Vaterlosigkeit
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Vaterlosigkeit ist die Erziehung eines Kindes nur durch die Mutter und ohne einen Vater bzw. Stiefvater. Wächst ein Kind ohne beide Elternteile auf, so spricht man von Waisen bzw. Sozialwaisen. Rund 1,8 Millionen Kinder wachsen zur Zeit in Deutschland ohne Vater auf.
Infolge der beiden Weltkriege war Vaterlosigkeit durch die gefallenen oder in Kriegsgefangenschaft geratenen Soldaten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein weit verbreitetes Phänomen. In den folgenden Jahrzehnten änderten sich die Gründe und der Tod des Vaters wurde als Hauptursache von Vaterlosigkeit durch die Trennung der Eltern abgelöst.
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[Bearbeiten] Psychosoziale Folgen
Welche psychosozialen Folgen ein Kind durch das Aufwachsen ohne eines der Elternteile davonträgt, wird unterschiedlich bewertet und ist stark von anderen Faktoren abhängig. Die konkrete Auswirkung der Vater- bzw. Mutterlosigkeit zeigte sich abhängig von der allgemeinen psychischen Stabilität eines Kindes und dem weiteren Umfeld an festen Bezugspersonen. Die Persönlichkeit des erziehenden Elternteils spielt ebenfalls eine zentrale Rolle.
In der Psychoanalyse wird davon ausgegangen, dass es für die Entwicklung eines Kindes sehr wichtig ist, dass es in der Mutter-Kind-Konstellation eine dritte Größe gibt, welche die symbiotische Beziehung relativiert. Ob diese dritte Person notwendigerweise der Vater sein muss ist umstritten. So geht unter anderem der Psychoanalytiker Berthold Rothschild davon aus, dass diese dritte Person genau so gut auch ein neuer Lebensgefährte der Mutter, der Onkel oder die Grossmutter sein kann. Es gibt ebenfalls Untersuchungen, die nachweisen, dass auch das Aufwachsen bei einem homosexuellen Elternpaar keine negativen Auswirkungen auf die Kinder hat, unabhängig davon, ob es sich dabei um ein Elternpaar von zwei Männern (die alles andere als "Vaterlosigkeit" wären) oder zwei Frauen handelt.
Dennoch werden aus Sicht einiger Fachleute Väter und Mütter als wichtig für die Erziehung von Kindern angesehen. Diese wird mit ihrem tendenziell im Vergleich zum jeweils anderen Geschlecht unterschiedlichen Umgang sowohl hinsichtlicher ihrer Erwartungen an ihre Kinder, als auch hinsichtlich ihres körperlichen Umgangs mit ihren Kindern begründet. Vater- bzw. Mutterlosigkeit wird von ihnen auch als ein Problem für die Entwicklung der Geschlechtsidentität betrachtet. Dazu gibt es sowohl Studien, die zeigen, dass mit einem allein erziehenden Elternteil aufgewachsene Kinder auch nach Jahrzehnten noch z.T. schwere Folgen mit sich tragen, als auch andere, die sogar positive Folgen von Vaterlosigkeit nachweisen konnten, wie z.B höhere Zufriedenheit in der eigenen Partnerschaft.
[Bearbeiten] Vaterlosigkeit während und nach den Weltkriegen
Sowohl der erste als auch der zweite Weltkrieg führten mit ihren Opferzahlen in Millionenhöhe zu hohen Raten von Halb- und Vollwaisen. Viele gefallene Soldaten ließen Familien zurück. Nach dem zweiten Weltkrieg war etwa ein Viertel der Kinder vaterlos, da ihre Väter getötet oder vermisst wurden oder in Kriegsgefangenschaft gerieten. Die Anteil der Kinder, die während und nach des Krieges durch Kriegsdienst oder Kriegsgefangenschaft zumindest zeitweise ohne Vater aufwuchsen, wird auf weitere 25 bis 30% geschätzt.
[Bearbeiten] Zitate
- Früher hatten die Eltern vier Kinder. Heute hat ein Kind vier Eltern und kennt oft seinen leiblichen Vater nicht. Johannes Dyba Erzbischof von Fulda
[Bearbeiten] Literatur
- Hermann Schulz, Jürgen Reulecke und Hartmut Radebold, Söhne ohne Väter – Erfahrungen der Kriegsgeneration, Ch. Links Verlag, Berlin, ISBN 3-86153-320-0 (Rezension)
- Alexander Mitscherlich, Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft. Ideen zur Sozialpsychologie; 1963
- Frank Dammasch, Die innere Erlebniswelt von Kindern alleinerziehender Mütter, Brandes + Apsel, ISBN 3-86099-298-8
- Matthias Franz, Wenn der Vater fehlt, in Psychologie Heute, März 2004, S. 20-25
- Shmuel Shulman und Inge Seiffge-Krenke, Fathers and Adolescents, Routledge, ISBN 0-41511-792-5
- Kornelia Steinhardt, Wilfried Datler, Johannes Gstach (Hg.): Die Bedeutung des Vaters in der frühen Kindheit, Gießen: Psychosozial 2002. ISBN 3-89806-189-2 (Rezension)
- Grieser, Jürgen, Der phantasierte Vater. Zu Entstehung und Funktion des Vaterbildes beim Sohn. Tübingen, edition diskord 1998
- Horst Petri, Das Drama der Vaterentbehrung - Chaos der Gefühle - Kräfte der Heilung Verlag Herder Freiburg, 2001 ISBN 3-451-05217-2 (Rezension)
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Wenn dem Kind der Vater fehlt - Süddeutsche Zeitung
- "Können Scheidungskinder glücklich werden?"
- Vaterlosigkeit im und nach dem II. Weltkrieg
- Aspekte von Vaterlosigkeit (Fachtagung von 1999)
- Wie viel Vater braucht das Kind?
Ein insider: http://www.antijugendamt.de