Kinderrente
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Die Kinderrente (auch Kinderprämie oder Elternbonus) bezeichnet in Deutschland ein politisches Projekt, das eine zusätzliche Rentenauszahlung an Rentner mit Kindern anstrebt. Meist wird von einer Pro-Kind-Prämie ausgegangen. Häufig wird auch das Konzept, noch zu Beschäftigungszeiten einen verringerten Rentenbeitrag einzuzahlen, mit in den Begriff gefasst.
Ein vergleichbarer Vorschlag zur Entlastung von Eltern bei der Einzahlung in die Pflegekasse wird Kinderbonus genannt. Während von politischer Seite nur von einer Erhöhung der Rente durch Kinder gesprochen wird, gehen Sozialwissenschaftler davon aus, dass umgekehrt ein Kinderlosigkeitsmalus eingeführt werden muss, um die Rentenkassen auszugleichen. D.h. die Renten werden zunächst für alle gesenkt und dann in einem (gedanklich) zweiten Schritt durch die Kinderrente für Eltern wieder erhöht.
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[Bearbeiten] Argumentation
[Bearbeiten] Pro Kinderrente
- Altersstruktur: Schuld an der Schieflage des Rentensystems ist die Altersstruktur (sogenannte Alterspyramide): Pro Paar werden im Schnitt in den fast allen Ländern Europas weniger als zwei Kinder geboren (Deutschland derzeit: 1,4), diese kommen auch noch immer später zur Welt – und die Menschen werden immer älter. Gern als „Anreiz zum Kinderkriegen“ fehlinterpretiert, will die Kinderrente umgekehrt einen heute bestehenden „Anreiz zur Kinderlosigkeit“ beseitigen: Kinderlose Paare können, da sie keine Erziehungsleistung erbringen müssen, wesentlich mehr Arbeitseinkommen erzielen als Elternpaare und erwerben damit höhere „Rentenansprüche“. Zugleich können sie, da die Sachkosten für Kinder wegfallen, in erheblichem Umfang Kapital ansparen.
- Rentensystematik: Entgegen einer weitverbreiteten Meinung dienen die Rentenbeiträge nicht der Vorsorge für den Beitragszahler. Insbes. wird kein Kapitalstock gebildet. Statt dessen fließen diese Gelder (nebst erheblichen Steuerzuschüssen) sofort als „Rente“ an die eigenen Eltern und Großeltern, denen der Beitragszahler ansonsten nach dem Zivilrecht unterhaltspflichtig wäre. Diesen Anspruch haben sich die Eltern/Großeltern dadurch erworben, daß sie den Beitragszahler großgezogen haben; kinderlose Rentner erhalten ihn bislang „geschenkt“, letztlich auf Kosten der Kinder anderer Leute. Um denselben Rentenanspruch wie Eltern zu erwerben, müssten sie die erheblichen Kosten, die anderen für die Erziehung von Kindern entstehen, zusätzlich zu den gewöhnlichen Rentenbeiträgen entweder ansparen (Kapitaldeckungsverfahren, sie hätten dann keinen gesetzlichen Rentenanspruch) oder aber sich zu gleichen Teilen an der Erziehung fremder Kinder beteiligen (Kinderrente). Der Erfinder des heutigen Rentensystems hatte dementsprechend eine Kinderrente als zwingend notwendigen Bestandteil vorgesehen. Dass die Politik sich darüber seinerzeit hinwegsetzte, hat er Zeit seines Lebens vehement kritisiert.
- Keine Bestrafung Kinderloser Es ist deshalb auch verfehlt, von einer „Bestrafung“ Kinderloser zu sprechen. Vielmehr werden deren Privilegien abgebaut – Privilegien, die sie auch dann genießen, wenn sie ungewollt kinderlos geblieben sind. Wem die Natur die Gabe versagt hat, Häuser zu bauen, der kann deshalb auch nicht von anderen Häuslebauern verlangen, ihn umsonst zu beherbergen – geschweige denn, ihm gleich noch das größte Haus (=die höchste Rente) zu überlassen.
- Versicherungsgedanke Die Rentenversicherung wird von einem reinen Zwangsumverteilungssystem wieder zu einer echten Versicherung, d.h. einer Risikogemeinschaft von Personen gleicher Interessenlage. Mit Einführung der Kinderrente würde das System Eltern gegen das Risiko versichern, dass ihre Kinder als spätere Unterhaltszahler ausfallen, etwa wegen Krankheit, Behinderung oder Arbeitslosigkeit. Kinder umgekehrt wären dagegen versichert, im Einzelfall (insbes. dadurch, dass Eltern und Großeltern ein sehr hohes Alter erreichen) über Gebühr mit Unterhaltsleistungen belastet zu werden. Der zusätzliche Beitrag für Kinderlose (und abgeschwächt Menschen mit nur einem Kind) sichert sie gegen das Risiko gewollter oder ungewollter Kinderlosigkeit (=fehlender Unterhaltsansprüche im Alter) und erhält ihnen die Wahlfreiheit, sich ohne wirtschaftlichen Zwang für oder gegen Kinder zu entscheiden.
Individuell nicht oder nur beschränkt steuerbare Risiken
Allerdings gehen diese Konzepte oft stillschweigend davon aus, dass die Kinder auch sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein und damit Beiträge für Rentner zahlen würden. Probleme, welche Folgen durch die Arbeitslosigkeit der Kinder, eine Scheidung mit einseitigem Sorgerecht oder auch durch den vorzeitigen Tod eines Kindes auf die Kinderrentner zukämen, werden dabei nicht berücksichtigt.
[Bearbeiten] Contra Kinderrente
- Staatliche Einmischung: Der Staat dürfe sich nicht in die Familienplanung seiner Bürger „einmischen“. Kinderlose könnten eine Kinderrente als Benachteilung ansehen.
- Unterhalt und Ausbildung der jungen Generation: Nicht nur Rentner, sondern auch Kinder werden, solange nicht erwerbstätig, von der jeweiligen Erwerbsgeneration alimentiert. Über Sozialversicherung und Steuern findet bereits eine massive Umverteilung von Kinderlosen zu Eltern statt: In den gesetzlichen Krankenkassen sind Kinder bis zu 27 Jahre lang beitragsfrei mitversichert. Möglich ist dies nur, weil man die Kosten ihrer Behandlung auf den allgemeinen Tarif umlegt, den Kinderlose wie Eltern zu zahlen haben. Auch die staatliche Waisenrente finanzieren Kinderlose über ihre Rentenversicherungsbeiträge mit. Als Steuerzahler wiederum kommen Kinderlose auch für staatliche Leistungen auf, von denen Bürger primär im Kindesalter bzw. deren Eltern profitieren: Schulen, Hochschulen, Kindergeld, Steuerfreibeträge, Freizeitangebote, Sondertarife usw. Kinderlose tragen zu alledem sogar überproportional bei, da die auf viele Familien anwendbare Steuerklasse III die Steuerlast gegenüber den Klassen I und IV in etwa halbiert.
- Ungewollt Kinderlose: Kritiker fordern, zumindest Menschen, die trotz Kinderwunsch aus biologischen Gründen keine Kinder bekommen können mit Ausnahmeregelungen zu bedenken, da sie sonst zusätzlich bestraft würden.
- Beitragszahler: Kinderrente bedeute nicht, dass die mehr geborenen Kinder auch tatsächlich Rentenbeitragszahler werden.
- Verfassung: Das Bundesverfassungsgericht hat vor vielen Jahren entschieden, daß die Ansprüche aus dem Rentensystem – zumindest der sog. Erwerbsanteil, also das, was man früher „eingezahlt“ hat – als Eigentumsrecht verfassungsmäßig geschützt sei. Es darf allerdings bezweifelt werden, ob diese Position heute noch aufrechterhalten würde – vor dem Hintergrund der seither gewonnenen demographischen und systematischen Erkenntnisse.
[Bearbeiten] Kinderrente in Deutschland
2003 sieht ein CSU-Rentenkonzept eine Kinderrente vor. Einen aktuellen und pragmatischen Vorschlag zur Ausweitung der Kindererziehungsberücksichtigung im Rahmen der Gesetzlichen Rentenversicherung hat am 26. Juli 2006 die Deutsche Bischofskonferenz veröffentlicht [1].