Strahlendosis
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Strahlendosis ist ein Begriff aus dem Gebiet der medizinischen Strahlentherapie und des Strahlenschutzes, das heißt des Schutzes vor den Folgen ionisierender Strahlung. Man unterscheidet verschiedene Dosisgrößen, z. B. Ionendosis (C/kg, alte Einheit Röntgen) oder - Gegenstand dieses Beitrags - Energiedosis (J/kg) und die für verschiedene Strahlenarten unterschiedlich radiologisch bewertete Energiedosis, z. B. Äquivalentdosis oder Effektive Dosis .
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Empfehlungen
Nach heutigen Empfehlungen wird insbesondere in der medizinischen Strahlentherapie die Energiedosis (D), die pro Kilogramm bestrahlter Materie oder bestrahlten Gewebes absorbierte Energie, gemessen in Gy (Gray), 1 Gy = 1 J/kg, verwendet. Zur Berücksichtigung unterschiedlicher biologischer Wirksamkeit werden Bewertungsfaktoren (RBW-Faktoren) angewendet.
Im Strahlenschutz hat man zur Berücksichtigung des für verschiedene Strahlenarten und für verschiedene Gewebearten unterschiedlichen Strahlenrisikos radiologisch bewertete Dosisgrößen definiert: 1) Zur Festlegung von Grenzwerten dient die Körperdosis in Form der Organdosis und der Effektiven Dosis. 2) Als Strahlenschutzmessgröße dient die Äquivalentdosis in Form der Umgebungsäquivalentdosis oder der Personendosis. Die gemeinsame Einheit aller radiologisch bewerteter Dosisgrößen ist Sv (Sievert), wobei in vielen Fällen des praktischen Strahlenschutzes (bei Röntgen-, Gamma- und Beta-, also elektromagnetischer und Elektronenstrahlung) gilt: 1 Gy = 1 Sv. Bei Alpha- (Helium-Kerne) oder Protonen- sowie Neutronenstrahlung gilt das dagegen wegen der um den Faktor 20 bzw. (je nach Energie der Protonen oder Neutronen) 2 bis 10 höheren Relativen biologischen Wirksamkeit dieser Strahlen nicht.
Hintergrund: Nach der Entdeckung der Röntgenstrahlung (Röntgen 1895) und der Radioaktivität (Becquerel 1896) beobachtete man Wirkungen der ionisierenden Strahlung beim Menschen. Versuche, diese zur Therapie zu nutzen, ergaben nach zunächst wechselnden Erfolgen erst dann, als es gelang, die ionisierende Strahlung in definierter Stärke zu applizieren, reproduzierbare therapeutische Resultate. Dies kannte man bereits aus der medikamentösen Pharmakologie. Die Strahlendosis entsprach diesem pharmakologischen Konzept. Gemessen wurde aus praktischen Gründen die Ionenladung, die ionisierende Strahlung in Materie, typischerweise in Luft, erzeugt. Die Ionendosis, die pro Masse gebildete elektrische Ladung, ist eine rein physikalisch messbare Größe. Da jeder Ionisierungsprozess mit einem bestimmten Energieaufwand verknüpft ist, ist die Ionendosis proportional zu einer Energiedosis. Diese durch die ionisierende Strahlung in einem Massenelement deponierten Energie führt zum größten Teil zu einer Erwärmung des Körpers. Die Temperaturerhöhung ist messbar und in neuerer Zeit wird versucht, die Einheit der Energiedosis, 1 Gy = 1 J/kg durch kalorimetrische Messungen (Erwärmung von Wasser) darzustellen. Allerdings ist die Temperaturerhöhung sehr gering: Eine für den Menschen tödliche Dosis (~50 Gy) erzeugt in Wasser nur eine Temperaturerhöhung von ~0,01 K. Die besondere Wirkung der Strahlung wird durch die Ionisierung und die dadurch gebildeten freien Radikalen hervorgerufen. Da die Energiedosis eine geeignete Größe zur Abschätzung der direkten Wirkungen im Menschen (deterministische Strahlenschäden) ist, ist sie bei großer Strahlendosis und damit insbesondere in der medizinischen Therapie die geeignete Dosisgröße. Für gegebene Strahlenart, -energie und Bestrahlungsdauer hängt die Energiedosis von der chemischen Zusammensetzung des Materials ab. Aus diesem Grunde wählt man als Bezugsmaterial z. B. eine gewebeähnliche elementare Zusammensetzung oder Wasser. Die für ein bestimmtes Bezugsmaterial ermittelte Energiedosis kann mit Hilfe von Korrektionsfaktoren in die Energiedosis für ein anderes Material umgerechnet werden.
Für den Fall einer punktförmigen Strahlenquelle ohne absorbierendes Material zwischen Quelle und Messpunkt gilt:
K = Strahlenkonstante des radioaktiven Nuklids, a = Aktivität des Präparats, t = Bestrahlungsdauer, r = Bestrahlungsabstand
- Die Dosis steigt proportional zur Zeit (t) und sinkt quadratisch mit dem Abstand (r).
- Die Dosisleistung (auch "Dosisrate" genannt) gibt die Erhöhung der Dosis je Zeiteinheit an: Dosisleistung = Dosis/Zeit (in mSv/h)
Bedeutung hat diese Formel vor allem für Röntgen- und Gammastrahlung, da bei anderen Strahlenarten schon die Luft über alltagsrelevante Abstände merklich Strahlung absorbiert. Sie kann als Näherungsformel für den praktischen Strahlenschutz benutzt werden, wenn der Bestrahlungsabstand mehr als das zehnfache des maximalen Quelldurchmessers beträgt.
[Bearbeiten] Bewertung der Strahlenbelastung von außen
Grundsätzlich ist zu betonen, dass eine untere Strahlenbelastung, die zu keiner (auch keiner langfristigen) Wirkung führt, nicht bekannt ist. Erfahrungswerte leiten sich ab aus
- den Folgen der Atombomben-Explosionen von Hiroshima und Nagasaki, die bei Äquivalentdosen zwischen zwei und zehn Sievert einen linearen Zusammenhang mit der Krebshäufigkeit erkennen ließ
- den Folgen der Atomversuche der USA in Nevada in den 1960er Jahren
- den Erfahrungen mit der Auswirkung so genannter "natürlicher" Strahlenbelastungen (kosmische Strahlung, Gesteinsstrahlung)
- den Erfahrungen mit der Strahlentherapie.
Abgesehen von langfristigen (stochastischen) Wirkungen, die sich langfristig in einem Anstieg der Krebsrate äußern, führen schnell aufgebrachte starke Dosen unmittelbar zur so genannten Strahlenkrankheit. Die nachfolgende Tabelle führt die Wirkungen der Strahlenkrankheit auf, weiter unten wird das Krebsrisiko behandelt.
[Bearbeiten] Dosiswerte (in Sv) und ihre Folgen
siehe auch Strahlenkrankheit
Äquivalentdosis (Sv) (Ganzkörper-Kurzzeitbestrahlung) | Wirkungen |
---|---|
< 0,2 | keine erkennbaren |
0,2 - 1 | vorübergehende, leichte Veränderung des Blutbildes; ernste Schäden nicht wahrscheinlich |
1 - 2 | Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Durchfall; schwere Erkrankung möglich, Erholung aber wahrscheinlich |
2 - 6 | Zunahme der Sterblichkeit bis hin zu wenigen Überlebensfällen |
> 6 | geringe Überlebenschancen |
Die vorstehenden Ganzkörperdosen gelten für Einwirkung auf den ganzen Körper einschließlich besonders empfindlicher Organe. Teilkörperdosen gleicher Höhe können je nach bestrahltem Organ weniger belastend sein.
[Bearbeiten] Strahlenbelastung und Strahlenschutz
(Dosisangaben in Millisievert)
Definitionen:
- bsp
- beruflich strahlenexponierte Person
- nbs
- nichtberuflich strahlenexponierte Person
Art | Äquivalentdosis (mSv) |
---|---|
Strahlentherapie (Krebsherd, lokale Dosis) | 30000-70000 * |
Schwellendosis für akute Strahlenschäden | 250 |
Strahlentherapie (Äquivalentdosis) | 30-70 |
Jahresgrenzwert für bsp | 20 |
Computertomographie (Brustkorb) | 20 |
mittlere Jahresbelastung des Bundesbürgers | 4 |
Jahresgrenzwert für nbs | 1 |
Überseeflug (8 Std., 12000m) | 0,2 |
Röntgenaufnahme (Schädel) | 0,1 |
Kosmische Strahlung** | Äquivalentdosis / Jahr (mSv/a) |
Meereshöhe | 0,3 |
1000m | 0,6 |
2000m | 1,2 |
3000m | 2,4 |
* Lokale Dosis in mGy
** Die kosmische Strahlung variiert mit der geographischen Breite
[Bearbeiten] Krebsrisiko
Für stochastische (nicht streng determinierte, zufallsbehaftete) Strahlenschäden gibt die internationale Strahlenschutzkommission ICRP aufgrund ihrer Analyse der Fachliteratur an:
- es gibt keinen unteren Schwellenwert, andererseits führen auch sehr hohe Dosen nicht sicher zu dieser Form von Schädigungen (Analogie: das Rauchen)
- je höher die Dosis, desto größer das Risiko, und zwar
- - für das Auftreten tödlicher Krebserkrankungen: 5% je Sievert akkumulierter (angesammelter) Dosis
- - für das Auftreten schwerer Erbschäden: 1% je Sievert akkumulierter Dosis
Durchschnittliches Krebsrisiko aus beliebiger Ursache in Deutschland: 27% (Männer), 23,5% (Frauen)
Siehe auch Strahlenkrankheit
[Bearbeiten] Alte Einheiten
Die Strahlendosis wird teilweise noch in den veralteten Einheiten Rad und Rem angegeben. Für den Zusammenhang mit den SI-Einheiten Gray (Gy) und Sievert (Sv) gilt:
Energiedosis: | 1 rad | = 0,01 Gy | = 10 mGy |
Äquivalentdosis: | 1 rem | = 0,01 Sv | = 10 mSv |
[Bearbeiten] Andere Lebewesen und Viren
Diese unterscheiden sich stark in ihrer Empfindlichkeit gegenüber ionisierenden Strahlen, wie aus folgenden LD50-Werten (hier: in Gy, da Bewertungsfaktoren nicht anwendbar) abzulesen ist:
- Ratte: 6 Gy
- Staphylococcus: 35 Gy
- Escherichia coli (Darmbakterium): 50 Gy
- Herpesviren: 2500 Gy
- Micrococcus radiodurans: 18000 Gy