Regelkunst

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In der Regelkunst kommen nur künstlerische Äußerungen zum Ausdruck, die nach formal, inhaltlichen und sprachlichen Regeln ausgestaltet sind. Der Königsberger Johann Christoph Gottsched bemühte sich 1730 im Sturm und Drang, ein entsprechendes Regelwerk der normativen Poetik zu definieren in seinem Versuch einer Critischen Dichtkunst, welches die Schriftstellerei in enge Schranken verweist und die Literatur auf das rein Zweckmäßige ausrichtet. Als Vorbild galt dem Frühaufklärer Gottsched Aristoteles. Für die Aufklärer war die klassische griechische Tragödie das Maß aller Dinge. Ziel der Aufklärung und damit auch der Kunst sei es schließlich, den Leser zu erhellen, seine zur Vernunft zu aktivieren und ihn moralisch zu bilden und zu stärken. Im Grunde genommen widersprach diese Motivation dem freiheitlichen Grundanliegen der Aufklärung. Gottsched forderte, aufbauend auf Immanuel Kants klassischer Definition der Vernunft als „Ausweg der Menschen aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit“ (a) die Einheit von Ort, Zeit und Handlung, (b) die Trennung der von Bürgertum und Adel nach Komödie und Tragödie und (c) den Einsatz gehobener Sprache.

Reaktionen Gotthold Ephraim Lessing scheiterte 1767 an der Umsetzung des Regelwerks beim Schreiben seiner "Minna von Barnhelm". Er befand, daß die Empörung über die zeitgenössischen Zustände nicht genug zum Ausdruck kommen könne, um die von ihm angestrebte beißende Sozialkritik adäquat zum Ausdruck zu bringen. Lessing übte seinerzeit scharfe Kritik an Gottscheds Schrift und brach bewußt die auch im Drama obligatorische Ständeklausel, um den Bürger als Akteur mit neuer Bedeutung in der dramatischen Handlung auszustatten.

Einen Mitstreiter fand Lessing in dem aus Ostpreußen stammenden Johann Gottfried Herder, welcher um 1770 an der Universität in Straßburg dozierte. Der wortgewaltige Sprachforscher, Philosoph und Theologe Herder verkündete, Poesie sei nicht erlernbar sonder bedürfe eines angeborenen Talents, nämlich eines Originalgenies. Zu diesen sich selbst verwirklichenden Menschen, welche die schöpferische Kraft in sich trugen und deshalb keine Regeln und Konventionen beachten, zählte Herder vor allem Shakespeare und Homer. Neben den beiden Dichtern lag es Herder am Herzen die Gattung Volkslied wieder lyrisch hoffähig zu machen. Die Übersetzung beinhalte die Gefahr der Veränderung, - Volkskunst sei jedoch "authentische" und "natürliche" Kunst. Damit trat er auch an gegen engen Fessslen der allein auf Vernunft abzielenden aufklärerischen Bewegung. Die Herrschaft des Verstandes sah Herder als künstlerische Einbahnstraße an und er verkündete als neues künstlerisches Ideal die entfesselnden Möglichkeiten von Kräften der Phantasie und des Gefühlsüberschwanges. Herders Schüler, vor allem der junge Goethe, nahmen diese Impulse dankbar auf und sahen in den befreienden Gedanken eine künstlerische Form, welche dem Aufbegehren der Jugend gerecht werden kann. So durchdrang eine von Goethe, Schiller, Bürger, Lenz, Wagner, Klinger und anderen Autoren getragene erneuernde Bewegung die deutschsprachigen Literatur, welche ihre Kraft bezog aus dem jugendlich-bürgerlichen deutschen Idealismus. Herders Forderung nach "'Fülle des Herzens' und Freiheit des Gefühls, Ahnung und Treib, emotio statt ratio bezeichnen ihr Lebnsgefüh"l, in welchem sie die gesellschaftlichen Umstände analysieren und anprangern.

Trotz dieser heftigen Reaktionen besonders von seiten Herders und Goethes entwickelte sich Gottscheds Schrift im Laufe der Zeit zu einem bedeutendes Regelwerk, welches auch heute noch sehr kontrovers diskutiert wird . Gottsched selbst litt an dieser ungewollten Isolation und verbitterte zunehmend, da die Stürmer und Dränger ihn wegen seiner durchwegs rationalistschen Literaturtheorie verachteten.

Gottscheds Schrift, welche sich im Laufe der Zeit als bedeutendes Regelwerk etablierte, wird noch heute sehr sehr kontrovers debattiert.