Sekundärradar
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Ein Sekundärradar ist ein Radar, das mit aktiven Zielen arbeitet.
Vorteile des Sekundärradars gegenüber dem Primärradar sind dessen deutlich höhere Reichweite (folgt aus der Radargleichung) sowie die Möglichkeit der Identifizierung des Zieles. Anwendung finden Sekundärradare hauptsächlich in der Luftfahrt, jedoch wurden mit der Zeit auch andere Anwendungsgebiete erschlossen.
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[Bearbeiten] Funktionsweise
Im Gegensatz zu einem Primärradar (oft auch nur als Radar bezeichnet), dessen Ziele das ausgesendete Radarsignal rein passiv zurückstreuen, antworten aktive Ziele auf ein empfangenes Radarsignal mit dem Aussenden einer Antwort auf der gleichen oder einer anderen Frequenz.
Hierzu wird der Radarimpuls mit einer Antenne empfangen und löst die Ausstrahlung eines charakteristischen „Echos“ über die gleiche Antenne aus.
Diese Antwort kann eine charakteristische Modulation oder ein Datenpaket sein.
Im einfachsten Fall ist dies der verzögerte Radarimpuls selbst, bei ersten Systemen zur Freund-Feind-Kennung erhielt man so einen doppelten Punkt auf dem Radarschirm - einen Punkt vom passiven Reflexionssignal und einen weiteren vom (verzögerten) Sekundärradar.
[Bearbeiten] Luftfahrt
Sekundärradar wird in der zivilen und militärischen Luftfahrt mit einander kompatiblen Systemen angewendet:
- zivil: „SIF“ für Selective Identification Feature sowie „SSR“ für Secondary Surveillance Radar
- militärisch: „IFF“ für Identification Friend or Foe - Freund-Feind-Erkennung)
Sekundärradar bietet in der Luftfahrt zusätzliche Informationen über ein Flugzeug, welches ein herkömmliches (Primär-) Radar nicht bzw. nicht in der Qualität ermitteln kann.
Es gibt verschiedene Abfrage-/Antwortmodi, je nachdem, welche Information vom Flugzeug abgefragt werden soll. Es sind zur Zeit 7 verschiedene Modi genormt: 4 militärische (1,2,3,4) und 4 zivile (A,B,C,S) wobei Mode 3 und Mode A identisch sind.
Mode A (zivil) oder der identische Mode 3 (militärisch): "Kennung" oder "Squawk"
- Abfrage des Mode A Codes durch die Radaranlage: zwei Impulse mit 8µs Abstand
- Antwort des Transponders im Flugzeug: Übertragung des Mode A Codes
- Der Mode A Code ist eine vierstellige Zahl (oktal 0000 bis 7777; drei Bit bzw. Pulse pro Stelle BCD-Kodiert) zur Identifikation des Flugzeugs. Er wird vom Piloten am Transponder direkt oder an der abgesetzten Bedieneinheit eingegeben.
Ein Flugzeug, das im kontrollierten Luftraum von einem Fluglotsen geführt wird, erhält mit seinem Flugplan in der Regel auch einen eigenen Mode A Code zugewiesen. Hiermit kann das Flugzeug in den Flugsicherungssystemen am Boden eindeutig identifiziert werden. Neben den individuellen Mode A Codes gibt es auch sogenannte Gruppencodes, die einer bestimmten Gruppe von Flugzeugen zugewiesen sind.
Gruppencodes in Deutschland:
- 0020 = Rescue (Rettungshubschrauber)
- 0021 = VL (VFR-Low - wird empfohlen für VFR-Flüge unterhalb von 5000 ft)
- 0022 = VH (VFR-High - vorgeschrieben für VFR-Flüge ober von 5000 ft)
- 0025 = PJE (Fallschirmspringen)
- 0030 = CAL (Flugvermessung)
- 0032 = ?? (Identifizierungszone)
- 0033 = VM (VFR-Militär)
- 0034 = SAR (SAR)
- 0035 = AIRCALL (VFR -> IFR)
- 7777 = PARROT (bodenseitiger Testtransponder der Radaranlage)
Weitere Mode A Codes sind zur Signalisierung von Notfällen reserviert, z.B.
- 7500 = Entführung
- 7600 = Funkausfall
- 7700 = Allgemeiner Notfall
Mode C (zivil): "Flughöhe" Anfrage: zwei Impulse mit 21 µs Abstand Antwort: Höhe des Flugzeuges in 100-Fuß-Schritten. Dieser Wert wird von einem barometrischen Höhenmesser ermittelt, der in allen Flugzeugen der Welt die selbe Standardeinstellung hat (ICAO Standard Atmosphere). Der Wert wird technisch ähnlich wie der Mode 3/A übertragen, jedoch nicht direkt oktal codiert, sondern im so genannten Gilham- bzw. Gray-Code (Wertebereich -1000 bis 127.000 Fuß).
Mode S (zivil): Anfrage: vier Impulse mit zum Teil variablem Abstand Antwort: bis zu 112 Bit, die diverse Informationen wie Kurs, Geschwindigkeit oder Ausweichempfehlungen vom bordeigenen Kollisionswarnsystem (siehe TCAS) enthalten können. Der genaue Inhalt kann vom Fluglotsen aus einem Pool von Möglichkeiten ausgewählt werden.
Die restlichen zivilen Modi spielen heutzutage keine Rolle mehr. Der militärische Mode 4 ist für zivile Geräte nicht auswertbar, da die Antworten kodiert sind und der Inhalt klassifiziert ist.
Bei den Anfragen, die generell auf 1030 MHz gesendet werden, ist jeweils noch ein kleinerer "Störschutzimpuls" integriert, damit eventuelle Störungen durch benachbarte Radargeräte oder falsch eingestellte Antennen erkannt und eliminiert werden können. Die Anfrage wird durch ein Gerät namens Transponder im Flugzeug empfangen und auf 1090 MHz mit einem Antworttelegramm beantwortet, welches bei allen Modi außer "4" und "S" 20,3 µs lang ist.
[Bearbeiten] Ausrüstungsvorschrifen
In Deutschland ist ein Transponder vorgeschrieben:
- Bei IFR-Flügen (§3 FSAV)
- Bei VFR-Flügen in den Lufträumen C und D (nicht Kontrollzone) (§ 4 FSAV)
- Bei VFR-Flügen in Lufträumen mit vorgeschriebener Transponderschaltung (Transponder Mandatory Zone - TMZ) (§ 4 FSAV)
- Bei VFR-Flügen bei Nacht im kontrollierten Luftraum (§ 4 FSAV)
- Bei VFR-Flügen mit motorgetriebenen Luftfahrzeugen oberhalb 5000 ft über NN oder oberhalb einer Höhe von 3500 ft über Grund (§ 4 FSAV)
[Bearbeiten] Weitere Anwendungen
Neben der Luftfahrt, die sicherlich den größten Anwender der Radartechnologie darstellt, werden Radarsysteme (sowohl primäre als auch sekundäre) auch in luftfahrtfremden Bereichen eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz von Sekundärradaren in der Automobiltechnik. Moderne Automobile verwenden ein sekundäres FMCW-Radar, um die Entfernung eines Funkschlüssels zum Kraftfahrzeug festzustellen. Dabei wird neben der Laufzeitmessung des Signals auch eine Datenübertragung durchführt, die den Schlüssel gegenüber dem Fahrzeug identifiziert. Erst bei erfolgreicher Identifikation und geringer Entfernung des Schlüssels zum Fahrzeug wird das Schließsystem der Türen entriegelt. Eine zusätzliche Innen-Außenraum-Erkennung stellt sicher, dass der Antrieb nur gestartet werden kann, wenn sich der Schlüssel innerhalb des Fahrzeugs befindet.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Quellen
Literatur: Klausing, H., Holpp, W: Radar mit realer und synthetischer Apertur, Oldenbourg, München, 2000