Kugelgewindetrieb
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Ein Kugelgewindetrieb besteht aus einer Gewindespindel mit einer schraubenförmigen Rille (Schraube), sowie einer Spindelmutter (Mutter). Er wandelt eine rotatorische (drehende) in eine translatorische (lineare) Bewegung um.
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[Bearbeiten] Verwendung
Das Haupteinsatzgebiet sind Werkzeugmaschinen wie z.B. Drehmaschinen, auf denen Werkstück- bzw. Werkzeugträger positioniert werden müssen. Das zu bewegende Teil ist meistens an der Mutter befestigt und gleichzeitig über Linearführungen gelagert. Kugelgewindetriebe haben die früher gebräuchlichen Trapezgewindespindeln in vielen Bereichen des Maschinenbaus fast vollständig ersetzt. Neue Bauarten erschließen zudem weitere Einsatzgebiete, in denen bisher meist Hydrauliksysteme Verwendung fanden wie zum Beispiel bei Pressen und Spritzgießmaschinen.
[Bearbeiten] Aufbau und Funktionsweise
Ein Motor treibt die Spindel entweder direkt oder über Getriebe und Riementriebe an. Zwischen Spindel und Mutter bewegen (abwälzen/abrollen) sich in Laufrillen Kugeln, die beim Drehen der Spindel axial wandern. Der Rückführkanal in der Spindelmutter befördert die Kugeln wieder zurück und schließt damit den Kreislauf, in dem die Kugeln zirkulieren.
[Bearbeiten] Übersetzungsverhältnis
Das Übersetzungsverhältnis i eines Kugelgewindetriebes berechnet sich nach der Formel
mit dem Umfang der Spindel =
im Zähler und dem Hub =
im Nenner des Bruches,
wobei d dem Nenndurchmesser, n der Drehzahl der Spindel und P der Spindelsteigung entspricht.
[Bearbeiten] Spindelgeometrie
Die Geometrie des Gewindegangs besteht nicht aus einer der Kugel angepassten Form, sondern aus zwei Kreisbögen (gotische Laufrille), so das die Kugel nicht am vollen Umfang aufliegt, aber auch nicht in der Rille hin und her wandern kann.
Die Spindeln von Kugelgewindetrieben werden mit unterschiedlichen Steigungen bei verschiedenen Durchmessern angeboten. Da Kugelgewindetriebe noch relativ wenig genormt sind, variieren die Abmessungen der Standardspindeln führender Hersteller zum Teil erheblich.
Das Standardsortiment am Markt reicht von sogenannten Miniaturkugelgewindetrieben, deren Spindelsteigungen im Bereich von ca. 2 bis 16 mm bei Spindeldurchmesser zwischen 6 und 20 mm liegen, bis hin zu Gewindetrieben mit Steigungen von 50 mm und Durchmessern von bis zu 125 mm, wobei bestimmte Spindeldurchmesser im Standard der Anbieter immer nur mit bestimmten Spindelsteigungen angeboten werden.
Auch die angebotenen Spindellängen variieren den Typen entsprechend zwischen einigen Zentimetern bis hin zu mehreren Metern. Teilweise werden von den Herstellern auch standardisierte Spindelendenbearbeitungen zur Lagerung der Spindeln und zur Verbindung mit dem Antriebsmotor angeboten.
[Bearbeiten] Mutterngeometrie
Zur Geometrie der Mutter lese man den Artikel zur Kugelumlaufmutter.
[Bearbeiten] Spiel und Vorspannung
Um das Spiel zwischen Spindel und Mutter auf nur wenige µm zu reduzieren oder vollkommen zu eliminieren, stehen verschiedene Möglichkeiten der Vorspannung zur Auswahl. Häufig werden zwei Gewindemuttern gegeneinander verspannt.
Eine weitere Methoden zur Vorspannung bestehen darin, durch eine gezielte Kugelsortierung die Kugeln entsprechend größer als die Laufrillen zu wählen oder einen beabsichtigten Steigungsfehler in der Mitte der Mutter einzuarbeiten.
[Bearbeiten] Beanspruchung
Kugelgewindetriebe können je nach Spindeldurchmesser und Spindelsteigung dynamische Lasten zwischen wenigen Kilonewton (kN) bis in den dreistelligen kN-Bereich aufnehmen.
Die höhere Rollreibung durch Vorspannung erzeugt bei hohen Drehzahlen (z.B. Bewegung einer Maschine im Eilgang) viel Wärme, welche aufgrund der Längenausdehnung der Spindel zu Fehlern führen kann. Hohe axiale Kräfte sowie schnelle Drehzahlen der Spindel üben außerdem starke Belastungen auf Gewindegang und Kugel aus. Unter Belastung erhöht ein Reiben der Kugeln aneinander das zur Bewegung nötige Drehmoment und verursacht Verschleiß.
[Bearbeiten] Verschleißminderung
Durch passende Herstellungsverfahren und Konstruktion der Bauteile kann den verschiedenen Arten der Beanspruchung mehr oder weniger Rechnung getragen werden.
Zwischen zwei normale, tragende Kugeln kann jeweils eine um wenige Mikrometer kleinere Distanzkugel eingesetzt werden. Diese Distanzkugeln üben keinen Druck auf die Gewindeflanken aus und unterliegen daher nicht dem Zwang mitzulaufen, sondern werden von den tragenden Kugeln entgegen der eigentlichen Drehrichtung bewegt.
Dieses Verfahren zur Verringerung des Verschleißes stellt allerdings nur einen Kompromiss dar, denn das Fehlen tragender Kugeln vermindert die axiale Belastbarkeit des Gesamtsystems.
Eine weitere Möglichkeit zur Reduzierung der Reibung zwischen den Kugeln bieten Kugelkäfige aus Kunststoff, deren Realisierung jedoch sehr teuer ist, weswegen sie meist nur bei Hochgeschwindigkeits-Kugelgewindetriebe eingesetzt werden.
[Bearbeiten] Spindelkühlung
Bei hochbeanspruchten Maschinen können zur Abführung der durch Reibung entstehenden Wärme hohle Gewindespindeln verwendet werden, durch die eine Kühlflüssigkeit gepumpt werden kann.
[Bearbeiten] Herstellung
Übliche Verfahren zum Einbringen der Laufrillen in die Gewindespindel sind Gewindewirbeln, Rollen und Schleifen. Sowohl die Kugel als auch die Oberfläche der Laufrille ist immer gehärtet, wobei die Laufrille für schnell drehende Spindeln beschichtet wird.
[Bearbeiten] Vorteile gegenüber Trapezgewindespindeln
Wesentliche Vorteile der Kugelgewindetriebe gegenüber den Trapezgewindespindeln liegen in der Möglichkeit der spielfreien Einstellung und der deutlich geringeren Reibung mit den daraus resultierenden Einspareffekten.
Die Leichtgängigkeit der Kugelumlaufspindeln erlaubt langsame Bewegungen ohne Stick-Slip-Effekt und damit ein genaueres Anfahren der Zielpositionen. Des Weiteren ergibt sich ein geringerer Verschleiß und eine bei gleicher Drehzahl geringere Wärmeentwicklung. Es können sehr hohe Vorschubgeschwindigkeiten von bis zu 200 m/min erreicht werden.
[Bearbeiten] Weiterentwicklungen
[Bearbeiten] Adaptronischer Kugelgewindetrieb
Bei modernen, adaptronischen Kugelgewindetrieben variieren zwischen den Muttern eingebaute Aktorelemente die Vorspannung und wirken so der Wärmeentwicklung entgegen und vermindern Schwingungen.
Weiterhin dämpfen keramische Elemente im Trieb bei hoher dynamischer Belastung die Stöße und tragen damit zur Positioniergenauigkeit bei.
[Bearbeiten] Rollengewindetriebe
Eine Weiterentwicklung der Kugelgewindetriebe sind sogenannte Rollengewindetriebe, die als Rollengewindetriebe mit Rollenrückführung oder als Planetenrollengewindetriebe ausgeführt sein können.
Kugel- oder Rollengewindetriebe ihrerseits wiederum sind Komponenten sogenannter Aktuatoren, die in der Antriebstechnik weit verbreitet sind.