Wie Titanic einmal die Fußball-WM 2006 nach Deutschland holte
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Wie Titanic einmal die Fußball-WM 2006 nach Deutschland holte ist der Titel einer Ausstellung der Caricatura-Abteilung des Historischen Museums in Frankfurt am Main aus dem Jahr 2006. Sie dokumentiert in Wort und Bild eine Aktion des deutschen Satiremagazins Titanic am Vorabend der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006.
Am Abend des 5. Juli 2000, dem Tag vor der Wahl des ausrichtenden Verbandes durch die Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees, sandte der damalige Chefredakteur der Titanic Martin Sonneborn nacheinander zwei fingierte Bestechungsfaxe an das Grand Hotel Dolder in Zürich, in dem die Teilnehmer der Tagung des Weltfußballverbandes abgestiegen waren. Er bat die Rezeptionistin, das als hochwichtige Nachricht deklarierte Schreiben den Komiteemitgliedern Chung Jong-Moon (Südkorea), Jack A. Warner (Trinidad und Tobago), Ricardo Teixeira (Brasilien), Abdullah Al-Dabal (Saudi-Arabien), Ismail Bhamjee (Botswana), Charles Dempsey (Neuseeland) und Chuck Blazer (USA) zukommen zu lassen. Die Hotelangestellte steckte die Faxe in Umschläge und schob sie umgehend den Empfängern unter der Zimmertür durch. [1]
In dem Schreiben wurde den sieben Männern auf englisch ein kleines Geschenk für den Fall angeboten, dass sie ihre Stimme der Bewerbung Deutschlands gäben. Konkret wurde ihnen ein Präsentkorb mit echtem Schwarzwälder Schinken sowie einer Kuckucksuhr angeboten.
- Originaltext
- in this difficult situation, Germany would like to emphasize the urgency of its appeal to hold the World Cup 2006 in Germany.
- Let me come straight to the point:
- In appreciation of your support we would like to offer you a small gift for your vote in favor of Germany:
- A fine basket with specialties from the black forest, including some really good sausages, ham and -- hold on to your seat -- a wonderful KuKuClock!
- And a beer mug, too! Do we leave you any choice?
- We trust in the wisdom of your decision tomorrow,
- sincerly yours
- Martin Sonneborn
- Secretary TDES[2]
- (WM 2006 initiative)
Die Satireaktion war, wie sich im Nachhinein herausstellte, möglicherweise ein Glücksfall für die deutsche Kandidatur. Das neuseeländische FIFA-Mitglied Dempsey, der mit dem Auftrag der Oceania Football Confederation, für Südafrika zu stimmen, nach Zürich gereist war, fühlte sich durch den vermeintlichen Bestechungsversuch unter Druck gesetzt und enthielt sich bei der Wahl der Stimme. Das FIFA-Exekutivkomitee entschied sich schließlich mit 12:11 Stimmen für die Bewerbung Deutschlands. Bei einem Stimmenpatt hätte das Votum des FIFA-Präsidenten Joseph Blatter, dessen Sympathie für Südafrika bekannt war, doppelt gezählt.
Allerdings betont Dempsey, der in Glasgow (Schottland) geboren wurde, er habe sich auf den Rat des UEFA-Präsidenten Johansson hin entschieden, nach dem Ausscheiden Englands aus dem Bewerbungsrennen keinem anderen Bewerber seine Stimme zu geben. Die von Titanic ins Feld geführte Äußerung "This final fax broke my neck" hat er niemals wiederholt.
Der Deutsche Fußball-Bund reagierte nach Bekanntwerden der Aktion scharf und drohte dem Magazin mit einer Schadenersatzforderung von 600 Millionen D-Mark. Sonneborn musste eine Unterlassungserklärung abgeben, zeit seines Lebens nicht mehr Einfluss auf FIFA- und UEFA-Delegierte zu nehmen. Die Bild-Zeitung erschien daraufhin mit der Schlagzeile Böses Spiel gegen Franz und rief ihre Leser auf, der Titanic-Redaktion, deren Telefonnummer mitveröffentlicht wurde, die Meinung zu sagen. Mitschnitte dieser Anrufe, in denen die Redakteure als „Vaterlandsverräter“ und „Nestbeschmutzer“ beschimpft wurden, veröffentlichte die Titanic später auf der CD „Bild-Leser beschimpfen Titanic".
[Bearbeiten] Literatur
- Martin Sonneborn: Ich tat es für mein Land - Wie TITANIC einmal die Fußball-WM 2006 nach Deutschland holte: Protokoll einer erfolgreichen Bestechung. Bombus-Verlag, München 2005, ISBN 3-936261-37-7
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Von Umschlägen war am Telefon keine Rede gewesen: Die Hotelangestellte war von allein auf diese Idee gekommen, sorgte jedoch damit, wie Sonneborn später in seinem Buch über diese Ereignisse schrieb, „für den letzten Schliff, der der Aktion endgültig Authentizität verlieh."
- ↑ TDES steht laut Sonneborn als Abkürzung für „Titanic – Das endgültige Satiremagazin.“