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Sprossenrad

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Sprossenrad aus der Skizze einer Rechenmaschine von Leibniz
Sprossenrad aus der Skizze einer Rechenmaschine von Leibniz
Nachbau nach Leibnitz
Nachbau nach Leibnitz

Ein Sprossenrad ist ein Zahnrad mit verstellbarer Zähneanzahl. Es dient vor allem als Antrieb für mechanische Rechenmaschinen. Sprossenradmaschinen werden in Europa auch als Odhner- oder Brunsviga-Maschinen bezeichnet. Das zentrale Element dieser Maschinen ist ein Rad mit einer verstellbaren Anzahl von Zähnen (Sprossen).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Historische Entwicklung

Aus der Hand von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) stammt der erste bekannte Entwurf eines Sprossenrades. Es wird vermutet, dass er dieses Sprossenrad neben der später von ihm verwendeten Staffelwalze als Antrieb für seine Rechenmaschinen erwog. Bei seinem Sprossenradentwurf musste ein Zahn angehoben werden, der alle seine Vorgänger mit anhob. Eine entsprechende Einstellvorrichtung und der Sprossenradkörper sind auf der Zeichnung nicht vorhanden.

Klappsprossenrad von Poleni
Klappsprossenrad von Poleni

Der italienische Astronom und Mathematikprofessor Giovanni Poleni (1683-1761) baute eine hölzerne Rechenmaschine mit Gewichtantrieb, die er 1709 in "Miscellanea" auf Seite 27 beschrieb. Das von ihm entworfene Sprossenrad funktionierte mit neun Klappsprossen. Ein erstes, noch nicht zufriedenstellend arbeitendes Rechenmaschinenmodell zeigte Poleni, dass sein Antriebsprinzip tauglich war. Eine zweite Maschine, sorgfältiger gearbeitet und aus härterem Holz gebaut, gelang ihm nach Wunsch. Dazu ist zu bemerken, dass die Maschine maximal dreistellige Zahlen verarbeiten konnte, groß und unhandlich war, die Drehzahl des Räderwerks stark gebremst wurde sowie der Zehnerübertrag mangelhaft funktioniert haben soll. Zusammenfassend sei sie, wie Bischoff schreibt, "ein unvollkommenes und unbrauchbares Werkzeug" gewesen. Jedoch mag die Veröffentlichung der Konstruktion und Funktionsweise der Poleni-Maschine späteren Konstrukteuren von Sprossenradmaschinen als Anregung gedient haben.

Der Schwabe Antonius Braun (1686-1728) entwickelte 1727 eine Sprossenradmaschine, die heute im Besitz des Technischen Museum für Industrie und Gewerbe Wien ist. Die grundlegende Idee zur Entwicklung einer Sprossenradmaschine könnte Braun von Poleni haben, dessen Maschine in Theatrum arithmetico – geometricum von Jacob Leupold 1727 beschrieben wurde, einer Veröffentlichung, die Braun vermutlich kannte. Neben dieser Sprossenradmaschine baute Braun auch noch eine Stellsegmentrechenmaschine.

Sprossenrad von Roth
Sprossenrad von Roth

Aus den Jahren 1841 und 1848 stammen zwei runde Sprossenradmaschinen des französischen Arzt Didier Roth, die heute im Besitz des Pariser Musée National des Techniques sind. Ein englisches Patent für diese Erfindung erhielt er im Jahre 1843. Obwohl die Maschinen unzuverlässig gewesen sein sollen, waren die verwendeten Sprossenräder ausgereift. Weitere Arbeiten von Roth sind eine Klassifikation von Rechenmaschinen aus dem Jahre 1843 und eine kleine, längliche Addiermaschine namens "Additionneur" aus dem Jahre 1841, welche mittels eines Einstellstifts bedient wurde.

Englisches Patent No 9816 von Wertheimber
Englisches Patent No 9816 von Wertheimber

Eine weitere Sprossenradmaschine stammt von dem Engländer David Isaac Wertheimber, die im Jahre 1843 patentiert wurde. Das später von Odhner verwendete Sprossenrad ist Wertheimbers Konstruktion sehr ähnlich. Beide verstellen die Sprossen mit Hilfe eines Kurvenschlitzes. Über eine Realisierung Wertheimbers Maschine ist nichts bekannt.

Querschnittzeichnung einer Baldwin-Sprossenradmaschine
Querschnittzeichnung einer Baldwin-Sprossenradmaschine

Der Amerikaner Frank Stephen Baldwin (1838-1925) übersandte am 5. Oktober 1872 eine komplette Beschreibung und Zeichnungen einer von ihm entwickelten Sprossenradmaschine dem Amerikanischen Patentamt, um seine Rechte an dieser Erfindung zu wahren. Am 8. September 1873 wurde diese Rechenmaschine oder eine Weiterentwicklung zum Patent angemeldet, das ihm am 2. Februar 1875 mit der Nr. 159 244 erteilt wurde. Wie aus der Abbildung hervorgeht, sind die Sprossen in seiner Konstruktion federnd gelagert und werden mit einem halbkreisförmigen Stellring aus dem Sprossenradkörper gedrückt. Ähnlich wie bei den späteren Odhner-Rechenmaschinen wird auch bei Baldwin der Zehnerübertrag mit dem Sprossenrad realisiert. In seinen Patentzeichnungen ist auch ein Druckwerk für diese Maschinen enthalten. Bis zum Jahre 1874 wurden zehn dieser "Baldwin-Calculators" hergestellt: Obwohl für eine Serienproduktion konzipiert, wurden nie größere Stückzahlen produziert. Seine Maschine soll zu teuer und für mechanische Fehler anfällig gewesen sein.

Baldwin beschäftigte sich auch mit anderen Rechenmaschinenkonstruktionen. So war die von ihm entwickelte Monroe-Rechenmaschine, eine Volltastatur-Staffelwalzenmaschine, ein kommerzieller Erfolg.

[Bearbeiten] Funktionsweise

Skizze von Henry Wassén siehe Literatur
Skizze von Henry Wassén siehe Literatur

Im folgenden wird das Sprossenradprinzip der Odhner-Maschinen beschrieben:

Neun Sprossen sind in radial eingefräste Nuten in einem Sprossenradkörper gelagert. Gegenüber dem Sprossenradkörper ist in den drehbaren Stellring ein Kurvenschlitz eingebracht, der die Sprossen in ihrer Position hält. Wird der Stellring im Uhrzeigersinn gedreht, so schieben sich die Sprossen nacheinander nach außen. Eine auf dem Gehäuse der Rechenmaschine angebrachte Skala ist so aufgeteilt, dass die Anzahl der herausgeschobenen Sprossen gleich der eingestellten Zahl ist. Wird nun das gesamte Sprossenrad durch die Antriebskurbel gedreht, greifen null bis neun Sprossen in ein Übertragungszahnrad.

Eine Besonderheit der Sprossenradkonstruktion der Odhner-Rechenmaschinen ist, dass auch der Zehnerübertrag mit ihm realisiert wird: Zusätzlich zu den neun Sprossen befinden sich noch zwei federnd gelagerte Zehner-Sprossen an dem Sprossenrad, die durch den Zehnervorbereitungshebel in die Verarbeitungsebene gedrückt werden können.

[Bearbeiten] Würdigung des Sprossenrades

Während sich im Verlauf des 19-ten Jahrhunderts Vier-Spezies-Maschinen mit Staffelwalzenantrieb offenbar einfacher zur Marktreife entwickeln lassen, übernehmen Anfang des 20-ten Jahrhunderts Maschinen mit Sprossenrad auf dem europäischen Markt die Vorherrschaft.

Diese lassen sich kostengünstig fertigen, haben kompakte Ausmaße und sind auch unter rauhen Bedingungen wartungsarm. Einzelne Modellreihen werden in einigen 10.000 Stück produziert.

Späte Sprossenradmaschine Brunsviga 13 RM
Späte Sprossenradmaschine Brunsviga 13 RM

Zum Ende der Entwicklungsgeschichte mechanischer Rechenmaschinen müssen diese mit den ersten elektronischen Rechnern konkurrieren. Hier hat die Staffelwalze den Vorteil, dass sich diese via Motorkraft schnell drehen lässt. Bei Sprossenrädern sorgt die veränderliche Zähneanzahl für einen wechselnden Schwerpunkt, der nur aufwändig mechanisch auszugleichen wäre.

[Bearbeiten] Sprossenradmaschinen mit Motorkraft

Sowohl Staffelwalzenmaschinen als auch solche mit Sprossenrädern wurden schon frühzeitig mit Motoren ausgerüstet. In Deutschland stellte vor 1939 die Firma Walther (Zella-Mehlis) erfolgreich das Modell EMKD her, bei dem der Elektromotor den Staffelwalzenrotor und den Zählwerkschlitten antrieb. So entstand ein kleiner Halbautomat, bei dem die Division - nach Voreinstellung der Werte - automatisch ablief. Bei Multiplikationen kam ein Wahlhebel zum Einsatz, der den zweiten Faktor halbautomatisch Stelle für Stelle abarbeitete.

Den größten Erfolg mit motorisierten Sprossenradmaschinen hatte die schwedische Firma Facit. Ihre Automaten erschienen auch schon vor 1939 auf dem Weltmarkt und erzielten großen Absatz bis in die 70er Jahre. Ihr größter Vorteil war der leise Gang und die schnelle Einstellung aller Werte per Tasten.

Die letzten Sprossenradmaschinen sind preiswerte von Hand betriebene Geräte, wie die abgebildete Brunsviga 13 RM. Diese wurde bis in die 60er-Jahre des 20-ten Jahrhunderts in Spanien produziert.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Johann Paul Bischoff: Versuch einer Geschichte der Rechenmaschine, München: Systhema, 1900
  • Franz Trinks: Geschichtliche Daten aus der Entwicklung der Rechenmaschine von Pascal bis zur Nova-Brunsviga, Braunschweig, 1927
  • J. A. V. Turk: Orgin of Modern Calculating Machines – Technology and Society, Chicago, 1921
  • Henry Wassén: The Odhner History – An Illustrated Chronicle of "A Machine to Count on". Wezäta, Gothenburg 1951
  • Ernst Eberhard Wilberg: Die Leibniz'sche Rechenmaschine und die Julius-Universität in Helmstedt, Braunschweig, 1977
  • Ernst Martin: Die Rechenmaschinen und ihre Entwicklungsgeschichte, Pappenheim, 1925 mit Ergänzungen von 1936
Andere Sprachen
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