Tibetische Monarchie
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Die tibetische Monarchie war der erste große Abschnitt der Geschichte Tibets bis zum 9. Jahrhundert.
Hinweis: Alle tibetischen Namen in diesem Artikel sind transliteriert, wobei Prä- und Superskripte dem groß geschriebenen Wortanfang als Kleinbuchstaben vorangesetzt werden. Zur leichteren Lesbarkeit wurden die Silbengrenzen innerhalb eines Wortes mit Bindestrichen anstatt der heute zunehmend üblichen Leerzeichen dargestellt. Da die damalige Aussprache nicht bekannt ist, wurde nur bei besonders bekannten Namen die heutige kursiv in Klammern hinzugesetzt.
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[Bearbeiten] Die Frühzeit
Als mythischer Ahnherr der Dynastie von Yar-klungs (Yarlung), einem Nebenfluss des gTsang-po (Tsangpo) in Süd-Tibet galt anfangs 'o-lde sPu-rgyal, später gNya'-khri bTsan-po als erster der sieben Himmelskönige. lHa-tho-tho-ri war der sagenhafte Gründer der Residenz Om-bu oder Yum-bu lHa-khang (Yumbulagang).
[Bearbeiten] gNam-ri Srong-btsan
In 'Phyings-pa im Yar-klungs Tal regierte der Fürst Khri Slon-brtsan. Er besiegte Zing-po-rje von Ngas-po (im oberen sKyid-chu Tal), besetzte dessen Land und benannte es 'Phan-yul. Das tibetische Reich wurde feierlich gegründet und Khri Slon-brtsan zum König (bTsan-po) ausgerufen. Er erhielt den Namen gNam-ri Srong-btsan (Namri Songtsän). Die drei einflussreichsten Fürsten (von dBas, Myang und mNon) anerkannten seine Oberhoheit und wurden oberste Ratgeber. Schenkungen von Land und Privilegien machten ehemalige Stammesfürsten zu Feudalherren. sPung-sad Zu-tse, ein Günstling des Königs, tötete den Fürsten von gTsang-bod (dem heutigen gTsang) und erhielt dessen Gebiet als Lehen. Dags-po leistete Widerstand und wurde erobert. Die Position des Großministers (Blon-po Chen-po kurz Blon-chen) wurde geschaffen. Um 620 starb der König als Opfer einer Verschwörung an Gift.
[Bearbeiten] Srong-btsan sGam-po
Sein Nachfolger, der minderjährige Khri-lde Srong-brtsan († 649), der Nachwelt bekannt als Srong-btsan sGam-po (Songtsän Gampo) hielt blutiges Strafgericht an den Giftmischern und stellte energisch die Ordnung wieder her.
Der alte Minister Myang-mang Po-rje wurde von sPung-sad Zu-tse verleumdet und hingerichtet, desgleichen sein Nachfolger Mgar-mang Zham-sum sNang. Danach wurde sPung-sad Zu-tse selbst Minister. Er trachtete dem König nach dem Leben, der aber von mGar-stong-brtsan Yul-zung gerettet wurde. Schließlich beging sPung-sad Zu-tse Selbstmord und mGar wurde Minister. Unter ihm genoß Tibet jahrzehntelang inneren Frieden und äußere Macht.
Der chinesische Kaiser erkaufte sich Frieden, indem er dem König eine Prinzessin (Wen Cheng) zur Frau gab. Sie kam 641 nach Tibet. Einige Jahre zuvor soll Srong-btsan sGam-po schon eine nepalesische Prinzessin geheiratet haben. Obwohl der Hof weiter nomadisierte, wurde für Regierung und Prinzessin die Stadt Lhasa gegründet.
Der Minister Thon-mi Sambhota wurde nach Nord-Indien geschickt. Er entwickelte dort auf der Basis der Spät-Gupta Schrift das tibetische Alphabet. Gleichzeitig wurde auch die Orthographie im wesentlichen festgelegt. Der König erließ auch 18 Gesetze. Unter ihm wurde der Buddhismus in Tibet bekannt.
[Bearbeiten] Die schwachen Nachfolger des Srong-btsan sGam-po
Als Gung-srong Gung-brtsan 13 Jahre alt war, dankte Srong-btsan sGam-po zu dessen Gunsten ab, nahm jedoch den Thron bei dessen Tod des jungen Königs nach fünf Jahren einer Scheinregierung wieder ein.
Mang-slon Mang-brtsan (649-676), war beim Tod des Srong-btsan sGam-po noch ein Kind, und so verblieb die Regierung bei mGar bis zu dessen Tod 667. Ihm folgte sein ältester Sohn mGar bTsan sNya lDem Bu, der die Ausdehnungspolitik fortsetzte.
Khri-'du Srong-brtsan (676-704) bestieg den Thron mit 8 Jahren. Als mGar bTsan-snya 685 starb, war Tibet eine asiatische Großmacht. Sein Nachfolger und Bruder mGar Khri-'bring war jedoch weniger tüchtig. Die Adelsopposition fand Rückhalt beim König. mGar wurde abgesetzt und beging 698 Selbstmord. Dadurch war die Macht der Familie mGar für immer gebrochen. Der König nahm die Regierung wieder an sich und führe selbst die Truppen gegen China (allerdings erfolglos).
Khri-lde gTsug-brtsan (704-755) war erst einige Monate alt, sber seine energische Großmutter Khri Ma-lod, unterstützt von ihrer Familie ('Bro), verstand es, ihm die Nachfolge zu sichern. Das gelang erst nach einem Bürgerkrieg, in dem der Gegenkönig gCen-lha in Bal-po (in Zentraltibet, nicht Nepal, das ebenso heißt) überwunden wurde. Die Krönung fand 712 statt. In dieser Lage suchte der Minister dBas Khri-gzigs Zhang-nyen (seit 705) den Frieden mit China. 710 wurde eine chinesische Prinzessin mit dem sechsjährigen König vermählt. Trotz eines kurzen Konflikts (714) mit China hielt der Friede bis zum Tod des Ministers 720. Die späteren Kämpfe waren insgesamt erfolgreich.
[Bearbeiten] Khri-srong lDe-brtsan
Khri Srong lDe brTsan (Thrisong Detsän) regierte 755 bis 797 auf dem Höhepunkt der tibetischen Macht. Unter General sTag-sgra Klu-gong konnte die chinesische Hauptstadt Chang-An (heute Xian) 763 erobert und drei Wochen gehalten werden. Die großen tibetischen Erwerbungen wurden in einem Friedensvertrag 783 bestätigt, der jedoch nur zwei Jahre hielt. 787 stand das tibetische Heer wieder kurz vor der chinesischen Hauptstadt, aber eine entscheidende Niederlage 789 zwang zum Rückzug.
Der König verfolgte eine probuddhistische Politik. Der bedeutende Tantriker Padmasambhava wurde nach Tibet berufen, wo er um 775 den Bau des Klosters bSam-yas (Samye) begann. Ein 779 verkündetes Edikt machte den Buddhismus zur Staatsreligion und das Konzil von bSam-yas 792 bis 794 unter dem Vorsitz des Königs entschied die Auseinandersetzung zwischen der indischen und der chinesischen Partei zugunsten der Inder. In Zusammenarbeit mit indischen Gelehrten wurde begonnen, die Mahayana-Literatur ins Tibetische zu übersetzen.
Es ist nicht sicher ob der König 797 starb oder abdankte und Mönch wurde.
[Bearbeiten] Die schwachen Nachfolger des Khri-srong lDe-brtsan
Mu-ne bTsan-po (797-799), war der älteste lebende Sohn.
Dessen Nachfolger wurde sein dritter Bruder Mu-tig bTsan-po oder Khri-lde Sron-brtsan (799-815), auch Sad-na-legs genannt. Der eigentliche Herrscher aber war wohl der zweite Bruder Mu-rug bTsan-po (bis zu seinem Tod 804). Unter diesem schwachen König gab es verschiedentlich Niederlagen bei Einfällen in China. 802 wurde sogar der Blon-chen (dBas-mang-rje lHa-lod) gefangen.
Der Einfluss des buddhistischen Klerus zeigt sich an zwei einflussreichen Mönchen: Myang-ting Nge-'dsin (der 804 als Gesandter nach China ging) und Brang-ka Yon-tan dPal, der um 810 mit dem neuen Titel "Großminister der Verwaltung" (Chab Srid-kyi Blon-po Chen-po) faktisch die Regierung leitete.
[Bearbeiten] Ral-pa-can
Khri gTsug lDe brTsan (815-838), meist Ral-pa-can (Ralpatschän) genannt, war der Sohn seines Vorgängers und ein frommer Mann, der ganz unter dem Einfluss der Mönche stand. Die Übersetzungstätigkeit blühte und war staatlich organisiert.
Politisch war Tibet ebenso wie China in einem langsamen Niedergang begriffen. 822 schlossen beide einen (von Brang-ka yong-tan dPal erreichten) erfolgreichen Friedensvertrag, der die tibetische Besitzungen bestätigte. Er ist zweisprachig auf einem Steipfeiler in Lhasa zu lesen.
Der durch die enge Koalition von König und Klerus geschwächte (und mit der Bon Religion verbundene) Adel konnte durch Intrigen die Hinrichtung von Brang-ka erreichen. Auch Myang wurde getötet. Kurz danach fiel der König einer Adelsverschwörung zum Opfer und wurde von dBas sTag-snas und Cog-ro Legs-sgra ermordet.
[Bearbeiten] Glang-dar-ma
Die Verschwörer setzten Khri-bdu Dum-brtsan (838-842) ein, der meist Glang-dar-ma (Langdarma) genannt wurde und ein Bruder des Ermordeten war. Unter dem neuen Blon-chen dBas rGyal To-re sTag-snya begann eine Ausrottungspolitik gegen den Buddhismus. Die ausländischen Mönche wurden ausgewiesen, die tibetischen laisiert. Dazu kamen noch Erdbeben und die Pest. Schließlich wurde Glang Dar-ma von dem Mönch dPal-gyi rDo-rje (der dann seinen Verfolgern entkam) mit einem Pfeilschuß ermordet.
[Bearbeiten] Das Ende der Monarchie
Der König starb kinderlos. Die Familie mChims versuchte, an die Macht zu gelangen, indem sie einen Sohn des älteren Bruders der Witwe (einer mChims Prinzessin) als nachgeborenen Sohn des Glang Dar-ma ausgab. Er bekam den Königsnamen Khri-lde, wurde aber (im Hinblick auf die Unterstützung durch seine Mutter) der Nachwelt als Yum-brtan oder Yum-rten bekannt (yum = Mutter). Kurz danach gebar eine Nebengemahlin des Glang Dar-ma einen (seinen?) Sohn, der von der (wohl buddhistischen) Gegenpartei als König gNam-lde (meist 'od-srungs genannt) ausgerufen wurde. Die Folge war ein unentschiedener Bürgerkrieg. Die Außenbesitzungen gingen verloren. In den folgenden Generationen erfolgte eine starke Zersplitterung der politischen Macht.
lDe-dpal 'Khor-btsan, der Sohn des 'od-srung, wurde von seinen Untertanen getötet. Die Nachkommen von dessen jüngerem Sohn Khri bKra-shis brTsegs-pa dPal konnten sich in Yar-klungs nur halten, indem sie zu erblichen Äbten des Klosters sPyil-bu wurden. Der ältere Sohn sKyid-lde Nyi-ma-mgon wanderte nach Westen aus. Seine Nachfolger gründeten dort Reiche wie La-dwags (Ladakh) oder Gu-ge (Guge), die das tibetische Königtum bis ins 19. Jahrhundert retteten.