Unwirksamkeit
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Die Rechtswissenschaft bezeichnet einen Rechtsakt (Vertrag, Kündigung, Genehmigung, Gesetz, Satzung, usw.) als unwirksam (auch: nichtig), wenn er nicht wirksam ist, also keine rechtlichen Wirkungen entfaltet, von niemandem beachtet werden muss, sozusagen rechtlich nicht existent ist.
Die Gründe, die zur Unwirksamkeit führen können, sind zahlreich und können hier nur angedeutet werden:
- Die Unwirksamkeit kann sich daraus ergeben, dass der betroffene Rechtsakt gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. So ist etwa ein Darlehensvertrag, der den Darlehensnehmer mit astronomischen Zinsen belastet, sittenwidrig und deshalb gemäß § 138 BGB unwirksam. Verboten und deshalb unwirksam sind auch bestimmte Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die darauf gerichtet sind, den Wettbewerb zu beschränken (§ 1 GWB).
- Unwirksamkeit kann sich ferner daraus ergeben, dass der Rechtsakt eine Voraussetzung, die er nach dem Gesetz zu beachten hat, nicht erfüllt. Unwirksam ist daher beispielsweise der Grundstückskaufvertrag, der nicht notariell beurkundet worden ist. Unwirksam ist auch der Ratenkauf-Vertrag, den der Minderjährige über ein Fahrrad ohne Zustimmung seiner Eltern abschließt.
- Die Wirksamkeit kann schließlich auch durch eine rechtsgestaltende Erklärung oder Entscheidung beseitigt werden. Unwirksam ist etwa eine Bestellung, wenn der Bestellende die Anfechtung erklärt, weil er irrtümlich in das Bestellformular 1000 Stück statt 10 Stück eingetragen hat. Unwirksam ist auch die Genehmigung, die von der Behörde aufgehoben oder vom Verwaltungsgericht auf die Klage eines Dritten hin beseitigt wird.
Die Unwirksamkeit kann von Anfang an bestehen, aber auch erst später eintreten. Verstößt der Rechtsakt gegen ein gesetzliches Verbot, so ist er in der Regel von Anfang an unwirksam. Tritt die Unwirksamkeit dagegen später ein, so kann sie die Wirksamkeit des Rechtsaktes mit Wirkung für die Zukunft beenden (sog. Unwirksamkeit ex nunc), wie es etwa bei der Kündigung eines Mietvertrages der Fall wäre. Die Unwirksamkeit kann aber auch zurückwirken und dazu führen, dass der Rechtsakt so behandelt werden muss, als sei er nie existent gewesen (sog. Unwirksamkeit ex tunc). Das ist etwa bei der Anfechtung der Fall.
Unwirksamkeit kann ferner vorübergehender oder dauerhafter Natur sein. Vorübergehende Unwirksamkeit (auch: schwebende Unwirksamkeit) liegt vor allem dann vor, wenn der Rechtsakt deshalb unwirksam ist, weil er eine bestimmte Voraussetzung nicht erfüllt, die aber noch herbeigeführt werden kann. Schwebend unwirksam ist daher etwa der Ratenkauf des Minderjährigen, weil die Eltern ihre Genehmigung nachträglich erteilen und dadurch das Geschäft wirksam werden lassen können.
Ein Rechtsakt kann schließlich vollständig oder auch nur teilweise unwirksam sein. Das ist insbesondere bei Verträgen der Fall, die einzelne, unwirksame Bestimmungen enthalten, etwa entgegen § 276 BGB einen Haftungsausschluss auch für vorsätzlich verursachte Schäden vorsehen. Ist ein Vertrag teilweise unwirksam, so ist in der Regel der Vertrag auch insgesamt unwirksam, es sei denn, die Vertragsparteien hätten den Vertrag auch ohne den unwirksamen Teil abgeschlossen (§ 139 BGB). Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 44 Absatz 4 VwVfG für die Teilnichtigkeit von Verwaltungsakten.
Unwirksamkeit beziehungsweise Nichtigkeit darf schließlich nicht mit Rechtswidrigkeit verwechselt werden. Die Rechtswidrigkeit des Rechtsaktes ist - je nach Art des Rechtsaktes - weder notwendige noch hinreichende Voraussetzung der Unwirksamkeit. So ist etwa das Geschäft, das der Stellvertreter für den Vertretenen ohne Vertretungsmacht abschließt zwar mangels Vertretungsmacht unwirksam, aber nicht im engeren Sinne "rechtswidrig". Umgekehrt ist ein Verwaltungsakt, der rechtswidrig ist, nicht automatisch (sondern nur in den besonderen Fällen des § 44 VwVfG) auch unwirksam. Rechtsnormen dagegen, die rechtswidrig sind, sind grundsätzlich auch unwirksam. Lediglich bestimmte Satzungen (etwa kommunale Bauleitpläne) können aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen ausnahmsweise wirksam sein, obwohl sie rechtswidrig sind.
Siehe auch: Rechtswidrigkeit | Stichwortverzeichnis Recht | Systematische Struktur Deutsches Recht | Liste der Listen in Wikipedia | Nichtigerklärung (Ehe)
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