Stopfkuchen
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Stopfkuchen ist ein (Kriminal-)Roman von Wilhelm Raabe mit dem Untertitel „Eine See- und Mordgeschichte“. Der Ich-Erzähler Eduard besucht - als erfolgreicher Großfarmer in Südafrika - seine deutsche Heimatstadt. Er trifft dort seinen Jugendfreund Heinrich Schaumann, genannt "Stopfkuchen". Dieser ist Erbe der "Roten Schanze", eines Hofes außerhalb der Stadt, dessen Vorbesitzer in Eduards Jugend in der ganzen Gegend berüchtigt gewesen war, weil man ihm den Mord an einem Viehhändler nachsagte. Stopfkuchen hat dessen Tochter geheiratet, und erst auf den letzten Seiten verrät er Eduard die lang verschwiegene Wahrheit über den Mord.
„Stopfkuchen“ wurde von Wilhelm Raabe im Mai 1890 beendet. Raabe erwähnte mehrmals, dass er es für sein bestes Buch halte. Bedeutsam darin ist, dass der Ich-Erzähler die seelischen und sozialen Verhältnisse nie ganz durchschaut hat, und auch noch bei seiner Niederschrift über den Titelhelden rätselt, der ihm durchaus besser auf den Grund schaut, als er sich selbst. Wer den Roman liest, muss sich also hüten, die Perspektive Eduards zu seiner eigenen zu machen.
Zeit der Handlung: Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts
Ort der Handlung: Arkadien - eine (ironisch) so benannte Kleinstadt in Norddeutschland, abgelegen irgendwo zwischen Lausitz und Harz
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Handlung
Der Erzähler Eduard ist zur Zeit des Erzählens ein erfolgreicher Viehwirt in Südafrika. Nach einem Besuch in seiner deutschen Heimatstadt schreibt er auf der Rückfahrt an Bord nieder, was er erlebt hat.
Nach seiner Ankunft hat er als Erstes hören müssen, dass ein ehemaliger guter Freund gestorben sei, der Postbote Störzer, und er findet nur noch den Aufgebahrten vor.
Außerdem erfährt Eduard Etliches über seinen fetten Schulkameraden Heinrich, der seit seiner Kindheit „Stopfkuchen“ genannt wird. In ihrer gemeinsamen Schulzeit war Stopfkuchen der Außenseiter, der oft von Mitschülern gehänselt wurde. Schon damals faszinierte ihn die „Rote Schanze“, ein Hof außerhalb der Stadt. Dieser Hof war aus zwei Gründen berüchtigt: Dort hatten Truppen im Siebenjährigen Krieg geschanzt und die Stadt stark beschossen. Außerdem lebte dort in Eduards und Heinrichs Jugend der Bauer Andreas Quakatz, den jedermann verdächtigte, den Viehhändler Kienbaum erschlagen zu haben. Auch wenn nichts bewiesen werden konnte, führten die ständigen Gerüchte dazu, dass Quakatz mit seiner Tochter Valentine abgeschottet auf dem Hof lebte. Er begegnete Außenstehenden feindselig und galt als brutal. Stopfkuchen freundete sich aber als Jugendlicher mit Valentine an, doch sie müssen sich trennen, als er und Eduard die Stadt zum Studieren verlassen.
Nun als Erwachsener hört Eduard zu seiner Verblüffung, dass Stopfkuchen sein Studium abgebrochen hat, um zur Roten Schanze zurück zu kehren. Er besucht Stopfkuchen und seine Frau auf der Roten Schanze, sie machen einen sehr zufriedenen Eindruck. Stopfkuchen erzählt ihm ausführlich von seinen weiteren Erlebnissen mit der Roten Schanze: Als er von seinem Studium zurückkehrte, sei Quakatz inzwischen schwachsinnig geworden, habe aber Stopfkuchen als den Jugendfreund seiner Tochter erkannt und ihn zum neuen Verwalter der Roten Schanze gemacht. Zusammen mit Valentine erledigt der 'faule' Stopfkuchen die vernachlässigten Geschäfte gut, schließlich heiraten die beiden. Zur Hochzeit laden sie die gesamte Gemeinde ein, was hilft, den schlechten Ruf der Roten Schanze und seiner Besitzer zu bessern. Als Andreas Quakatz stirbt, kommt dann die ganze Stadt zu seiner Beerdigung.
Als oft verspottetem und an den Rand gedrängtem Beobachter ist Stopfkuchen Vieles aufgefallen, und er findet sogar den Täter heraus - den er aus bestimmtem Grunde lange Zeit nicht anzeigt. Indem er es Eduard eröffnet, eröffnet er es nunmehr bewusst allen, denn er erzählt es in der gut besuchten Gaststube im Ort. (Wer die Tat beging und warum, sollte auch in einer Enzyklopädie bei einem Kriminalroman nicht unbedingt mitgeteilt werden.)
[Bearbeiten] Personenübersicht
Nach einer Weile fällt auf, dass vier der sechs Hauptpersonen ausgesprochene Außenseiter sind, die lange verachtet waren; genau dies ist für das Verständnis der Geschichte zentral wichtig. Denn alle Vier schützen einander nachhaltig.
Eduard ist in Arkadien aufgewachsen, Sohn eines Postbeamten. In der Jugend wurde er ein Freund des Landbriefträgers Fritz Störzer, den er oft auf seinen Arbeitswegen begleitete. Dabei wuchs Eduards Begeisterung für die Natur und für fremde Länder, über die er sich mit Störzer viel unterhielt. Außerdem war er halb und halb ein Freund von Heinrich Schaumann, den er gegen die Anderen jedoch nie entschlossen verteidigt und wie alle "Stopfkuchen" genannt hat. Schaumann erwähnt durchaus, dass trotz der Freundschaft auch Eduard ihn manches Mal gehänselt habe. Eduard verließ die Heimat für das Studium, arbeitete dann eine Weile als Schiffsarzt, bevor er ein erfolgreicher Schafzüchter "im Burenlande" (Transvaal) wird. Er heiratete dort und hat zahlreiche Kinder. Unmittelbar vor der Niederschrift der ganzen Geschichte hatte er jetzt die Heimat wieder aufgesucht, wo er als Erstes vom eben geschehenen Tod Störzers erfahren musste, und auch, was aus Stopfkuchen geworden ist. Bei einem Besuch erzählte dieser ihm in langen Erzählpartien über das Leben in Arkadien und zuletzt die wahre Geschichte von Kienbaums Ende. Auf der Seereise zurück nach Afrika schreibt Eduard die Ereignisse seiner Kindheit und seines Besuches nieder.
Heinrich Schaumann bekommt seinen Spottnamen „Stopfkuchen“ in der Jugend, weil er so sehr dick ist. Eduard beschreibt ihn rückblickend als "nicht nur [...] den Dicksten, Faulsten und Gefräßigsten [...], sondern auch [...] den Dümmsten unter uns". Er hat schlechte Schulnoten und wird sogar oft verfolgt und verprügelt. Umgang hat er fast nur mit Eduard. Außerdem hat er noch näheren Kontakt zum Registrator Schwartner, der ihn für die Geschichte der Roten Schanze begeistert, wo Heinrich im Sommer lange weilt und die Welt beobachtet. So lernt er Valentine Quakatz kennen, als beide einmal von Jugendlichen des Dorfes angegriffen werden. Er verlässt die Stadt zum Studieren, bricht das Studium aber aus Heimweh ab, worauf sein Vater ihn verstößt. Heinrich geht zur Roten Schanze und wird vom inzwischen altersschwachen Bauern Quakatz zum Verwalter des Hofes ernannt. Er heiratet Valentine und schafft es mit ihr, den Hof wieder profitabel zu machen. Trotzdem bleibt er ein sehr beleibter, scheinbar gemütlicher Mensch, der seine Tage hauptsächlich mit ausgedehnten Mahlzeiten verbringt. Sein einziges Hobby ist das Untersuchen von prähistorischen Knochen, die er in der Nähe der Roten Schanze findet. Er wirkt auf Eduard überraschend selbstbewusst und neigt zum ausschweifendem Erzählen.
Andreas Quakatz: In der Jugend von Eduard und Heinrich ist Quakatz der Bauer auf der „Roten Schanze“. Er lebt dort nur mit seiner Tochter Valentine und einigen Knechten. Er gilt als der Mörder des Viehhändlers Kienbaum, weil er sich mit ihm gestritten hatte, kurz bevor Kienbaum erschlagen worden war. Diese Beschuldigung macht ihn misstrauisch und abweisend gegenüber anderen Menschen. Er führt viele Gerichtsprozesse gegen Leute, die behaupten, er sei der Mörder, wodurch er sich hoch verschuldet. Er kann sehr jähzornig werden und verprügelt manchmal seine Tochter, außerdem trinkt er. Er duldet jedoch Stopfkuchen auf dem Hof als Freund seiner Tochter. Während dieser studiert, erleidet Quakatz einen Schlaganfall und wird senil. Er spricht nur noch von den Anschuldigungen über ihn. Als Stopfkuchen seine Tochter heiratet, erlebt er noch, dass die Stadtbewohner seinetwegen das Fest mitfeiern. So fühlt er seine Ehre wiederhergestellt, bevor er einige Zeit darauf stirbt.
Valentine Quakatz ist das einzige Kind von Andreas Quakatz und damit Erbin der Roten Schanze. In ihrer Kindheit wird sie oft als „Wildkatze“ bezeichnet, weil sie struppig und scheu daherkommt und Fremden gegenüber sehr abweisend ist. Sie ist unter den Kindern eine Außenseiterin und bewacht oft mit einigen wilden Hunden den Hof. Als erwachsene Frau dagegen ist sie - erstaunlich für Eduard - freundlich und ordentlich, kümmert sich sehr liebevoll um ihren Mann Heinrich und reagiert verständnisvoll auf seine ausufernden Erzählungen und seinen Hang zur Gemütlichkeit.
Fritz Störzer kommt aus sehr einfachen Verhältnissen. Während seines ganzen Lebens als Landbriefträger in Wind und Wetter ist er nie einen Tag krank und nimmt sich keinen Tag frei. Er war mit Eduard schon befreundet, als der noch ein Junge war und seine große Touren mit ablief, und hat ihn mit seiner Begeisterung für die Literatur über fremde Länder angesteckt - auch wenn er selbst betont, seine Vaterstadt nicht verlassen zu wollen. Beruflich ist er der Einzige, der immer wieder Quakatz erlebt und trägt viele Züge zu dessen Charakter bei.
Kienbaum: geschäftstüchtiger Viehhändler. Er wächst in wesentlich besseren Verhältnissen als Störzer auf. Dieser beschreibt ihn als arrogant und herablassend - er war mit Kienbaum auf der Schule und beim Militär und hat auch unter ihm gelitten. In seiner Militärzeit schwängert Kienbaum eine Frau, verweigert ihr aber jede Unterstützung. Nach einem Streit mit Andreas Quakatz wird er im nahen Wald erschlagen.
[Bearbeiten] Literatur
- Ulf Eisele: Der Dichter und sein Detektiv. Raabes „Stopfkuchen“ und die Frage des Realismus. Tübingen: Niemeyer 1979. ISBN 3-484-10328-0
[Bearbeiten] Weblinks
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