Walking Bass
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Mit Walking Bass (engl. „Gehender Bass“) bezeichnet man im Jazz eine Art der musikalischen Begleitung, bei der ein Bassinstrument, typischerweise der Kontrabass, den Ablauf eines Stückes durch eine rhythmisch gleichmäßige und trotzdem abwechslungsreich gespielte Basslinie vorgibt.
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[Bearbeiten] Entstehung
Wie so viele Phänomene des Jazz lässt sich die Entstehung des Walking Bass nicht an einer bestimmten Person oder einem bestimmten Datum festmachen. Erste Anklänge einer Walking Bass-artigen Begleittechnik lassen sich jedoch schon in den damals noch vom Klavier gespielten Ragtimes und Boogies finden. Bereits auf frühesten Plattenaufnahmen aus den 20er Jahren sind einfache Walking Bass Lines zu hören.
[Bearbeiten] Aufbau
Eine Walking Bass Line besteht dem Grundkonzept nach aus Viertelnoten, die dem gerade gespielten Akkordmaterial entstammen. Diese Töne werden, je nach Routine und Inspiration des Bassisten, mit zusätzlichen Optionstönen, chromatischen Durchgangstönen oder auch völlig leiterfremden Tönen angereichert. Auch der in der Grundform gleichmäßige Viertelnoten-Puls kann durch rhythmische Varianten (vorgezogene Noten, „Drops“, etc. ...) erweitert werden. Die Kunst dabei ist, ein zuverlässiges und durchschaubares rhythmisches und harmonisches Fundament sowohl für die Mitmusiker als auch für die Zuhörer zu liefern, ohne dabei in klischeehafte und langweilige Linien abzugleiten. Dabei ist es insbesondere auch erlaubt, Unsauberkeiten beim Spiel (Nebengeräusche der Saiten und ähnliches) mit einzubeziehen. Dies macht es schwierig, wirklich interessante Linien in allen Details zu notieren. Hier ein kurzes Notenbeispiel: anhören ?/i
[Bearbeiten] Instrumente
Das prototypische Instrument für den Walking Bass ist der pizzicato gespielte Kontrabass. Diesem von der Spieltechnik und den Fingersätzen her nahe verwandt ist der E-Bass, so dass ein Spieler, der beide Instrumente benutzt, die Kunst des „Walkings“ normalerweise auf beiden Bässen ausüben kann.
Weniger verbreitet sind Walking Bass Lines auf Blasinstrumenten wie Tuba, Sousaphon, Bassklarinette oder Baritonsaxophon. Dies liegt daran, dass die Anforderung des ständig fließenden bzw. schlagenden Pulses hohe Anforderungen an die Atemtechnik des Spielers stellt. Um so beeindruckender sind daher Bläser, die dies trotzdem beherrschen.
Selbstverständlich kann das „Walking“ auch auf den tiefen Saiten einer Gitarre erfolgen (eher unüblich und daher mehr als Effekt denn als Standard anzusehen). Von geübten Jazz-Pianisten wird ebenfalls erwartet, dass sie mit der linken Hand reizvolle Basslinien spielen können. Auf dem Pedal der Hammondorgel hat es z.B. Barbara Dennerlein zur Meisterschaft im „Walking Bass“-Spielen gebracht.
[Bearbeiten] Hörbeispiele
Als Hörbeispiele sind so gut wie alle Jazz-Aufnahmen aus der Swing- und Bebop-Ära geeignet. Meister des Walking Bass waren und sind z.B. Ray Brown, Oscar Pettiford, Charles Mingus, Jimmy Blanton, Ron Carter, Niels-Henning Ørsted Pedersen, Miroslav Vitouš oder Scott LaFaro. Da aber der solide Walking Bass zum grundsätzlichen Handwerkszeug eines jeden Jazz-Bassisten gehört, kann davon ausgegangen werden, dass auch Virtuosen wie z.B. Renaud Garcia-Fons, die eigentlich nicht für ihr Walking-Bass-Spiel bekannt sind, dies trotzdem beherrschen.
[Bearbeiten] Außerhalb des Jazz
Walking Bass wird gelegentlich verwendet, um einem Stück, das eigentlich außerhalb des Jazz anzusiedeln ist, einen „jazzigen“ Touch zu geben. Beispiele hierfür sind:
- Crazy Little Thing Called Love, Queen auf „The Game“, 1980
- Get Out Of Your Lazy Bed, Matt Bianco auf „Whose Side Are You On?“, 1984
Viele Basslinien, die im Rock'n'Roll und Rockabilly gespielt werden, stehen auf der Grenze zwischen Boogie-ähnlichen Ostinato-Figuren und dem Walking Bass. Andererseits gibt es auch Swing-Nummern, deren Bassläufe ebensogut in eine Rock'n'Roll-Nummer passen würden. Ein klassisches und bekanntes Beispiel hierfür ist In The Mood von Glenn Miller, dort werden beim Thema einfache Arpeggios gespielt, während in den Soloparts der Bass viel freier spielt.
In der klassischen Musik gilt die Szene "Orpheus verlässt die Unterwelt" in der Oper L’Orfeo aus dem Jahre 1607 von Monteverdi als ältester bekannter Ursprung dieser Art von Basslinie.