Owen-Verteidigung
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Bei der Owen-Verteidigung oder auch Englischen Verteidigung handelt es sich um eine Eröffnung des Schachspiels. Sie zählt zu den Halboffenen Spielen und wird in den ECO-Codes als „Unregelmäßige Eröffnung“ unter B00 klassifiziert.
Die Owen-Verteidigung entsteht nach den Zügen:
- 1. e2-e4 b7-b6
Häufig werden auch über die Zugumstellungen nach 1. c2-c4 oder 1. d2-d4, wahlweise mit 1. ... e7-e6 und 2. ... b7-b6, die charakteristischen Positionen der Owen-Verteidigung erreicht.
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[Bearbeiten] Historie
Namensgeber der Owen-Verteidigung ist der britische Geistliche und starke Amateurschachspieler John Owen (1827-1901), der den Zug 1. ... b6 Mitte des 19. Jahrhunderts in zahlreichen Partien erfolgreich anwandte. Bemerkenswert ist unter anderem sein fein herausgespielter Sieg gegen den dominierenden Spieler dieser Zeit, den Amerikaner Paul Morphy, 1858 in London[1]. Kurios: Im nachfolgenden Wettkampf zwischen beiden über sieben Partien, in dem Morphy siebenmal Schwarz hatte und jeweils den Bauern f7 vorgab, gelangen Owen nur noch zwei Unentschieden.
Im 19. Jahrhundert bis zur Jahrhundertwende bedienten sich gelegentlich noch weitere zeitgenössische Schachgrößen wie Joseph Henry Blackburne, Johannes Hermann Zukertort oder Louis Paulsen der Owen-Verteidigung; sogar der junge Alexander Aljechin, 20 Jahre später Schachweltmeister, eröffnete 1907 eine Partie mit 1. ... b6[2].
In der letzten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der britische Großmeister Anthony Miles ein Verfechter des Damenfianchettos. Zwischen 1971 und seinem frühen Tod 2001 spielte er über 60 Turnierpartien mit diesem Aufbau. Auch Bent Larsen eröffnete einige Partien damit (er ist Namensgeber des analogen Larsen-Systems: 1. b2-b3). Im aktuellen Profischach verwendet der französische Großmeister Christian Bauer, bekannt für seine Vorliebe für unkonventionelle Eröffnungen, desöfteren die Owen-Verteidigung.
[Bearbeiten] Grecos Matt
Ein lehrreiches Mattbild, das aus der Owen-Verteidigung entsteht, hat bereits im Jahre 1619 der italienische Schachmeister Gioacchino Greco (* um 1600, † 1634) demonstriert, es ist in der Schachliteratur nach ihm als „Grecos Matt“ benannt.
Nach den Zügen:
- 1. e2-e4 b7-b6
- 2. d2-d4 Lc8-b7
- 3. Lf1-d3 f7-f5?
- 4. e4xf5 Lb7xg2
- 5. Dd1-h5+ g7-g6
- 6. f5xg6 Sg8-f6??
setzt Weiß unter Damenopfer matt:
- 7. g6xh7+! Sf6xh5
- 8. Ld3-g6# (siehe Diagramm).
Das Charakteristische dieses Mattmotivs ist auch - jeweils mit vertauschten Farben - im Froms Gambit und dem bekannten Narrenmatt anzutreffen. Allen Stellungen ist der fehlende, den König schützende f-Bauer und die damit einhergehende Schwächung der Diagonalen h5-e8 beziehungsweise h4-e1 gemein.
Es sei angemerkt, dass statt 6. ... Sf6?? 6. ... Lg7! viel besser ist, doch bei bestem Spiel siegt Weiß auch dann.
[Bearbeiten] Eröffnungsidee
Anders als in der Damenindischen Verteidigung oder in Varianten der Holländischen Verteidigung mit Fianchetto des Damenläufers, in denen der Schwarzspieler bestrebt ist, das Zentralfeld e4 zu kontrollieren und den weißen Bauernzug e2-e4 zu unterbinden, liegt die schwarze Strategie der Owen-Verteidigung in der Attacke des Bauerns e4. Der thematische Vorstoß f7-f5 spielt dabei in vielen Varianten eine wichtige Rolle[3].
[Bearbeiten] Weblinks
- ↑ Morphy - Owen, London 1858, zum Nachspielen
- ↑ Budberg - Aljechin, Moskau 1907, zum Nachspielen
- ↑ Eine Systematik der Owen-Verteidigung mit Partien
[Bearbeiten] Literatur
- Christian Bauer: Play 1... b6: A Dynamic and Hypermodern Opening System for Black. Everyman Chess, London 2005, ISBN 1-85744-410-8