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Technische Keramik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Brennerrohre aus keramischen Bauteilen können einen Durchmesser von 30 cm erreichen
Brennerrohre aus keramischen Bauteilen können einen Durchmesser von 30 cm erreichen

Der Ausdruck "technische Keramik" bezeichnet heute im Allgemeinen eine Keramik, die in ihren Eigenschaften gezielt auf konkrete technische Anwendungen hin optimiert wurde. Insofern unterscheiden sie sich von den in erster Linie dekorativ eingesetzten Keramiken wie Geschirr (Gebrauchskeramik), Fliesen oder Sanitärobjekten. Weitere gängige Bezeichnungen für technische Keramik sind Ingenieurkeramik, Hochleistungskeramik oder industrielle Keramik. Seit den ersten technischen Anwendungen von Porzellan als elektrische Isolatoren in der Mitte des 19. Jahrhunderts kann man von technischer Keramik sprechen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Allgemeines

Keramische Werkstoffe sind anorganisch, nicht-metallisch und polykristallin. In der Regel werden sie bei Raumtemperatur aus einer aus Keramikpulver und Flüssigkeitsgemischen gebildeten Rohmasse geformt und erhalten ihre typischen Werkstoffeigenschaften erst in einem Sintervorgang bei hohen Temperaturen.

Keramische Bauteile finden breite Anwendung
Keramische Bauteile finden breite Anwendung

Hier liegt der große Unterschied zu vielen anderen Werkstoffklassen, insbesondere den Metallen. Während diese nach der Verhüttung bereits vor der Formgebung ihre wesentlichen Materialkennzeichen aufweisen, sind beim keramischen Produkt Werkstoffeigenschaften, Form und Größe untrennbar mit den Herstellprozessschritten verbunden, bestehend aus Aufbereitung des Pulvers, Formgebung und Brand. Die eigentliche Ingenieurleistung liegt daher in der genauen Gestaltung der Herstellung und hier vor allem in der gezielten Beeinflussung der Mikrostrukturen im abschließenden Sinterprozess. Spielen beim Stahl zum Beispiel der Kohlenstoff- oder Chromgehalt eine Rolle und bei Kunststoffen die Wahl der Reaktionspartner und deren Vernetzungsgrad, kommt es bei den keramischen Werkstoffen nicht entscheidend darauf an, welches Grundmaterial (Bornitrid, Siliciumcarbid oder Aluminiumoxid) den Grundkörper bildet, sondern hier entscheidet vielmehr Art und Häufigkeit von Fehlstellen (zum Beispiel Poren und Mikrorissen) im fertigen Bauteil über die konkreten Eigenschaften.

Aus diesem Grund konzentriert sich die Ingenieurleistung bei der anwendungsbezogenen Modulation keramischer Werkstoffe auf die Erarbeitung und geschickte Kombination geeigneter Einzelprozesse. So haben die Hersteller sehr spezielle Brennverfahren entwickelt. Ein Beispiel ist der Reaktionsbrand, mit dem siliziuminfiltriertes Siliziumkarbid (SiSiC) gefertigt wird. Ohne die sonst übliche Schrumpfung beim Sintern lassen sich hierdurch komplexe, vergleichsweise große Strukturen herstellen. Solche Keramiken behalten die hohe Härte, Wärmeleitfähigkeit, chemische Beständigkeit und Korrosionsfestigkeit des Siliciumcarbids. Das in den Poren eingebettete Silicium verbessert jedoch die Oxidationsbeständigkeit, so dass diese spezielle Keramik sich hervorragend für den Einsatz in Brennöfen eignet.

Mit der Größe und Form eines keramischen Bauteils steigt die technische Herausforderung in der Herstellung. Der Grund: Es muss ein gleichförmiges, homogenes Gefüge über ein großes Volumen erhalten bleiben. Gegenwärtig gehören zu den weltweit größten keramischen Bauteilen in der technischen Keramik Heizrohre für Metallglüh-, Schmiede- und Härteöfen. Sie erreichen Ausmaße von bis zu 3 Metern Länge und bis zu 30 cm Durchmesser. Nur wenige Hersteller sind in der Lage, Produkte aus Ingenieurkeramik mit diesen Dimensionen herzustellen.

[Bearbeiten] Werkstoffeigenschaften

Heute werden die unterschiedlichen technischen Keramiken vor allem aufgrund folgender, auch recht unterschiedlicher Materialeigenschaften, verwendet:

[Bearbeiten] Werkstoffformen

Wie bei regulärer Keramik beruht die Herstellung auf der Vereinigung von Kristallgruppen, dem Sintern. Zur Sicherstellung von konstanter Werkstoffqualität und zuverlässiger Einsetzbarkeit haben jahrelange Entwicklungen zur Herstellung hochreiner Pulver, zur Aufbereitung dieser Pulver, zu Sinterhilfsmitteln und zur Durchführung der Trocknungs- und Sinterprozesse erheblich beigetragen.

Anwender haben außerdem gelernt, den Einsatz technischer Keramiken durch keramikgerechte Konstruktion der Bauteile sicherer zu gestalten, um das Risiko eines spröden Bruchversagens zu reduzieren. Bei dieser Konstruktion gilt es zum Beispiel zu beachten, dass scharfe Kerben und Ecken gerundet werden und dass Änderungen der Wandstärke nicht in Treppenstufen, sondern möglichst kontinuierlich erfolgen. Solche Kerben und Ecken sind leicht Ausgangspunkt für einen Riss, der ohne großen Widerstand schon bei geringen Kräften durch das ganze Bauteil geht und es zerstört.

Mit der Entwicklung von keramischen Verbundwerkstoffen stehen im Bereich der technischen Keramik inzwischen verschiedene Werkstofftypen zur Verfügung, die sich durch deutlich höhere Bruchzähigkeiten und damit verbundene Zuverlässigkeit sowie extreme Thermoschockbeständigkeit auszeichnen.

Unterteilung nach Werkstoffgruppen:

Piezokeramik findet Anwendung in Schwingquarzen, für Piezo-Einspritzventile in Dieselmotoren und Kleinst- und Hochfrequenz-Lautsprechern.


[Bearbeiten] Anwendungen

Keramische Werkstoffe haben heute zahlreiche Anwendungen erobert. Zu den neuesten zählen dabei Komponenten für die Medizintechnik. Als Ersatz für Knochen, Zähne oder hartem Gewebe haben sich inzwischen eine Reihe verschiedener keramischer Werkstoffe bewährt. Hier hat neben der großen mechanischen Festigkeit vor allem die mit der hohen Korrosionsbeständigkeit verbundene ausgezeichnete Verträglichkeit mit lebendem Gewebe zum Durchbruch verholfen.

Einen wichtigen Zweig bilden die so genannten Heißanwendungen. Dazu zählen der Ofenbau, Brennersysteme oder Heizelemente. Einsatztemperaturen von bis zu 2500°C halten einige keramische Werkstoffe ohne jeglichen Verzug oder Ermüdung Stand. Diese Eigenschaft ist auf die sehr geringe thermische Ausdehnung des Materials zurückzuführen. Das Tempo, mit dem keramische Werkstoffe auf diesem Gebiet an Boden gewinnen, könnte in den kommenden Jahren noch weiter zulegen, denn die Entwicklungen gehen in Richtung immer höherer Verbrennungstemperaturen. Hintergrund ist die deutlich bessere Energieausnutzung. So sind etwa bis zu 50% höhere Wirkungsgrade durch die Vorwärmung der Verbrennungsluft in Industrieöfen zu erreichen. Neben den genannten thermischen Vorzügen spricht in den Heißanwendungen auch die Korrosionsbeständigkeit keramischer Werkstoffe.

Mengenmäßig zu den wichtigsten Anwendungen zählt bis heute die Verwendung keramischer Bauteile in Zündkerzen und Kondensatoren oder als Isolatoren. Dabei spielen auch Temperaturen von 600 °C, wie sie beispielsweise bei Zündkerzen vorkommen keine Rolle. Das hier eingesetzte Aluminiumoxid (Korund) zeigt bei der genannten Einsatztemperatur einen spezifischen Widerstand von 108 Ohm/cm.

Wie vielschichtig jedoch das Eigenschaftsspektrum keramischer Werkstoffe sein kann, zeigt der Blick auf die elektrischen Eigenschaften: So fungieren manche keramische Werkstoffe als elektrische Isolatoren, während andere - die Supraleiter - den elektrischen Strom bei tiefen Temperaturen absolut widerstandsfrei leiten.

Auch in der Lager- und Dichtungstechnik dominieren keramische Werkstoffe. Als Lagerschalen von Gasturbinen mit Drehzahlen von mehreren Tausend Umdrehungen pro Minute und Temperaturen von rund 1500 °C können keramische Werkstoffe eingesetzt werden. In Pumpen dichten Gleitringdichtungen aus Keramik die Wellendurchführungen durch das Pumpengehäuse die Außenwelt gegenüber korrosiven und abrasiven Medien. Bei der Rauchgasentschwefelung etwa sind keramische Gleitlager der Pumpen hochkonzentrierter, basischer Kalkmilch ausgesetzt, die stark mit Sand verunreinigt ist. Ähnliche Verhältnisse herrschen bei A Pumpenanlagen zur Meerwasserentsalzung. Auch hier fördern Pumpen mit keramischen Gleitlagern das stark mit Sand versetzte Salzwasser über Jahre, ohne Abrieb oder Korrosion zu erleiden.

Ein wesentlicher Nachteil ist jedoch bei allen Anwendungen immer zu berücksichtigen: „Keramik ist spröde“, was sich in niedrigen Bruchzähigkeitswerten ausdrückt. Metallische Werkstoffe sind auf Grund ihrer Duktilität ausgewogen und gutmütig. Sie verzeihen leichtere konstruktive Fehler (Fehlertoleranz) indem sie lokale Spannungsspitzen durch elastische und plastische Verformung abbauen. Die Entwicklung von keramischen Faserverbundwerkstoffen hat auf diesem Gebiet wesentliche Fortschritte erzielen können und das Anwendungsspektrum keramischer Werkstoffe deutlich erweitert.

[Bearbeiten] Literatur

  • J. Kriegesmann (Hrsg.): DKG - Technische Keramische Werkstoffe, HvB-Verlag, Ellerau 2005, ISBN 3-938595-00-0
  • W. Kollenberg (Hrsg.): "Technische Keramik - Grundlagen, Werkstoffe, Verfahrenstechnik", Vulkan-Verlag GmbH, Essen 2004, ISBN 3-8027-2927-7

[Bearbeiten] Weblinks

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