Antibürokratische Revolution
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Die „Antibürokratische Revolution” war eine politische Entwicklung mit nationalistischem Hintergrund in Serbien und Montenegro, in deren Laufe in dem Jahr 1989 Großdemonstrationen durch den damaligen serbischen Machthaber Slobodan Milošević inszeniert wurden, welche die Beendigung der seit den Jahren 1849 und 1945/46 bestehenden Autonomie der serbischen Provinzen Vojvodina (seit 1919/20 erstmals zu Serbien, vorher zu Österreich-Ungarn) und Kosovo einläuteten. Der Höhepunkt dieser Veranstaltungen war die traditionelle 600-Jahr-Feier anlässlich der verlorenen Schlacht gegen die Türken auf dem Amselfeld. Im Zuge dieser Kampagne wurde 1986 im Memorandum der Serbischen Akademie der Wissenschaften eine erfundene Diskriminierung der Serben in der Regierungszeit Titos auf pseudowissenschaftliche Basis gestellt sowie von Historikern und Schriftstellern ein jahrhundertelanger Völkermord an den Serben konstruiert. Neben Milosevic wirkten auch andere Politiker, die Serbisch-Orthodoxe Kirche und Intellektuelle dabei mit.
Die beiden autonomen Provinzen wurden, wie Kosovo bereits vor 1946, unter serbische Zentralverwaltung gestellt, die bisherigen Regierungen entlassen und durch Slobodan Milošević–loyale Parteifunktionäre ersetzt. Der Autonomiestatus der Vojvodina, die seit 1974 faktisch den Teilrepubliken gleichgestellt war, wurde wieder auf den Status vor 1974 zurückgesetzt.
Im Frühjahr 1989 wurde im Kosovo staatliche Institutionen wie z. B. die Polizei und das Schulwesen serbisiert und als Amtssprache wurde Serbisch wiedereingeführt.
In der Folge kam es im Frühjahr 1989 zu großen Autonomiekundgebungen der breiten albanischen Bevölkerungsmehrheit im Kosovo. Diese wurden brutal niedergeschlagen, und der Ausnahmezustand über die Region verhängt. Es gab viele Todesopfer. Kosovo-albanische Aktivisten wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Am 3. März 1991 beschloss die Regierung Jugoslawiens „spezielle Maßnahmen“, um den Widerstand der Kosovaren zu brechen.
Am 22. Januar 1990 wurden beim außerordentlichen Kongress der Kommunistischen Partei Jugoslawiens sämtliche Reformvorschläge der slowenischen und der kroatischen Delegation von den Gefolgsleuten Miloševićs niedergestimmt. Serbien und Montenegro hatten nach der Auflösung der autonomen Provinzen gemeinsam die absolute Stimmenmehrheit im jugoslawischen Parlament. Daraufhin verließ zunächst die slowenische, wenig später auch die kroatische Delegation das Parlament. Dies gilt als das faktische Ende Jugoslawiens. Im Sommer 1990 wurden sowohl in Slowenien als auch Kroatien Referenden über deren staatliche Unabhängigkeit abgehalten. In beiden Staaten stimmte eine überwältigende Mehrheit der Wähler für den Austritt aus Jugoslawien. Am 25. Juni 1991 erklärten die beiden Staaten ihre Unabhängigkeit. Am 6. März 1992 erklärte Bosnien-Herzegowina nach dem ebenfalls abgehaltenen Referendum seine Unabhängigkeit.
[Bearbeiten] Literatur
- Laura Silber, Allan Little: Bruderkrieg. Der Kampf um Titos Erbe. Deutsche Bearbeitung von Walter Erdelitsch. Verlag Styria, Graz 1995. 464 Seiten.