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Abnutzungskrieg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Abnutzungskrieg (hebr. מלחמת ההתשה – Ermüdungskrieg) wird im speziellen Sinne ein begrenzter Krieg zwischen Ägypten und Israel von 1968 bis 1970 bezeichnet. Er wurde von Ägypten begonnen, um damit den Sinai, den Israel im Sechstagekrieg erobert hatte, zurückzuerobern. Der Krieg endete mit einem 1970 geschlossenen Waffenstillstand; keine der beiden Parteien konnte Gebietsgewinne verzeichnen.

Der Plan des ägyptischen Präsidenten Nassers wurde von seinem Vertrauten, dem Journalisten Mohamed Hassanein Heikal, folgendermaßen beschrieben:

"Wenn es dem Feind gelingt, uns einen Verlust von 50.000 Mann zuzufügen, so können wir dennoch weiterkämpfen, weil wir menschliche Reserven haben. Wenn es uns gelingt, ihm einen Verlust von 10.000 Mann zuzufügen, wird er sich unvermeidlich in einer Situation wiederfinden, wo er aufhören muss zu kämpfen, weil er keine menschlichen Reserven hat."

Im allgemeinen Sinne bezeichnet der Begriff jeden Krieg, bei dem darauf gesetzt wird, die Kräfte des Gegners mit der Zeit zu erschöpfen, auch wenn ihm keine direkte Niederlage beigebracht werden kann.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorgeschichte

Die Israelische Armee (IDF) hatte den Sechstagekrieg sehr schnell gewonnen und den Streitkräften Ägyptens eine schwere Niederlage zugefügt. Die gesamte Sinai-Halbinsel bis zum Sueskanal war in israelischer Hand. Die Armeen Gamal Abdel Nassers, die als die stärksten in der arabischen Welt galten, wurden nicht nur auf ganzer Linie geschlagen, sondern schwer gedemütigt. Ein starkes Gefühl der Scham und ein Vergeltungsbedürfnis waren die Folge. Die Vereinten Nationen und die beiden Supermächte versuchten vergeblich, eine diplomatische Lösung für den Konflikt zu finden. Am 22. November 1967 wurde die Resolution 242 des UN-Sicherheitsrates verabschiedet, die den israelischen Rückzug „aus besetzten Gebieten“ im Austausch für Frieden vorsieht. Diplomatische Mittel führten jedoch zu nichts und, nachdem im August 1967 alle arabischen Staaten in der sudanesischen Hauptstadt Khartum während einer Gipfelkonferenz erklärt hatten „keinen Frieden mit Israel, keine Verhandlungen mit Israel und keine Anerkennung Israels“ zu wünschen, erklärte Nasser es sei klar, dass „was durch Gewalt genommen wurde durch Gewalt zurückgewonnen werden muss“.

Dank großzügiger sowjetischen Waffenlieferungen konnte Ägypten seine materiellen Verluste aus dem Sechstagekrieg viel schneller ausgleichen, als man in Israel erwartet hatte. Zusätzlich kamen hunderte von sowjetischen Militärberatern ins Land, deren Zahl bei Kriegsbeginn 1500 betrug. Deren Anwesenheit, zusammen mit der von sowjetischen Piloten und Schiffen drohte den Konflikt in eine Ost-West Konfrontation zu eskalieren.

[Bearbeiten] Verlauf

Der Abnutzungskrieg begann im Juni 1968 mit vereinzeltem ägyptischen Artilleriebeschuss der israelischen Frontlinie auf der Ostseite des Sueskanals. Der Artilleriebeschuss verstärkte sich in den folgenden Monaten und kostete einige Israelis das Leben. Der Gegenschlag der israelischen Armee erfolgte in der Nacht des 30. Oktobers, als Hubschrauberlandetruppen die wichtigste ägyptische Stromversorgung zerstörten.

Der Stromausfall veranlasste Nasser die Feindseligkeiten für einige Monate einzustellen, während denen hunderte wichtige Ziele mit Verteidigungsverstärkungen versehen wurden. Gleichzeitig verstärkte Israel seine Positionen an der Ostseite des Kanals durch den Bau der Bar-Lev-Linie, einer Reihe von 35 Befestigungsanlagen, die in Nord-Süd-Richtung angeordnet waren und die von Infanterieeinheiten bewacht wurden.

Im Februar des Jahres 1969 verstärkte Nasser den Konflikt, indem er den Waffenstillstandsvertrag aus dem November des Vorjahres für null und nichtig erklärte. Am 8. März begann die ägyptische Artillerie mit dem massiven Bombardement der Bar-Lev-Linie. Dabei kam es zu starken israelischen Verlusten. Auch sowjetische MiG-21-Jagdgeschwader waren an der Attacke beteiligt.

Die israelische Verteidigungsarmee antwortete mit Angriffen, die tief in ägyptisches Gebiet reichten und schwere Schäden verursachten. Obwohl die ägyptischen Verluste viel höher waren als die israelischen, wich Nasser nicht von seiner aggressiven Taktik ab. Israel konnte die hohen Verluste zwar einigermaßen kompensieren, war aber hochgradig an einer Beendigung der Angriffe interessiert.

Am 20. und 24. Juli bombardierte nahezu die gesamte israelische Luftwaffe den nördlichen Kanalsektor und zerstörte mehrere Luftabwehrpositionen sowie einige Panzer und Artillerieeinheiten. Die Luftoffensive dauerte bis Dezember an und dabei wurde die ägyptische Luftabwehr praktisch vollständig zerstört. Der schwere Artilleriebeschuss konnte dadurch zwar reduziert werden, aber der Beschuss durch leichtere Waffen und besonders der Beschuss durch Mörser setzte sich fort.

Ohne Luftverteidigung konnte sich die israelische Luftwaffe unangreifbar über ägyptischen Luftraum bewegen und als sich die ägyptische Armee am 17. Oktober in die Niederlage fügte, begannen Gespräche zwischen den Supermächten. Dies führten zum Rogersplan, der am 9. Dezember veröffentlicht wurde. Er verlangte die ägyptische Verpflichtung zum Frieden im Austausch für einen israelischen Rückzug aus dem Sinai. Beide Seiten lehnten den Plan vehement ab. Nasser hoffte stattdessen auf technisch ausgereiftere sowjetische Waffen, um den Bombardements der israelischen Luftwaffe widerstehen zu können, die Sowjetunion lehnte es jedoch anfangs ab, die gewünschten Waffen zu liefern.

Am 22. Januar 1970 flog Nasser heimlich nach Moskau, um die kritische Situation zu diskutieren. Seiner Anfrage betreffs SAM-Batterien (einschließlich der 3M9 Kub und der Strela-2) wurde zwar bereitwillig entsprochen, aber für ihren Aufbau benötigte man qualifiziertes Personal sowie starke Lufteinheiten, um sie vor israelischen Angriffen zu schützen. Erst unter Drohungen Nassers, sich bei Ausbleiben dieser Personalhilfe den Amerikanern zuzuwenden, willigte Leonid Breschnew ein. Bis 30. Juni stieg das sowjetische Personal von 2.500-4.000 im Januar auf 10.600-12.150. Hinzu kamen 100-150 Piloten.

Die direkte Intervention der Sowjets, auch bekannt unter der Bezeichnung Operation Kavkaz, erwies sich als problematisch für Israel. Washington befürchtete eine Eskalation und missbilligte Israels Bombenkampagne. Hinzu kam am 8. April die Bombardierung einer ägyptischen Grundschule, die sich innerhalb einer militärischen Einrichtungen befand. Dabei kamen 47 Schulkinder ums Leben und Israel beendete daraufhin seine Angriffe. Stattdessen konzentrierte man sich auf Einrichtungen am Kanal.

Die Ruhepause gab Ägypten die Möglichkeit, ihre SAM-Anlagen näher am Kanal aufzubauen. Sowjetische MiG-Jäger stellten den notwendigen Luftraumschutz zur Verfügung. Am 18. April flogen 8 MiGs über die Kanalzone und wurden von zwei F-4 Phantom Jagdbombern abgefangen und abgeschossen. Die Piloten sprachen absichtlich über Funk russisch, um die Israelis vor weitergehenden Schritten zu warnen.

Trotz starker Verluste konnten die sowjetischen und ägyptischen Verteidigungseinrichtungen näher an den Kanal gebracht werden und Israel hatte keine Mittel hiergegen vorzuweisen. Die SAM-Batterien hätten den Ägyptern erlaubt, ihre Artillerieeinheiten zu bewegen, welche wiederum die Bar-Lev-Linie bedrohten. Im April 1970 wurden die Verhandlungen wiederaufgenommen, diesmal mit den USA als dem hauptsächlichen Verhandlungsführer. Am 7. August konnte ein Waffenstillstand geschlossen werden. Er sollte für drei Monate bestehen und es keiner Seite erlauben, den militärischen Status Quo innerhalb einer Zone von 50 Kilometern östlich und westlich der Waffenstillstandslinie von 1967 zu verändern.

Trotz des Waffenstillstands verlegte Ägypten weiterhin SAM-Einheiten in diese Zone, um sich für ein mögliches Ende des Waffenstillstands in eine bessere Position zu bringen. Bis Oktober waren schließlich 100 SAM-Anlagen in der Zone.

Nasser konnte seine “Befreiung des Kanals” jedoch nicht mehr zuendeführen, denn er starb am 28. September an einem Herzanfall und Vizepräsident Anwar Sadat wurde sein Nachfolger.

Während des Krieges kamen 1.424 israelische Soldaten ums Leben und über 3000 wurden verletzt. Die israelische Luftwaffe räumt den Verlust von 11 Flugzeugen ein. Die ägyptischen Opferzahlen, die viel höher liegen, sind nicht offiziell bekannt gemacht worden, aber der israelische Historiker Benny Morris behauptet in seinem Buch Righteous Victims, dass etwa 10.000 ägyptische Soldaten und Zivilisten ums Leben kamen, und meint, in Berufung auf IDF Statistiken, dass 98 Flugzeuge abgeschossen wurden.

Beide Seiten erklärten sich zum Sieger. Ägypten reklamierte den Sieg für sich, weil die vorangegangenen Kriege in den Jahren 1948, 1956 und 1967 gegen Israel klar verloren wurden, diesmal die Armee jedoch keine Gebiete verlor. Das israelische Establishment stellte in den Vordergrund, dass die ägyptische Offensive aufgehalten werden konnte und dass man es zudem nicht auf die Eroberung ägyptischer Territorien angelegt hatte. Außerdem ging man davon aus, Ägypten hätte nun eingesehen, dass es Israel nicht in einem konventionellen Krieg schlagen könne. Diese Meinung musste jedoch zumindest teilweise revidiert werden, denn Sadat begann fast sofort danach mit den Planungen für den Jom-Kippur-Krieg der nur drei Jahre später folgte.

[Bearbeiten] Literatur

  • Benny Morris: Righteous Victims. A History of the Zionist-Arab Conflict, 1881-1999, 1999 ISBN 0679421203
  • Bar-Simon Tov, Yaacov: The Israeli-Egyptian War of Attrition, 1969-70. New York: Columbia University Press, 1980.

[Bearbeiten] Verwandte Artikel

[Bearbeiten] Personen

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