Störungstheorie
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Die Störungstheorie ist eine wichtige Methode der mathematischen Physik, die Auswirkungen einer Störung auf ein analytisch lösbares System untersucht. Vor der Erfindung des Computers war es nur durch solche Methoden möglich, Näherungslösungen für analytisch nicht geschlossen lösbare Probleme zu finden. Entwickelt wurde sie zunächst vor allem im Rahmen der Himmelsmechanik, bei der die Abweichungen der Planetenbahnen von der exakten Lösung des Zweikörperproblems, also den Ellipsen, durch Wechselwirkung mit anderen Himmelskörpern untersucht wurden. Die Störungstheorie ist als perturbativ anzusehen, da sie lediglich beliebig genaue Näherungen des unbekannten exakten Ergebnisses liefert.
Allerdings liefert die Methode der Störungstheorie nicht nur konvergente, also reale Lösungen, sondern hauptsächlich asymptotische Reihen, die einer genauen Interpretation bedürfen.
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[Bearbeiten] Stationäre Störungstheorie in der Quantenmechanik (Rayleigh-Schrödinger)
Die stationäre Störungstheorie kann bei Systemen angewendet werden, bei denen der Hamiltonoperator aus einem diagonalisierbaren Anteil und einer Störung besteht:
- H = H0 + λH1
Dabei soll der Parameter λ so klein sein, dass die Störung das Spektrum von H nicht zu sehr verzerrt. Dafür gibt es allerdings keine genauen Regeln, man muss die Konvergenz der so erhaltenen Lösungen explizit nachprüfen. Man setzt für die gestörten Eigenwerte und -zustände eine Potenzreihe im Parameter λ an, wir betrachten zunächst einen nicht entarteten Eigenraum zum Energieeigenwert En:
Natürlich muss die zeitunabhängige Schrödingergleichung erfüllt sein:
Einsetzen der Potenzreihe liefert
Zusammenfassen von Gliedern gleicher Potenz in λ liefert die Folge von Gleichungen
usw.
Diese Gleichungen können iterativ nach und
aufgelöst werden, der Term für k = 0 ist die ungestörte Schrödinger-Gleichung, man spricht daher auch von der Störung nullter Ordnung, wenn man sich auf die ursprüngliche, exakt bekannte Lösung bezieht, analog spricht man von der Störung k-ter Ordnung, wenn man die Lösung bis zu den Termen
und
berechnet.
Aus der zweiten Gleichung ist erkennbar, dass eindeutige Lösungen für nur mit zusätzlichen Annahmen bestimmt werden können, da jede Linearkombination von
und
eine gültige Lösung ist. Eine geeignete zusätzliche Annahme zur eindeutigen Bestimmung der Störterme ist die Definition :
Da der ungestörte Zustand normiert sein soll, folgt sofort
und daraus
Man erhält in erster Ordnung die Korrekturen
und für die Korrektur der Energie in zweiter Ordnung
Die sind dabei die weiteren Eigenfunktionen zum ungestörten Operator H0 mit den entsprechenden Eigenwerten
. Hier erkennt man auch das Problem bei der Behandlung von entarteten Zuständen in der Störungstheorie, da die Nenner verschwinden würden. Um dieses Problem zu lösen muss eine unitäre Transformation durchgeführt werden, um in den entarteten Eigenräumen H0 und H1 zu diagonalisieren, dann verschwinden die problematischen Terme in den obigen Ausdrücken.
[Bearbeiten] Geschichte
Die Störungstheorie wurde erstmals bei astronomischen Problemen verwendet und ist heute hauptsächlich in der Quantentheorie und der theoretischen Physik in Verwendung. Daneben wurde die Störungsstheorie in neurer Zeit auch in den Wirtschaftswissenschaften zur Beschreibung mikroökonomischer Systeme verwandt, wobei die Entsprechung zu λ hier Perturbationskoeffizient heißt.
[Bearbeiten] Klassische Literatur
- Leonhard Eulers Werke zur Störungstheorie (Bände 26 und 27 der Series secunda)
- Martin Brendels Theorie der kleinen Planeten Teil I-IV (veröffentlicht 1898-1911)