Wohlfahrtsstaat
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Unter einem sogenannten Wohlfahrtsstaat versteht man eine Staatsform, bei der die soziale Sicherheit der Bevölkerung durch Gesetzgebung gewährleistet werden soll.
Den Begriff Wohlfahrtsstaat benutzt die Sozialwissenschaft synonym zu Sozialstaat. Dies ergibt sich aus der englischen Terminologie, die von "welfare states" spricht. In der aktuellen politischen Diskussion Deutschlands wird er jedoch häufig abwertend gebraucht und zum Begriff Sozialstaat abgegrenzt, um übertriebene staatliche Umverteilung zum Ausdruck zu bringen. Verbunden ist mit dieser Kennzeichnung meist der Vorwurf zu hoher Kosten bei gleichzeitiger Verfehlung der politischen Ziele.
Im Mittelpunkt der wohlfahrtsstaatlichen Gesetzgebung steht die Absicherung gegen zentrale Lebensrisiken wie Alter, Krankheit, Invalidität und Arbeitslosigkeit.
Der moderne Wohlfahrtsstaat sorgt durch umfassende Gesetzgebung und ähnliche Maßnahmen wie Bildung, Verkehrswesen, Wohnungsbau, Sozialversicherung, Schutzgesetzgebung im Arbeitsrecht, Wohlfahrtsgesetze und speziell die Fürsorge für die soziale Sicherheit der Allgemeinheit.
In der vergleichenden Wohlfahrtsstaatanalyse wurden unterschiedliche Typologisierungen entwickelt. Esping-Andersen unterscheidet, u.a. nach dem Dekommodifizierungsfaktor, drei Typen des Wohlfahrtstaates: liberale Regime (z.B. USA), konservative Regime (z.B. Deutschland, Österreich), und sozialdemokratische Regime (z.B. Schweden). Die Kategorisierung orientiert sich dabei an der Logik des Verhältnisses zwischen Staat und Markt in der Bereitstellung sozialer Leistungen, an Modus und Qualität der Leistungen und an der Wirkung von Sozialpolitik auf soziale Schichtung und gesellschaftliche Machtverteilung.
Eine weitere Analyseebene fügt die feministische Theorie hinzu. Sie richtet ihren Blick darauf, inwieweit Wohlfahrtstaatsregime Geschlechterarrangements reproduzieren, verschärfen oder verringern und welcher Art diese Arrangements sind. Als ein Kriterium wurde hier z.B. die Nähe bzw. Ferne zum männlichen Ernährermodell vorgeschlagen ('male breadwinner model').
[Bearbeiten] Literatur
- G. Esping-Andersen: The three worlds of welfare capitalism. Cambridge 1990.
- Gerd Habermann: Der Wohlfahrtsstaat.
- Josef Schmid: Wohlfahrtsstaaten im Vergleich. Opladen 2002
- Theresa Kulawik: Wohlfahrtsstaaten und Geschlechterregime im internationalen Vergleich http://web.fu-berlin.de/gpo/teresa_kulawik.htm
- Mechthild Veil: Wohlfahrtsstaatliche Konzepte, Kinderbetreuungskulturen und Geschlechterarrangements in Europa http://web.fu-berlin.de/gpo/mechthild_veil.htm