Marienkirche (Świdwin)
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Die Marienkirche (polnisch: Kościół Mariacki) war einst die einzige Kirche der Stadt Świdwin (Schivelbein) an der Rega. Sie steht in der Stadtmitte am Pl. Konstytucji 3 Maja (ehem. Marktplatz). Ihre Entstehungszeit fällt in das 14. Jahrhundert.
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[Bearbeiten] Bau und Baugeschichte
Bereits 1338 wird in Schivelbein eine Marienkirche genannt. Als spätgotischer Ziegelbau ist sie in der Form einer dreischiffigen, im Osten dreiseits geschlossenen Basilika erbaut worden. Sternengewölbe überspannten das Kirchenschiff.
1475 errichtete Christoph von Polenz an der Nordseite eine Kapelle zum Andenken an seinen Vater. 1505 wurde der Turmhelm, neu gebaut und mit Kupfer gedeckt, das man bei einem Gewicht von 41½ Zentnern aus Stettin herbeischaffte. 1644 wurde der Turm vom Blitz getroffen, der Turmhelm verbrannte und stürzte herab.
Der große Stadtbrand von 1689 in Schivelbein vernichtete die gesamte Kircheneinrichtung, darunter die 1572 eingebaute Orgel und die 1614 aufgestellte kunstvolle, in einer Stargarder Werkstatt gefertigte Kanzel, der Altar und die Chöre.
Zur Wiederherstellung des Gotteshauses veranstaltete man auf kurfürstlichen Befehl von Friedrich III. von Brandenburg, dem späteren König Friedrich I. von Preußen, in allen Gemeinden des Landes Kollekten, durch deren Ertrag die Kirche in den Jahren 1690 bis 1692 wieder aufgebaut und – wenn auch in sehr bescheidener Weise – ausgebaut wurde. Der neue Altar und die Kanzel, dieses Mal in Kolberg angefertigt, wurden 1695 aufgestellt.
Im Jahr 1771 wurde der Turm erneut vom Blitz getroffen. Anstelle des schlanken Helms erhielt er 1773 einen Barockhelm: über einem Zwischendach erhob sich ein zweistufig abgesetzter Aufbau aus Holz, der in einer niedrigen, schindelgedeckten Spitze auslief.
In den Folgejahren waren wiederholt Restaurierungsarbeiten nötig, so in den Jahren 1827 bis 1833 und 1880 und 1881, wobei das Kircheninnere ein nüchternes, neugotisches Aussehen erhielt.
Bei der Besetzung Schivelbeins durch die Rote Armee am 3. März 1945 blieb die Marienkirche bis auf einen Artillerietreffer im Turm unversehrt. Als am Folgetag allerdings die Schivelbeiner Innenstadt von sowjetischen Kommandos angezündet wurde, brannte die Kirche – zum zweiten Male in ihrer Geschichte – bis auf die Umfassungsmauern nieder.
In den Jahren 1947 bis 1950 wurde die Marienkirche wiederhergestellt – nach den Plänen des solange noch in Polen festgehaltenen deutschen Architektenehepaares Albert und Luise Altenburg. Der Turm erhielt dabei ein einfaches pyramidenförmiges Ziegeldach.
Erneut fanden 1987 umfangreiches Renovierungsarbeiten statt. Das Dach erhielt eine Neudeckung.
Nach 400 Jahren Nutzung als evangelisches Gotteshaus wurde die Świdwiner Marienkirche zugunsten der polnischen katholischen Kirche enteignet.
Bis dahin gehörte die Stadt, die Sitz eines eigenen Kirchenkreises mit Superintendentur war, zur Kirchenprovinz Pommern der evangelischen Kirche der Altpreußischen Union. Evangelische Gottesdienste finden heute in der Friedhofskapelle statt. Świdwin ist jetzt eine Filialgemeinde des Kirchspiels Koszalin in der Diözese Pommern-Großpolen der polnischen Evangelisch-Augsburgischen, d.h. lutherischen, Kirche.
In der Schivelbeiner Marienkirche wurde im Jahre 1821 Rudolf Virchow (†1902) getauft, der Arzt, weltbekannter Pathologe, Politiker und Geschichtsforscher seiner Heimatstadt. Im Jahre 1853 empfing hier die Taufe Otto Georg Bogislaf von Glasenapp (†1928), jahrelanger Vizepräsident der deutschen Reichsbank.
[Bearbeiten] Marienkirchengemeinde
[Bearbeiten] Kirchengemeinde
Schivelbein ist seit 1858 Sitz der Superintendentur des Kirchenkreises Schivelbein. Bis 1945 war der Marienkirchengemeinde die Filialgemeinde Simmatzig zugeordnet, für die der Inhaber der 2. Pfarrstelle zuständig war. Außerdem waren die Orte Botenhagen und Nemmin eingepfarrt. Im Jahr 1940 gehörten zur Marienkirchengemeinde Schivelbein 10.000 Gemeindeglieder, von denen 500 im Sprengel Simmatzig wohnten. Das Kirchenpatronat oblag dem Magistrat der Stadt.
[Bearbeiten] Pfarrer von der Reformation bis 1945
Von der Reformation bis zum Jahre 1945 wurden in der Marienkirche evangelische Gottesdienste gefeiert. Folgende Pfarrer waren tätig:
- Erster Pfarrer (ab 1858 auch Superintendent):
- bis 1552: Paulus Krüger
- 1552–1566: Lazarus Peterche (er war ursprünglich Maurer von Beruf, dann Theologe. Er leitete den Bau des Gewölbes am Schiveleiner Rathaus)
- 1567–1581: Jakobus Tankius
- 1582–?: Erasmus Arckenwaldt
- ?–1602: Andreas Peterus
- 1603–1617: Andreas Rhanius
- 1619–1626: Joachim Grunovius
- 1627–?: Johann Kaldenbach
- ?: Wolfgang Plantiko
- ? Christian Chinow
- ?: Nikolaus Rubach
- ?–1684: Ludwig Weißkopf
- 1685–?: Gottfried Gaul
- 1694–1703: Johann Andreas Hückelius
- 1704–?: Heinrich Daniel Ponath
- ?–1760: Christian Friedrich Hohenhausen
- 1761–1772: Daniel Lebrecht Mehring
- 1772–?: Friedrich Wilhelm Schunke
- ?: Gottfried Ernst Schröder
- 1790–1830: Johann Friedrich Benekendorf
- 1831–1857: Johann Friedrich Samuel Benekendorf (Sohn von 20.)
- 1858–1883: Johann Ernst Julius Henske
- 1884–1912: Ludwig Wetzel
- 1913–1923: Julius Scheringer
- 1914–1936: Gerhard Friedemann
- 1937–1945: Wilhelm Lüderwaldt
- Zweiter Pfarrer:
- 1566–1574: Sewerinus Steinhöfel
- 1575–1582: Erasmus Arckenradt
- 1585–1602: Andreas Rhanius
- 1603–1627: Johann Kaldenbach
- 1627–1631: Jakob Meyer
- ?: Michael Angelus
- ?: Heinrich König
- ?: Adam Naßius
- ?: Joachim Henke
- (1684): Theodor Rüdiger
- 1703–1704: Heinrich Daniel Ponath
- 1704–?: Christian Friedrich Hohenhausen
- ?: Karl Friedrich Lesser
- 1740–1746: Karl Friedrich Wilhelm Mnnling
- 1746–1772: Friedrich Wilhelm Schunke
- 1772–?: Karl Friedrich Zöpfel
- ?–1827: Johann Ludwig Fischer
- 1827–1831: Johann Friedrich Samuel Benekendorf
- 1831–1844: Georg Ludwig Gantzkow
- 1855–1861: Gustav Adalbert Georg Oskar Pauli
- 1861–1888: Adolf Hermann Gustav Quiele
- 1888–1907: Albert Johann Gottfried Petzsch
- 1907–1920: Johannes Heling
- 1920–1925: Herbert Ludz
- 1926–1932: Hans-Joachim Hübner
- 1932–1940: Detlev Rewald
[Bearbeiten] Literatur
- Moderow, Hans/Müller, Ernst, Die evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart, 2 Bde., Stettin 1903 bzw. 1912
- Der Kreis Belgard. Aus der Geschichte eines pommerschen Heimatkreises, hg. v. Heimatkreisausschuß Belgard-Schivelbein, Celle 1989
- Hinz, Johannes, Pommern. Wegweiser durch ein unvergessenes Land, Augsburg 1996, ISBN 3-86047-181-3