Aktiver galaktischer Kern
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Unter der Klasse der aktiven galaktischen Kerne (englisch: Active Galactic Nuclei, kurz AGN) werden bestimmte astrophysikalische Erscheinungen wie Quasare, Radiogalaxien, Seyfert-Galaxien, LINER Galaxien und BL Lacertae-Objekte zusammengefasst.
Die drei wichtigsten Eigenschaften von AGN sind:
- Die aktiven galaktische Kerne erscheinen auf Aufnahmen sternförmig. Auf Bildern sind diese Objekte zunächst kaum (oder gar nicht) von Sternen zu unterscheiden. Die Spektren dieser Objekte enthüllen aber, daß es sich nicht um Sterne handelt. Durch Multiwellenlängen-Analysen ist man der wahren Natur dieser Objekte auf die Spur gekommen.
- Die AGNs gehören zu den leuchtkräftigsten Objekten im Universum und sind daher auch auf große Entfernungen noch gut zu erkennen.
- Das Gebiet, das die Strahlung eines AGNs aussendet, ist in etwa von der Größe unseres Sonnensystems.
Ein AGN besteht in der Kernregion aus einem supermasserreichen schwarzen Loch, um das sich eine Akkretionsscheibe bildet. Senkrecht zur Ebene dieser Akkretionscheibe bildet sich ein gebündelter Jet ab (Länge bis zu Megaparsec). Oberhalb der Akkretionsscheibe befindet sich die so genannte Broad-Line-Region (BLR), d.h. eine Region, in der sich stark ionisierte Wolken mit hoch-relativistischen Geschwindigkeiten bewegen, was sich im beobachteten Spektrum der Quelle durch stark verbreiterte Linien bemerkbar macht. Oft ist diese Kernregion noch von einem Staubtorus umgeben. Weiter außerhalb befindet sich die Narrow-Line-Region (NLR), in der sich, ähnlich zur BLR, Wolken befinden, welche sich aber langsamer bewegen. Daher sind diese Emissionslinien im Spektrum weniger stark verbreitert. Dieses Standardmodell der AGN wurde 1995 von Urry und Padovani veröffentlicht.
Welches "Familienmitglied" der AGN man nun beobachtet, hängt (a) von dem Winkel zwischen Beobachter und der Achse des Jets ab, (b) wieviel Masse das Schwarze Loch besitzt und (c) wieviel Masse das Schwarze Loch akkretiert.
Bei den hochenergetischen Blazaren geht man von wenigen Grad von der Rotationsachse aus, man sieht also direkt auf den Jet. Bei anderen Objekten (z.B. Seyfert-Galaxien) dagegen sieht man kein charakteristisches Signal der Akkretionsscheibe und keine stark verbreiterten Emissionslinien, da man hier im 90°-Winkel zur Jetachse auf das Objekt sieht und somit der Staubtorus die Sicht auf die innere Region des AGN verdeckt.
Die Jets bestehen aus Materie, welche die Kernregion nahezu mit Lichtgeschwindigkeit ausstößt. Wahrscheinlich wird der Jet beschleunigt, indem Magnetfeldlinien durch Frame-Dragging in der Ergosphäre des Schwarzen Lochs "aufgewickelt" werden und nach den Gesetzen der Magnetohydrodynamik ein sehr hoher magnetischer Druck entsteht, der das Material heraus drückt. Die spiralförmig angeordneten Magnetfeldlinien sorgen dann auch für die Bündelung des Strahls. Innerhalb dieser Jets bewegen sich Plasmoide, so genannte Blobs, von denen sehr starke, sehr harte Strahlung ausgeht.
Solche Ausbrüche spielen sich meist auf Zeitskalen von Tagen ab.
Einer der intensivsten Ausbrüche, der von dem Gamma-Teleskop EGRET bei einem Blazar beobachtet wurde, zeigte eine Intensitätsverdoppelung innerhalb weniger Stunden.
Aktivere Phasen sind bei AGN in Zeiträumen von Wochen und Monaten zu beobachten, während die ruhigeren Phasen länger anhalten.
Sowohl AGN als auch ihre Akkretionsscheiben, Jets und Tori sind Gegenstand heutiger Forschung.
[Bearbeiten] Literatur
- Steffen Nehls: Spektrale Energieverteilung von röntgenselektierten Quasaren. Diplomarbeit an der Universität Hamburg. Download PDF, 4 MB
- Carsten Arbeiter: Inverse Comptonstreuung und die Hochenergie–Emission relativistischer Stoßwellen. Dissertation an der Ruhr-Universität Bochum. Download PDF, 2 MB