Zeitgleichung
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Als Zeitgleichung wird die Differenz zwischen der mittleren Sonnenzeit (MOZ, mittlere Ortszeit) und der von einer Sonnenuhr angezeigten Zeit (WOZ, wahre Ortszeit, Sonnentag) bezeichnet (jeweils auf den Längengrad bezogen). Sie wird
- durch die Exzentrizität der Erdumlaufbahn mit einer Periodendauer Te von ca. einem Jahr und
- durch die Schiefe der Ekliptik aufgrund der Neigung der Erdachse mit einer Periodendauer Ts von ca. einem halben Jahr
verursacht.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Mittlere und wahre Ortszeit
Hauptartikel: Ortszeit, Sonnentag
Die Ortszeit (oder Sonnenzeit) wird vom Sonnenstand abgeleitet: 12 Uhr Ortszeit ist für einen gegebenen Ort der Zeitpunkt, zu dem die Sonne den Himmelsmeridian überschreitet (Meridiandurchgang, Transit). Dieser Zeitpunkt tritt für alle Orte auf demselben geographischen Meridian gleichzeitig ein. Für östlich davon gelegene Orte ist der Meridiandurchgang und damit 12 Uhr Ortszeit in diesem Augenblick schon vorbei, den westlich davon gelegenen Orten steht er noch bevor. Orte, die nicht auf dem selben Meridian liegen, haben also in ein und demselben Zeitpunkt verschiedene Ortszeiten. (Zur Vereinheitlichung der Zeitmessung wurden Zeitzonen eingeführt: für alle innerhalb einer Zeitzone gelegenen Orte gilt dieselbe Zonenzeit, welche identisch ist mit der Ortszeit auf dem Referenzmeridian der Zeitzone. Für die Mitteleuropäische Zonenzeit ist der Referenzmeridian 15° Ost.)
Der Zeitraum zwischen zwei Meridiandurchgängen ist ein Sonnentag; er beträgt im Mittel 24 Stunden. Die Erde dreht sich aber in 23 Stunden 56 Minuten und 4 Sekunden (einem Sterntag) einmal um sich selbst. Dies ist also auch der Zeitraum zwischen zwei Meridiandurchgängen eines Sternes. Der Unterschied zwischen der Länge des Sterntages und der Länge des Sonnentages resultiert aus der jährlichen Bewegung der Erde um die Sonne. Nach einer vollständigen Umdrehung (Rotation) ist die Erde auf ihrer Bahn fast ein Bogengrad weitergelaufen (360 Grad in 365 Tagen). Um den gleichen Winkel muss die Erde sich über die volle Umdrehung hinaus noch weiterdrehen, bis die Sonne wieder exakt im Süden steht. Dies benötigt im Mittel etwa 4 Minuten.
Aus den im Folgenden erläuterten Gründen kann der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Meridiandurchgängen im Laufe eines Jahres um bis zu 20 Sekunden kürzer und um bis zu 30 Sekunden länger sein als exakt 24 Stunden. Man unterscheidet daher die Wahre Sonnenzeit, die von den tatsächlich beobachteten Sonnenständen abgleitet wird und mit leicht variabler Geschwindigkeit verläuft, von der Mittleren Sonnenzeit, welche zur Gewinnung eines gleichmäßigen Zeitmaßes eingeführt wurde. Den Unterschied zwischen Wahrer und Mittlerer Sonnenzeit bezeichnet man als die Zeitgleichung. Da die Abweichungen des wahren Sonnentages von 24 Stunden sich jeweils über etwa drei Monate hinweg aufsummieren, bevor sie ihr Vorzeichen wechseln, kann die Zeitgleichung bis zu etwa einer Viertelstunde (15 Minuten) betragen.
[Bearbeiten] Exzentrizität der Erdbahn
Wie oben beschrieben, ist der Sonnentag um etwa vier Minuten länger als der Sterntag. Die vier Minuten werden benötigt, weil die Erde sich nach dem Meridiandurchgang eines Sternes, der am Vortag gemeinsam mit der Sonne erfolgte, bis zum Sonnentransit noch um jenes Stück weiterdrehen muss, um das sich die Sonne während dieses Tages gegenüber dem Fixsternhintergrund nach Osten bewegt hat. Die Sonne legt während eines Jahres von etwa 365,25 Tagen einen Vollkreis von 360° zurück, an einem Tag also im Mittel 0,986°.
In der Umgebung des Perihels – dem sonnennächsten Punkt – bewegt sich die Sonne jedoch schneller als im Mittel und legt während eines Tages eine größere Strecke zurück, so dass die Erde etwas mehr als vier Minuten braucht, um mit ihrer Drehung die Sonne wieder einzuholen. In Aphelnähe gilt das umgekehrte. Dieses Phänomen beschreibt das zweite Kepler-Gesetz.
Der Effekt führt also dazu, dass die wahre Sonne ab Jahresbeginn (Perihel: 3. Januar) östlich der mittleren Sonne steht (wahre Sonnenzeit geht gegenüber der mittleren Sonnenzeit nach), dass sie ab Juli (Aphel: 5. Juli) westlich der mittleren Sonne steht (wahre Sonnenzeit geht gegenüber der mittleren Sonnenzeit vor) und ab nächstem Jahresbeginn wieder östlich der mittleren Sonne.
[Bearbeiten] Schiefe der Ekliptik
Die tägliche Bewegung der Sonne (vom Aufgang zum Untergang) verläuft parallel zum Himmelsäquator. Das jeden Tag einzuholende Wegstück ist also der entlang des Äquators gemessene Abstand der Sonne von der Vortagsposition. Die Verschiebung der Sonne gegenüber dem Fixsternhintergrund seit dem Vortag erfolgte aber entlang der Ekliptik, die gegen den Äquator geneigt ist. Selbst wenn sich die Sonne mit konstanter Geschwindigkeit entlang der Ekliptik bewegen würde, so würde das einzuholende Wegstück im Laufe des Jahres verschieden lang ausfallen.
Zu den Tagundnachtgleichen kreuzt die Ekliptik den Äquator unter einem Winkel von 23,4° und die Bewegung der Sonne während 24 Stunden hat eine Komponente von sin(23,4°)·0,986° = 0,397° senkrecht zum Äquator und nur eine Komponente cos(23,4°)·0,986° = 0,905° entlang des Äquators.
Zu den Sonnenwenden bewegt sich die Sonne zwar parallel zum Äquator, aber den in dieser Entfernung vom Äquator pro Tag zurückgelegten 0,986° entsprechen auf dem Äquator 0,986°/cos(23,4°) = 1,074°. (Zum Vergleich: mit der Strecke, mit der man auf dem Erdäquator einen Längenunterschied von 1° bewältigt, erzielt man auf einer geographischen Breite von 23,4° einen Längenunterschied von 1,09°, weil die Längengrade dort einen etwas geringeren Abstand haben.)
Das einzuholende Wegstück ist also klein zu den Tagundnachtgleichen (wahre Sonne steht westlich der mittleren Sonne, wahre Sonnenzeit geht gegenüber der mittleren Sonnenzeit vor) und groß zu den Sonnenwenden (wahre Sonne steht östlich der mittleren Sonne, wahre Sonnenzeit geht gegenüber der mittleren Sonnenzeit nach).
[Bearbeiten] Zeitgleichung
Die Exzentrizität der Erdbahn (e) bewirkt eine periodische Veränderung der wahren Sonne bezogen auf die mittlere Sonne über einen ganzen Umlauf der Erde mit einer Amplitude von etwa 8 Minuten. Der Startpunkt dieser Periode ist das Perihel Anfang Januar. Durch die Schiefe der Ekliptik (s) entsteht eine Periodenlänge von einem halben Umlauf mit dem Start am Frühlingspunkt und einer Amplitude von 10 Minuten.
Die Wirkungen dieser beiden Erscheinungen (e) und (s) auf den scheinbaren Sonnenlauf überlagern sich, und dadurch hat die Zeitgleichung derzeit
- 4 Nullpunkte: 15. April, 13. Juni, 1. September und 25. Dezember,
- 2 Maxima: um den 14. Mai (etwa +4 Minuten) und 3. November (etwa +16 Minuten) sowie
- 2 Minima: um den 12. Februar (−14,5 Minuten) und um den 25. Juli (−6,5 Minuten).
Durch Präzession der Erdachse verändert sie sich über die Jahrtausende allmählich.
[Bearbeiten] Berechnung
[Bearbeiten] Definition
Definitionsgemäß ist die Zeitgleichung die Differenz WOZ − MOZ von wahrer Ortszeit WOZ und mittlerer Ortszeit MOZ. Diese Zeitdifferenz ist proportional zur Differenz der Stundenwinkel einer geeignet definierten Mittleren Sonne und der wahren Sonne, und damit auch proportional zur Differenz der (entlang des Äquators zu zählenden) Rektaszensionen beider Sonnen. Die Zeitgleichung ist nur näherungsweise der Zeitabstand zwischen den Meridiandurchgängen der wahren und der mittleren Sonne, weil sich während des Zeitraums zwischen beiden Kulminationen der Abstand beider Sonnen und damit die Zeitgleichung geringfügig ändert.
[Bearbeiten] Wahre Sonne
Die Position der wahren Sonne lässt sich nach gängigen Methoden mit beliebiger Genauigkeit berechnen. Für Anwendungen mit mäßigen Anforderungen genügt die im Folgenden beschriebene stark vereinfachte Methode, die einen günstigen Kompromiss zwischen Genauigkeit und Rechenaufwand darstellt.
Als Zeitkoordinate n wird die Anzahl der Tage seit dem Standardäquinoktium J2000.0 (1. Januar 2000, 12 Uhr TT ≈ 12 Uhr UT) verwendet, gegebenenfalls inklusive Tagesbruchteil. Ist JD das Julianische Datum des gewünschten Zeitpunkts, so gilt
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Zunächst ist die Position der Sonne auf der Ekliptik zu bestimmen. Sieht man vorerst von den durch die Bahnelliptizität verursachten Geschwindigkeitsschwankungen ab und setzt eine mittlere Geschwindigkeit der Sonne an (360° in ca. 365,2422 Tagen), so erhält man die mittlere ekliptikale Länge L der Sonne (in dieser Formel ist auch der Einfluss der Aberration bereits enthalten):
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Um den Einfluss der Bahnelliptizität nachträglich zu berücksichtigen und die ekliptikale Länge λ zu erhalten, ist hierzu als Korrektur die so genannte Mittelpunktsgleichung zu addieren. Diese Korrektur hängt vom Winkel zwischen Sonne und Perihel ab, der so genannten Anomalie. Die Mittelpunktsgleichung erwartet als Eingabewert die gleichförmig anwachsende mittlere Anomalie g. Diese wächst um 360° in einem anomalistischen Jahr zu ca. 365,2596 Tagen:
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Die Mittelpunktsgleichung ist eine periodische Funktion der mittleren Anomalie und kann daher in eine Fourierreihe zerlegt werden. Bei kleinen Bahnexzentrizitäten kann die Reihe nach wenigen Termen abgebrochen werden. Berücksichtigt man nur in der Exzentrizität e lineare und quadratische Terme, so lautet die Mittelpunktsgleichung
,
und für den Fall der Sonnenbahn mit ergibt sich daraus für die ekliptikale Länge λ der Sonne:
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L und g sollten vorher durch Addition oder Subtraktion geeigneter Vielfacher von 360° in den Bereich zwischen 0° und 360° gebracht werden. Die zu L zu addierende Korrektur beschreibt den auf der Elliptizität der Erdbahn beruhenden Anteil der Zeitgleichung.
Für die so berechnete entlang der Ekliptik gezählte ekliptikale Länge λ muss nun die zugehörige entlang des Himmelsäquators gezählte Rektaszension α bestimmt werden. Auch die Differenz α − λ, die so genannte Reduktion auf den Äquator, lässt sich in eine Fourierreihe entwickeln. Mit der Schiefe der Ekliptik
und
ergibt sich die Rektaszension α als
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Der Unterschied zwischen λ und α ist der auf der Schiefe der Ekliptik beruhende Anteil der Zeitgleichung. Wie man der Gleichung entnehmen kann, entspricht einem gegebenen Längenintervall Δλ in der Nähe der Tagundnachtgleichenpunkte ein Rektaszensionsintervall Δα < Δλ und in der Nähe der Sonnwendpunkte ein Rektaszensionsintervall Δα > Δλ. Selbst wenn also λ gleichförmig mit der Zeit anwüchse, so würde α dennoch ungleichförmig anwachsen.
Die Bahnstörungen durch die gravitative Wirkung des Mondes und der übrigen Planeten wurden vernachlässigt, ebenso einige langfristige Veränderungen der Erdbahn.
[Bearbeiten] Mittlere Sonne
Um die Effekte der Bahnelliptizität und der Schiefe der Erdachse zu vermeiden, denkt man sich die zur Referenz dienende mittlere Sonne als einen gleichmäßig entlang des Äquators (statt der Ekliptik) wandernden Punkt. Sie soll wie die wahre Sonne den Himmel einmal in ca. 365,2422 Tagen umkreisen, also muss ihre Rektaszension αm um 0,9856474° pro Tag anwachsen (dieselbe Geschwindigkeit, mit der die mittlere Länge L der wahren Sonne anwächst). Die Ausgangsstellung zum Zeitpunkt n = 0 wählt man so, dass die Rektaszension der mittleren Sonne und die mittlere Länge der wahren Sonne zum gleichen Zeitpunkt den Wert Null annehmen (also zum gleichen Zeitpunkt durch den Frühlingspunkt laufen). Dann haben beide Koordinaten, da sie sich mit derselben konstanten Geschwindigkeit bewegen, aber auch zum Zeitpunkt n = 0 denselben Zahlenwert (nur ist es einmal die mittlere Länge auf der Ekliptik und einmal die Rektaszension auf dem Äquator) und der formelmäßige Zusammenhang ist derselbe wie der für L:
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[Bearbeiten] Zeitgleichung
Die Differenz der Rektaszensionen von mittlerer und wahrer Sonne ist:
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Nach Übergang zum zugehörigen Zeitintervall durch Multiplikation mit 4 min/° liefert diese Formel die Zeitgleichung in Minuten. Die Genauigkeit beträgt etwa 0,1 Minuten für den Zeitraum zwischen 1950 und 2050.
Beispiel: Für den 1. Juni 2006 12h UT (n = 2343,0) liefert diese Formel einen Wert von 2,194 min für die Zeitgleichung. Laut Astronomical Almanac beträgt der Wert „mit einer Präzision von etwa einer Sekunde“ 2,195 min.
Soll die Formel für einen engeren Zeitraum verwendet werden, so können die Koeffizienten für diesen Fall auch explizit vorberechnet werden. Spezialisierung auf den Zeitraum um J2000.0 liefert beispielsweise als Näherungsformel für die Zeitgleichung Z in Minuten:
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[Bearbeiten] Weitere Vereinfachung
Die Formel lässt sich weiter vereinfachen, indem die beiden Terme geringerer Amplitude gestrichen werden. Wird außerdem die variable Änderungsrate von λ ignoriert, also λ durch L ersetzt, so ergibt sich folgende Formel:
Es bezeichne t den ab 1. Januar 2000 gezählten Tag, T die Periodenlängen in Tagen, Δ die Verschiebungen der Startzeitpunkte der Perioden gegenüber t = 0 und A die Amplituden. Dann lässt sich die Zeitgleichung Z mit folgender Formel annähern, wenn e und s für die durch die Elliptizität der Erdbahn bzw. die Schiefe der Ekliptik verursachten Anteile stehen:
Als Periodendauer sind folgende Parameter einzusetzen:
- Ts = 182,6211 Tage (ein halbes tropisches Jahr)
- Te = 365,2596 Tage (Zeit zwischen zwei Periheldurchgängen)
Anhand der Tabelle 1 können die Parameter As bis Δe so gewählt werden, dass die Abweichungen der Funktionswerte von den Tabellenwerten minimal werden. Unter Verwendung der Methode der kleinsten Quadrate erhält man folgende Werte:
- As = 9,92 Minuten
- Ae = 7,37 Minuten
- Δs = 80,8 Tage (ungefähr der Zeitpunkt des März-Äquinoktiums)
- Δe = 3,7 Tage (ungefähr der Zeitpunkt des Periheldurchgangs)
Für t kann in die Formel auch der Tag (0 bis 365) eines beliebigen Jahres eingesetzt werden; die Abweichungen vom tatsächlichen Wert werden größer, je weiter man sich vom Jahr 2000 entfernt.
[Bearbeiten] Analemma
Trägt man für ein Jahr den Verlauf der Deklination gegen die Zeitgleichung auf, erhält man eine charakteristische Figur in Form einer Acht, ein so genanntes Analemma. Auch die jeden Tag um dieselbe Zonenzeit oder mittlere Sonnenzeit fotografierten Sonnenstände am Himmel ergeben ein Analemma. Die Stundenlinien auf den Zifferblättern von Sonnenuhren können als Analemma gestaltet sein, um unmittelbar das Ablesen der um die Zeitgleichung korrigierten Zeit zu erlauben.
Abgesehen von einer leichten Asymmetrie, die davon herrührt, dass Perihel und Frühlingspunkt nicht zusammenfallen, erstreckt sich ein durch Sonnenpositionen zu fester Uhrzeit gebildetes Analemma stets entlang eines Himmelsmeridians: das obere Ende weist in Richtung Himmelsnordpol, das untere Ende in Richtung Himmelssüdpol. Zum Zeitpunkt der Sommer- bzw. Wintersonnwende durchläuft die Sonne jene nördlichsten bzw. südlichsten Punkte des Analemmas.
[Bearbeiten] Frühester/spätester Sonnenauf-/-untergang
Nähert sich das Jahr der Wintersonnwende, so erfolgen die Sonnenaufgänge immer später und die Sonnenuntergänge immer früher: die Tage werden kürzer. Es wäre zu erwarten, dass am Tag der Wintersonnwende als kürzestem Tag auch der späteste Sonnenaufgang und der früheste Sonnenuntergang stattfinden. Ein Blick auf eine Tabelle mit Auf- und Untergangszeiten zeigt jedoch, dass auf gemäßigten Breiten der früheste Sonnenuntergang schon in der ersten Dezemberhälfte, der späteste Sonnenaufgang erst um Neujahr auftritt. Ebenso ist der Tag der Sommersonnwende zwar der längste Tag, aber nicht der Tag mit dem frühesten Sonnenaufgang und dem spätesten Sonnenuntergang.
Betrachtet man ein Sonnenstandsdiagramm, so bilden die Sonnenpositionen für eine fixe Uhrzeit ein Analemma. Auf der Nordhalbkugel ist ein solches Analemma für einen Zeitpunkt am Nachmittag nach rechts geneigt, weil das obere Ende des Analemmas in Richtung des Himmelsnordpols weist, welcher sich rechts oberhalb eines zur untergehenden Sonne blickenden Beobachters befindet. Der tiefste Punkt eines so geneigten Analemmas ist nicht mit dem südlichsten Punkt identisch, in dem sich die Sonne zum Zeitpunkt der Wintersonnwende befindet.
Das Analemma für die Uhrzeit des frühesten Sonnenuntergangs berührt mit seinem tiefsten Punkt gerade den Horizont. Passiert die Sonne auf ihrem Weg zur Wintersonnwende an einem bestimmten Tag diesen tiefsten Punkt, so ist sie an diesem Tag zu dieser Uhrzeit gerade untergegangen. An den vorhergehenden und nachfolgenden Tagen befindet sie sich jedoch auf weniger tiefen Positionen im Analemma und ist um die betreffende Uhrzeit noch nicht untergegangen. Insbesondere liegt ihre Position zur Wintersonnwende zwar auf dem südlichsten, nicht aber auf dem tiefsten Punkt des Analemmas, so dass die Sonne am Tag der Wintersonnwende schon wieder ein Stück später untergeht als am Tag des frühesten Untergangs.
Für Beobachter auf geringeren geographischen Breiten steht der Himmelspol niedriger am Himmel. Entsprechend ist das Analemma für die Uhrzeit des frühesten Sonnenuntergangs stärker geneigt, und der tiefste Punkt des Analemmas wandert zu einem früheren Kalenderdatum. Der Datumsunterschied ist mit zunehmender Äquatornähe also stärker ausgeprägt. Ähnliche Argumente gelten für den spätesten Sonnenaufgang im Winter sowie für den frühesten Aufgang und den spätesten Untergang im Sommer.
Um schnell zu überblicken, was nun wann am frühesten oder spätesten stattfindet, lässt sich eine simple Regel ableiten, deren verbale Logik rein zufällig immer und auch auf der Südhalbkugel gilt:
Das früheste Ereignis geschieht vor, das späteste nach der Sonnenwende.
Dass es sich z. B. beim spätesten Ereignis im Sommer nur um einen Sonnenuntergang und im Winter nur um einen Aufgang handeln kann, ist selbstverständlich.
[Bearbeiten] Historisches
Die Zeitgleichung war schon den antiken Astronomen bekannt. Geminus (ca. 50 n. Chr.) erwähnt sie. Ptolemäus (ca. 150 n. Chr.) beschreibt im Almagest korrekt ihre Ursachen und berechnet sie.
In älteren Jahrbüchern findet sich die Zeitgleichung mit umgekehrtem Vorzeichen. Sie wurde damals zur beobachteten wahren Sonnenzeit addiert, um mittlere Sonnenzeit zu erhalten. Heutzutage liest man die mittlere Zeit von den (stets gleichmäßig laufenden) Uhren ab und addiert die Zeitgleichung, um die wahre Sonnenzeit zu erhalten. In den französischen Jahrbüchern ist die alte Konvention noch üblich.
[Bearbeiten] Quellen
Definition: [Meeus2000], S. 183
Berechnungsverfahren: [AstAlm2006], Seite C24
Geminus: [Neugebauer1975], S. 584
Ptolemäus: [Ptolemäus0150] Buch III Kap. 9
Vorzeichen früher und heute: [Meeus2000], S. 184
- [AstAlm2006] The Astronomical Almanac For The Year 2006. Washington, London 2004
- [Meeus2000] Meeus, J.: Astronomical Algorithms, Richmond 2000 (2nd ed., 2nd printing)
- [Neugebauer1975] Neugebauer, O: A History of Ancient Mathematical Astronomy, Berlin 1975
- [Ptolemäus0150] Ptolemäus, C.: Almagest, Alexandria, ca. 150
[Bearbeiten] Siehe auch
- Libration (vom Mond aus gesehen folgt die Erde ebenfalls einer Bewegung ähnlich der Zeitgleichung)
[Bearbeiten] Literatur
- Hughes, D. W., Yallop, B. D., Hohenkerk, C. Y.: The Equation of Time, Mon. Not. R. astr. Soc. (1989), 238, 1529–1535 [1]
- Bernd Loibl: Wann ist Mittag?. In: Sterne und Weltraum Sterne und Weltraum, Spektrum der Wissenschaft, 8–9/1996. S. 643–645
- Robert Weber. Zeitsysteme. In: Hermann Mucke (Hrsg.): Moderne astronomische Phänomenologie. 20. Sternfreunde-Seminar, 1992/93. Planetarium der Stadt Wien – Zeiss Planetarium der Stadt Wien – Zeiss Planetarium und Österreichischer Astronomischer Verein 1992, S. 55–102 (weblink, 15. Apr 2006)
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.greier-greiner.at/hc/zeitgleichung.htm mit Animation
- http://www.schulphysik.de/strutz/zeitgl.pdf mit Mathematik
- http://www.waa.at/hotspots/zeitgleichung/wintersonne.html Besonders gute Erklärung
- http://lexikon.astronomie.info/zeitgleichung/ Javascripts und einfache Formeln
- http://www.zum.de/Faecher/Materialien/gebhardt/astronomie/zeitglei.html Erklärungen, Bilder
- http://info.ifpan.edu.pl/firststep/aw-works/fsII/mul/mueller.html ausführliche Berechnungen samt mathematischem Hintergrund
Wiktionary: Zeitgleichung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |