schachs, die teilweise in den fünfziger Jahren neu verlegt und in andere Sprachen übersetzt wurden.
1937 erlitt Mieses einen schweren Autounfall, der ihn fast ein Jahr lang an das Bett fesselte.
Als Juden zunehmend verfolgt wurden, verließ Mieses 1938 Deutschland. Er emigrierte nach England und nahm Ende der 1940er Jahre die britische Staatsbürgerschaft an, weswegen er auch als erster britischer Großmeister gilt. Der erste in Großbritannien geborene Großmeister war übrigens der im Jahre 2001 verstorbene Tony Miles.
Mieses leitete eine Reihe von internationalen Turnieren als Schiedsrichter und betätigte sich auch journalistisch. Er schrieb Schachspalten und Turnierberichte für Zeitungen in ganz Europa. Wie viele Großmeister gab er auch Blind- und Simultanvorstellungen. Einmal soll er binnen fünf Tagen insgesamt 99 Blindpartien absolviert haben, von denen er 71 gewann und 28 remisierte. Auch als Organisator von Turnieren trat er in Erscheinung, beispielsweise 1911 in San Sebastián, wo er erstmals durchsetzte, dass die Meisterspieler für Anreise und Unterkunft nicht selber aufzukommen hatten.
Daneben war Mieses auch ein bedeutender Autor und Theoretiker, unter anderem gab er in der Nachfolge von Jean Dufresne über mehrere Auflagen hinweg das renommierte Kleine Lehrbuch des Schachspiels heraus.
Von 1888 bis 1948 nahm Jacques Mieses an Schachturnieren teil.
1906 gelang es Mieses in Ostende, Tschigorin in 16 Zügen matt zu setzen. Insgesamt spielte er im Laufe seiner Karriere 60 Turniere und 20 Zweikämpfe. Dabei belegte er 1907 in Wien und 1923 in Liverpool den ersten Platz. 1927 nahm er an der Schacholympiade in London teil.
Im Jahre 1950 war er unter den ersten 27 Spielern, denen der Weltschachbund FIDE den Titel eines Internationalen Großmeisters (IGM) verlieh.
Mieses blieb bis ins hohe Alter erstaunlich frisch. Jeden Tag machte er seine Freiübungen, ging noch mit 86 Jahren täglich schwimmen und machte im Hyde Park Liegestützen. Noch mit 88 Jahren nahm er an der Londoner Blitzmeisterschaft teil und hatte reges Interesse an allem, was in der Welt vorging.
Er starb kurz vor seinem 89. Geburtstag am 23. Februar 1954 in London.
Nach ihm ist die Mieses-Eröffnung, die Mieses-Variante in der Schottischen Partie sowie das Mieses-Gambit in der Skandinavischen Verteidigung (1.e2-e4 d7-d5 2.e4xd5 Dd8xd5 3.Sb1-c3 Dd5-a5 4.b2-b4) benannt.
[Bearbeiten] Quellen
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Jacques Mieses im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- http://www.mieses.info
- Ehn, M. & Strouhal, E.: Duell mit verbundenen Augen. Kurze Erinnerung an den ersten Blindwettkampf. In: KARL 2/05
Personendaten | |
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NAME | Mieses, Jacques |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-britischer Schachspieler |
GEBURTSDATUM | 27. Februar 1865 |
GEBURTSORT | Leipzig |
STERBEDATUM | 23. Februar 1954 |
STERBEORT | London |