Proporzdemokratie
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Mit Proporzdemokratie bezeichnet man Demokratien, in denen alle wichtigen politischen sowie sozialen Kräfte der Gesellschaft an der politischen Willensbildung beteiligt sind. Die Beteiligung dieser Kräfte kann dabei paritätisch oder gemäß ihrer relativen Stärke in der Gesellschaft stattfinden.
Das Volk wählt das Parlament. Nach Proporz entspricht die Regierung dem Parlament. Somit gibt es keine Opposition. Häufig wird das System um plebiszitäre Elemente angereichert.
Die Entscheidungsfindung beruht nicht auf dem Mehrheitsprinzip, sondern auf dem Verhandlungsweg (siehe Verhandlungsdemokratie).
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[Bearbeiten] Theorie der Proporzdemokratie
Das Konstrukt der Proporzdemokratie muss mindestens zwei in sich geschlossene Parteien beinhalten, und sich sowohl durch politische Stabilität und marginale Wählermobilität auszeichnen. Entwicklungen gehen gemächlich und kontinuierlich vor sich, Änderungen können mit einiger Sicherheit vorausgesehen werden.
Dabei geschieht jedoch eine sog. Versäulung, welche die Gesamtheit gesellschaftlicher Vorgänge betrifft. Diese wird "politisch überformt"[1] und so werden sämtliche Tätigkeiten unweigerlich in den Machtbereich politischer Interessen gezerrt. Alles wird auf irgendeine Weise parteipolitisch zuordenbar.
Um der so entstandenen Demokratie Stabilität zu verleihen, ist eine sog. amicabilis compositio, eine Art gültlichen Einvernehmens[2] also, vonnöten, so wie sie auch in der Entwicklung des Westfälischen Frieden eine gewichtige Rolle einnahm. In ihm findet der Terminus auch seinen Ursprung. Es werden von allen Seiten Zugeständnisse getätigt, um sich gegenseitig so nah wie möglich zu kommen. Dies kann auf der einen Seite positiv als Kompromisspolitik, auf der anderen jedoch als regelrechte "Packelei"[3] aufgefasst werden. Die geschichtswissenschaftliche Analyse unterliegt jedoch in jedem Fall einem möglichst objektiven Wertungssystem, und vor allem der polemische Beigeschmack des eher abwertenden Zustandes der "Proporzdemokratie" sollte nicht dazu führen, ihn voreingenommen als Mißstand wahrzunehmen.
[Bearbeiten] Kritik
Auf parteipolitischer Ebene können Eingeständnisse eines ideologisch allzu brisanten Themas zu innerparteilichen Konflikten führen, welche sich oft derart zu versteifen drohen, dass eine Kompromissfindung des Themenbereichs gänzlich ausgeschlossen wird. All jene ideologisch verbrähmten Punkte führen zu einem Problemstau.
Außerhalb des parteipolitischen Rahmens zeichnet sich jene Proporzpolitik vor allem durch eine Aufspaltung administrativer Eliten und privater Personen in politische Lager aus. Daraus resultiert eine wahre "Ämterpatronage und Klientelversorgung"[4]; die Administrative verliert die nötige Distanz zu politischen Begebenheiten.
[Bearbeiten] Literatur
- Dieter Nohlen und Ralf-Olaf Schultze: Lexikon der Politikwissenschaft, München 2002
- Mommsen-Reindl Margarete: Die österreichische Proporzdemokratie und der Fall Habsburg Boehlau Verlag, 1976, ISBN-13: 978-3205071266
[Bearbeiten] Links
Uni Tübingen - Proporzdemokratie
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Hanisch Ernst: Geschichte Österreichs 1890-1990: Der lange Schatten des Staates Wien, 1994
- ↑ http://www.uni-tuebingen.de/ifp/kd87l.htm
- ↑ Hanisch Ernst: Geschichte Österreichs 1890-1990: Der lange Schatten des Staates Wien, 1994
- ↑ Hanisch Ernst: Geschichte Österreichs 1890-1990: Der lange Schatten des Staates Wien, 1994