Materielle Kultur
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Als materielle Kultur wird die je und je kulturell (gesellschaftlich) geprägte Gesamtheit der Geräte, Werkzeuge, Bauten, Kleidungs- und Schmuckstücke und dergleichen der Menschen bezeichnet.
Sie ist ein Forschungsgebiet der Volkskunde, Ethnologie, Soziologie sowie der Archäologie. Als Quelle für Schlüsse auf das Leben in untergegangenen schriftlosen Gesellschaften ist deren hinterbliebene materielle Kultur unverzichtbar.
Ihr Gegenteil ist die immaterielle Kultur.
Definition:
Materielle Kultur umfasst alle in einer Gesellschaft gebrauchten oder bedeutungsvollen Dinge. Geräte, Werkzeuge und andere Gegenstände begleiten den Alltag des Menschen sichern in vieler Hinsicht sein Überleben (Feest 2003:242).
Dabei geht es nicht um die Frage, ob sie eine grosse oder geringe Bedeutung haben, sondern um den Einbezug in die Lebenswelt der Menschen. Dinge sind demnach alle materiellen Gegenstände, Sachen dagegen nur die vom Menschen geschaffenen Objekte. Weiterhin wird als drittes noch unter Gegenständen unterschieden, welche in der Gesellschaft verwendet, nicht aber hergestellt werden.
Materielle Kultur ist ein mehrdeutiger Begriff, daher kein ausschliesslich ethnologisches Thema. Auch die Geschichte, Kunstgeschichte oder Archäologie befassen sich mit materieller Kultur, was eine Etablierung eines eigenen Faches „materielle Kultur“ unmöglich macht. Es ist eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Thema gefordert. Ziel der Ethnologie als einer der Forschungszweige ist dabei eine umfassende und unmittelbare Beobachtung des Umgangs mit Alltagsobjekten in verschiedenen Gesellschaften.
Materielle Kultur - In Verbindung mit dem gesellschaftlichen Alltag
Kultur und Materielles sind ohne einander nicht denkbar. Erst durch eine Verbindung mit dem Materiellen und Immateriellen entsteht ein Zugang zum Verstehen des Alltags verschiedenster Gesellschaften. Es kann keine Verbindung zu einem Gegenstand entstehen, wenn seine geistigen Ausdrucksformen (Sprache + Text) nicht in Zusammenhang mit dem Handwerk betrachtet werden. Dabei gilt es immer zu beachten; Das Wissen + Handeln, wie auch materielle Gegenstände sind in jeder Gesellschaft unterschiedlich und müssen daher auch immer wieder von neuem betrachtet werden.
Dingbedeutsamkeit – gegen die Trennung von materieller und geistiger Kultur
Die Bedeutung und sein Gegenstand müssen stets in zwingendem Zusammenhand zueinander stehen. Durch eine solche Betrachtungsweise besteht nicht die Gefahr, dass die betrachteten Objekte als etwas Isoliertes, Abgetrenntes angesehen werden. Ansonsten würden materielle Dinge allenfalls als “tot“ erklärt werden, was als falsch gelten würde. Denn sie sind bedeutsam und ihnen wird eine Beseelung zugesprochen.
Versuche der systematischen Dokumentation
In der Phase der Etablierung der Ethnologie als Wissenschaft, im 19.Jahrhundert, konnte man ein rasches Wachstum ethnographischer Museumssammlungen erkennen, was zu einem systematischen Wissen über die Dinge führen sollte. Die Grundlage für eine einheitliche Beschreibung sollte entstehen. Solche Sammlungen erschwerten jedoch den Umgang mit den Dingen, da sie die problematische Abgrenzung von geistiger und materieller Kultur herbeiführte. Denn diese sind schon das Ergebnis einer Auswahl und reflektieren damit nicht nur die Verhältnisse der Gesellschaften aus welcher sie stammen, sondern auch die Vorstellung der europäischen Gesellschaft. Studien zur materiellen Kultur dürfen sich also nicht auf Museen beschränken, sondern müssen den Umgang mit den Dingen im Alltag dokumentieren. Wenn ein Objekt aus dem Alltag gerissen wird, gehen dabei viele wichtige Informationen verloren.
[Bearbeiten] Literatur
- Hans Peter Hahn; Materielle Kultur, Dietrich Reimer Verlag, 2005, ISBN 3-496-02786-X
- Christian F. Feest; Materielle Kultur in: Bettina Beer/Hans Fischer (Hg.); Ethnologie. Einführung und Überblick, Dietrich Reimer Verlag, 2003, ISBN 3-496-02757-6