Tiefziehen
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Nach DIN 8584 ist Tiefziehen das Zugdruckumformen eines Blechzuschnitts (auch Folie, Platte Tafel oder Platine genannt) in einen einseitig offenen Hohlkörper oder eines vorgezogenen Hohlkörpers in einen solchen mit geringerem Querschnitt ohne gewollte Veränderung der Blechdicke. Ein runder Zuschnitt wird auch Ronde genannt.
Das Tiefziehen zählt zu den bedeutendsten Blechumformverfahren und wird sowohl in der Massenfertigung als auch in Kleinserien eingesetzt, wie z. B. in der Verpackungs- und Automobilindustrie sowie im Flugzeugbau.
Das Tiefziehen lässt sich in drei Bereiche unterteilen:
- Tiefziehen mit Werkzeugen (Ziehring, Stempel u. Niederhalter)
- Tiefziehen mit Wirkmedien (Gase, Flüssigkeiten)
- Tiefziehen mit Wirkenergie (z. B. Hochgeschwindigkeitsumformen)
Auch Kunststoffe werden tiefgezogen (z. B. für Joghurtbecher).
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[Bearbeiten] Tiefziehen mit Werkzeugen
Das klassische und bevorzugte Verfahren ist Tiefziehen mit starren Werkzeugen aus dem Werkzeugbau. Zum Tiefziehen werden hier Pressen verwendet. Die zur Umformung notwendige Pressenkraft wird mit Hilfe eines Stempels auf den Boden des zu fertigenden Tiefziehteiles über die Bodenrundung und dem Seitenteil (Flansch) in den eigentlichen Umformbereich (Bereich zwischen Ziehring und Niederhalter) geleitet. Die Umformung erfolgt durch radiale Zugspannung und dadurch bewirkte tangentiale Druckspannungen. Durch die Druckspannungen erfolgt eine Durchmesserreduzierung z. B. bei einer Ronde. Durch die radialen Zugspannungen im Umformbereich wird eine Blechverdickung vermieden. Der Niederhalter soll dabei eine Faltenbildung durch das Aufstauchen vermeiden.
Mit dem Stempel wird der Blechzuschnitt durch den Ziehring (auch Matrize genannt) gedrückt. Der Niederhalter verhindert die Bildung von Falten am Ziehteil. Es werden auch Ziehleisten und Ziehwülste/Ziehsicken verwendet, um die Wirkung der Niederhalter zu verbessern.
Die Kanten von Stempel und Ziehring müssen abgerundet sein, da sonst das Blech reißen würde. Wenn die Rundungen zu groß sind, kann das Blech am Ende vom Zug nicht mehr durch den Niederhalter festgehalten werden. Die Folge ist Faltenbildung. Der Radius des Stempels sollte kleiner als der der Matrize sein, da sonst der Stempel einschneidet.
Wenn der Enddurchmesser durch einen einzigen Zug nicht erreicht werden kann, so wird in mehreren Stufen gezogen.
[Bearbeiten] Tiefziehen mit Wirkmedien
Eine Abwandlung des klassischen Zieh-Verfahrens ist das hydromechanische Tiefziehen. Ein druckreguliertes Wasserkissen ersetzt dabei die Matrize. Der absinkende Stempel des Werkzeugoberteils presst die Blechplatine an ein Wasserkissen, zieht sie beim Eintauchen mit sich und bringt so exakt die gewünschte Geometrie auf das Ziehteil auf.
Aufgrund der verteilten Pressung des Blechs an den Stempel durch das Wirkmedium verschiebt sich die Lage des kritischen Ziehbereichs vom Werkstückboden hin zum Ziehradius. Daher lassen sich höhere Ziehverhältnisse als beim klassischen Ziehverfahren realisieren, und das bei geringeren Herstellkosten aufgrund des relativ kleinen Bauraums. Die erreichbaren Pressenkräfte sind jedoch geringer als bei herkömmlichen Anlagen, weshalb sich nur eine beschränkte Auswahl an Blechteilen mit dieser Technologie fertigen lässt.
[Bearbeiten] Effekte beim Tiefziehen
Beim Tiefziehen zeigt das Werkstück verschiedene Effekte. Im Wesentlichen werden die Moleküle gegeneinander verschoben, was zu Festigkeitsänderungen führt. Inhomogene (richtungsabhängige) Werkstoffeigenschaften (Anisotropie) beeinflussen das Bauteilverhalten. Dies lässt sich nachweisen, indem man die verschiedenen Kräfte misst, die nötig sind, ein Wandstück aus einem Tiefziehteil (z. B. Joghurtbecher) zu zerreißen. Bei Kunststoffen wird zusätzlich der Grad der Kristallinität erhöht. Ein teilweise gewünschter Effekt ist die Vorspannung im Werkstück. An einem Joghurtbecher lässt sich auch die Wanddickenänderung beobachten, die in Bereichen starker Scherung zu sehr dünnen Wänden führen kann.
Beispiele für klassische Tiefziehteile sind Kfz-Karosserieteile, wobei beim Karosserieteil fast immer eine Kombination aus dem klassischen Tiefziehen und dem Streckziehen zur Anwendung kommt. Man nennt diese Kombination deshalb auch Karosserieziehen.