Roger Willemsen
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Roger Willemsen (* 15. August 1955 in Bonn) ist ein deutscher Publizist, Autor, Essayist und TV-Moderator.
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[Bearbeiten] Werdegang
Geboren in Bonn, studierte Willemsen nach dem Abitur (1976) Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Bonn, Florenz, München und Wien und war seinerzeit Stipendiat des Evangelischen Studienwerks. Er promovierte über die Dichtungstheorie von Robert Musil. Die Habilitationsarbeit über „Selbstmord in der Literatur“ beendete er nicht.
[Bearbeiten] Berufliche Laufbahn
Neben dem Studium arbeitete Willemsen von 1977 bis 1981 als Nachtwächter, Reiseleiter und Museumswärter. Von 1984 bis 1986 war er als Assistent für Literaturwissenschaften an der Universität München beschäftigt, arbeitete als Übersetzer, Herausgeber und freier Autor. 1988 ging er für drei Jahre nach London, um als Korrespondent für Zeitungen und Rundfunkstationen zu arbeiten. Er übersetzte Autoren wie Umberto Eco und Thomas Moore und schrieb eigene Bücher wie Die Abruzzen oder Kopf oder Adler – Ermittlungen gegen Deutschland. Seine TV-Karriere begann Willemsen 1991 beim Pay-TV-Sender PREMIERE, der auf den Kulturkritiker aufmerksam geworden war. Er moderierte mehr als 600 Ausgaben der Interviewreihe 0137, benannt nach der Telefonvorwahl, unter der sich Zuschauer an der Live-Sendung beteiligen konnten. Das Themenspektrum des Magazins reichte von Politik bis Boulevard. Willemsen führte Gespräche unter anderem mit der Schauspielerin Audrey Hepburn, dem PLO-Chef Yassir Arafat, einem leibhaftigen „Menschenfresser“ oder auch einem entflohenen Bankräuber. Selbst die Vergewaltigung eines jungen Mannes durch seine Mutter war für Willemsen kein Tabu. 1992 wurde Willemsen von einer unabhängigen Kritiker-Jury mit dem Goldenen Kabel für die „innovativste Sendung“ und mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. 1993 erhielt er den Adolf-Grimme-Preis in Gold. Man würdigte damit Willemsens hohes Einfühlungsvermögen und die Tatsache, dass er als einer von wenigen im deutschen Fernsehen die Sätze grammatikalisch korrekt hintereinander sprach, wie der Leiter des Adolf-Grimme-Instituts in Marl, Lutz Hachmeister, anmerkte.
Im Februar 1994 wechselte Willemsen zum ZDF. Dort moderierte er vom 14. Oktober 1994 bis 5. Juni 1998 die 60-minütige Talk Show Willemsens Woche. Regelmäßiger musikalischer Gast war der mit Willemsen befreundete Jazzmusiker Michel Petrucciani.
Im Wintersemester 1995/1996 übernahm Willemsen eine Gastprofessur am Lehrstuhl für Literaturwissenschaften der Ruhr-Universität Bochum.
1996 präsentierte Willemsen im ZDF eine neunteilige Porträt-Reihe unter dem Titel Willemsens Zeitgenossen. Darin stellte er unter anderem Vivienne Westwood, Quincy Jones, Philippe Starck und John Malkovich vor.
Ab 1999 moderierte Willemsen zahlreiche Kulturveranstaltungen, darunter die Echo-Klassik-Gala oder die Brecht-Hommage zum 100. Geburtstag Und der Haifisch, der hat Zähne. Außerdem interviewte er für das ZDF-Format Willemsens Musikszene unter anderem Pierre Boulez, Herbie Hancock oder Chick Corea.
In der Sendereihe Gipfeltreffen inszenierte Willemsen filmische Doppelportraits prominenter Zeitgenossen, in der „Nachtkultur mit Willemsen“ diskutierte er aktuelle Themen aus Kunst und Kultur mit drei bis vier Gästen.
Neben seiner Tätigkeit vor der Kamera führte Willemsen unter anderem Regie beim Dokumentarfilm Non Stop – Eine Reise mit Michel Petrucciani, der mittlerweile in 13 weiteren Ländern ausgestrahlt wurde. Auf der EXPO 2000 präsentierte er eine zehnstündige Videoinstallation aus Gesprächen mit 55 Künstlern unter dem Titel Welcome Home. Künstler sehen Deutschland.
2002 erschien Willemsens Buch Deutschlandreise, in dem Fragmente einer mehrmonatigen Reise quer durch Deutschland formuliert werden.
Nach rund zweijähriger Pause als TV-Moderator moderierte Willemsen vom 3. Februar 2004 bis zum Juli 2006, als Nachfolger von Elke Heidenreich und Daniel Cohn-Bendit, den „Literaturclub“ des Schweizer Fernsehens, eine renommierte und die älteste Literatursendung im deutschsprachigen Fernsehen. „Das ist auch die Dosis Fernsehen, die mir reicht, mehr als einmal im Monat möchte ich in der Glotze lieber nicht erscheinen“, bekennt Roger Willemsen. Den Abschied von Massenfernsehen, Quote und Ruhm habe er nach eigenen Angaben „keine Sekunde lang bereut“. Im deutschen Fernsehen war er regelmäßig zu Gastkommentaren bei Sarah Kuttner – Die Show (VIVA) und dem Nachfolgeformat Kuttner. (MTV) zu sehen, als deren großer Fan er sich immer wieder gerne bekannte. Am 3. August 2006 war er auch letzter Gast der Sendung.
Roger Willemsen ist zudem in zahlreichen Hilfsorganisationen tätig, z. B. bei amnesty international und Terre des Femmes. Zugleich arbeitet er als Botschafter der von CARE International und UN-Flüchtlingshilfe gemeinsam verwirklichten Afghanistan-Kampagne „Helfen steckt an”.
Seit Herbst 2005 tourt Willemsen auch mit seinem Erzählprogramm „Und Du so?” durch deutsche Theater.
2006 erschien sein Buch Hier spricht Guantánamo, in dem er ehememalige Guantanamo-Häftlinge über ihre Haftumstände interviewt.
Derzeit lebt Willemsen in Hamburg. Er ist ledig.
[Bearbeiten] Veröffentlichungen (Auswahl)
- Das Existenzrecht der Dichtung (1984)
- Robert Musil – Vom intellektuellen Eros (1985), ISBN 3-492-05208-8
- Der Selbstmord (1986), ISBN 3-462-03169-4
- Die Marken (1987), ISBN 3-7701-1391-8
- Figuren der Willkür (1987), ISBN 3-492-03171-4
- Giacomo Casanova - Aus meinem Leben (1989), ISBN 3-15-000687-2
- Die Abruzzen (1990), ISBN 3-7701-2256-9
- Das Tier mit den zwei Rücken (1990), ISBN 3-462-02076-5
- Kopf oder Adler – Ermittlungen gegen Deutschland (1990), ISBN 3-423-30405-7
- Gewaltakte (1993, zusammen mit Helke Sander), ISBN 3-922930-12-3
- An der Grenze (1994), ISBN 3-462-02317-9
- Menschen aus Willemsens Woche (1996), ISBN 3-352-00610-5
- Das Kaff der guten Hoffnung (1997), ISBN 3-251-00374-7
- Noch eine Frage (1997), ISBN 3-89029-102-3
- Die andere Seite der Nacht (1998), ISBN 3-462-03169-4
- Bild dir meine Meinung (1999), ISBN 3-89320-021-5
- Die Deutschen sind immer die anderen. Künstler sehen Deutschland. 40 Gespräche (2001), ISBN 3-89487-390-6
- Deutschlandreise (2002), ISBN 3-8218-0718-0, ISBN 3-596-16023-5 (Taschenbuch)
- Karneval der Tiere (2003), ISBN 3-8218-0947-7
- Gute Tage (2004), ISBN ISBN 3-10-092100-3
- Kleine Lichter (Frühjahr 2005), ISBN 3-10-092102-X
- Unverkäufliche Muster (September 2005), ISBN 3-596-16733-7
- Ein Schuss, ein Schrei - das Meiste von Karl May (Oktober 2005), ISBN 3-0369-5224-1
- Hier spricht Guantánamo. Roger Willemsen interviewt Ex-Häftlinge. (Februar 2006), ISBN 3-86150-757-9
- Afghanische Reise (März 2006), ISBN 3-10-092103-8
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)
- Das Goldene Kabel (1992)
- Bayerischer Fernsehpreis (1992)
- Adolf-Grimme-Preis in Gold (1993)
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Roger Willemsen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website von Roger Willemsen
- Willemsens Welt - kritischere Rezension von „Hier spricht Guantánamo“, konkret März 2006
[Bearbeiten] Interview
- "Die Korrektur der Bilder": Willemsen über Guantanamo, das moderne Lager und Afghanistan. http://www.islamische-zeitung.de/?id=7084
- Roger Willemsen im Interview zu „Hier spricht Guantánamo“, taz März 2006
- Im Interview mit Jörg Steinleitner, 2005
- Interview Amnesty Journal Dezember 2003 / Januar 2004
- Interview Sonntagsblat » Ich will die maximale Erregung«
- Interview BR Online - Kleine Lichter
- Interview die Zeitschrift - Epiphanie des Bildungs-Glücks
[Bearbeiten] Podcast
- Roger Willemsen: Hier spricht Guantanamo und Brehms Tierleben - Buchmesse-Podcast 2006 des Literatur-Cafés
- Roger Willemsen: Allgemein zur Buchmesse - Buchmesse-Podcast 2005 des Literatur-Cafés
Personendaten | |
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NAME | Willemsen, Roger |
KURZBESCHREIBUNG | Publizist, Autor, Essayist und Moderator |
GEBURTSDATUM | 15. August 1955 |
GEBURTSORT | Bonn |
Kategorien: Mann | Deutscher | Publizist | Fernsehmoderator | Autor | Geboren 1955