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Jugoslawien - Wikipedia

Jugoslawien

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Der politische Zerfall Jugoslawiens
Der politische Zerfall Jugoslawiens

Jugoslawien („Südslawien“) war ein Staat in Südosteuropa, der in unterschiedlicher territorialer und politischer Form von 1918 bis 2003 bestand. Während sich das Staatsgebiet zwischen 1918 und 1991 nur geringfügig änderte, verkleinerte es sich 1991/1992 durch den Austritt von vier Republiken auf rund die Hälfte der bisherigen Größe. Die Einteilung in verschiedene politische Systeme zeigt folgende Erscheinungsformen auf:

2003 wurde der Begriff „Jugoslawien“ als Staatenbezeichnung durch Serbien und Montenegro ersetzt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geographie

In der Zeit von 1954 bis 1991 hatte Jugoslawien eine Fläche von 255.804 km². Es grenzte an Italien, Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland und Albanien und hatte eine lange Küste am Adriatischen Meer mit zahlreichen Inseln. Der Nordosten des Landes war relativ flach, der Rest des Landes eher gebirgig. Höchster Berg war der Triglav (2864 m, in den Julischen Alpen nahe Jesenice). An der Grenze zu Albanien lagen drei große Seen: der Skutarisee, der Ohridsee und der Prespasee. Die Donau durchfloss den Nordosten Jugoslawiens (u. a. die Städte Novi Sad und Belgrad) und bildete einen Teil der Grenze zu Rumänien, das dortige Durchbruchstal wird als Eisernes Tor (serbokroatisch: Đerdap) bezeichnet. Wichtige Nebenflüsse der Donau in Jugoslawien waren die Drau (Drava), die Save (Sava) und die Morava.

[Bearbeiten] Bevölkerung

Hauptartikel: Bevölkerung Jugoslawiens

Jugoslawien hatte 1991 rund 23.5 Millionen Einwohner, es gab 19 Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern. Die größten Städte waren Belgrad (1.168.000 Einwohner) und Zagreb (706.800 Einwohner).


[Bearbeiten] Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Jugoslawiens

[Bearbeiten] „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ bzw. „Königreich Jugoslawien“ (1918–1941)

Hauptartikel: Königreich Jugoslawien
Aufteilung der österreichischen und ungarischen Reichshälfte nach den Pariser Vorortverträgen
Aufteilung der österreichischen und ungarischen Reichshälfte nach den Pariser Vorortverträgen

Der jugoslawische Staat entstand nach dem Ersten Weltkrieg aus den vorher unabhängigen Königreichen Serbien und Montenegro (unter Einschluss der von Serbien in den Balkankriegen 1912/13 erworbenen mazedonischen Gebiete) und südslawisch besiedelten Teilen Österreich-Ungarns (hpts. das ehemalige Kronland Krain mit südlichen Gebieten der Kronländer Kärnten und Steiermark, Kroatien-Slawonien, Dalmatien, Bosnien und die Vojvodina).

Offizielle Bezeichnung war zunächst Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (1918–1920 Kraljevstvo Srba, Hrvata i Slovenaca, seit 1920 Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca, abgekürzt auch SHS-Staat). Staatsoberhaupt wurde der serbische König Peter I..

Von Beginn an war die politische Situation des neuen Staates geprägt von dem sich zuspitzenden Konflikt zwischen den nach Autonomie strebenden kroatischen Kräften und den großserbischen Nationalisten. Das Scheitern eines Ausgleichs führte schließlich zur Staatskrise: König Alexander I. setzte die Verfassung außer Kraft und errichtete die erste Königsdiktatur auf dem Balkan. In der am 3. Oktober 1929 eingeführten Verfassung wurde der Staat in Königreich Jugoslawien (Kraljevina Jugoslavija) umbenannt. Eine neue Verwaltungsgliederung (9 Banovine) wurde eingeführt, die wenig Rücksicht auf überkommene Grenzen nahm.

Aufteilung der Banschaften 1930
Aufteilung der Banschaften 1930

1941 wurde das Königreich Jugoslawien von Deutschland und Italien besetzt und aufgelöst: Während Serbien militärisch besetzt blieb, wurde Slowenien zwischen Deutschland und Italien geteilt, Kroatien (mitsamt großen Teilen Bosnien-Herzegovinas) zu einem schein-unabhängigen faschistischen Vasallenstaat namens Unabhängiger Staat Kroatien, während Montenegro und einige weitere südliche Gebiete, die zu Albanien geschlagen wurden, italienisch besetzte Vasallenstaaten wurden. Gliederung:

  • 1918–1921 7 Länder (Pokrajine)
  • 1921–1929
  • 1929–1939 9 Banschaften (Banovine)
  • 1939–1941 7 normale Banschaften und die autonome Banschaft Kroatien (Banovina Hrvatska)

[Bearbeiten] Föderative Volksrepublik Jugoslawien (1945–1963) und Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (1963–1992)

Jugoslawien 1954-1991
Jugoslawien 1954-1991
Karte des ehemaligen Jugoslawiens
Karte des ehemaligen Jugoslawiens

Mit den AVNOJ-Beschlüssen vom 23. November 1943 wurde während des Zweiten Weltkrieges der Grundstein für eine neue Föderation südslawischer Völker unter der Führung der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) gelegt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Jugoslawien als sozialistischer Bundesstaat aus 6 Teilrepubliken (Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien und Mazedonien) gegründet. Es hieß vom 10. August 1945 bis 29. November 1945 zunächst Demokratisches Föderatives Jugoslawien (Demokratska Federativna Jugoslavija, DFJ). Am 29. November 1945 wurde die Föderative Volksrepublik Jugoslawien (Federativna Narodna Republika Jugoslavija) proklamiert, die am 31. Januar 1946 eine nach dem Vorbild der UdSSR gestaltete Verfassung erhielt. Am 7. April 1963 wurde der Staat in Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija/SFRJ) umbenannt.

1974 wurden die Provinzen Vojvodina und Kosovo in einer neuen Verfassung zu autonomen Provinzen innerhalb Serbiens erklärt (Artikel 2). De facto wurden die Provinzen dadurch informell zu Republiken aufgewertet, die Serbien nur formell unterstanden. Doch wurde ihnen im Gegensatz zu Republiken kein Recht auf Selbstbestimmung (einschließlich des Rechts auf Sezession) eingeräumt.

Im Laufe der Jahre 19901992 erklärten nach den ersten demokratischen Wahlen und einem Referendum alle Teilrepubliken bis auf Serbien und Montenegro ihre staatliche Unabhängigkeit. Die Referenden in Kroatien und Bosnien-Herzegowina wurden jedoch von den Serben boykottiert, weil sie in der jugoslawischen Verfassung als „konstitutives Volk“ beider Teilrepubliken mit Kroaten bzw. bosnischen Moslems gleichberechtigt waren, aber dennoch nach ihrer Auffassung einseitig und verfassungswidrig zu Minderheiten degradiert werden sollten. Im Gegenzug organisierte die serbische Minderheit in Kroatien vom 19. August bis 2. September 1990 ein eigenes Referendum, in dem sie sich von Kroatien unabhängig erklärten, die Republik Serbische Krajina ausriefen und einen Zusammenschluss mit den an der Fortführung der Föderation interessierten Teilrepubliken Serbien und Montenegro anstrebten. Im November 1991 hielten die Serben in Bosnien ebenfalls ein Referendum ab und gründeten am 9. Januar 1992 die Republika Srpska, die das gleiche Ziel verfolgte. Diese Ereignisse führten zum gewaltsamen Zerfall der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien und mündeten in die so genannten Jugoslawienkriege.

Während des Bestehens der SFRJ war Jugoslawien in 6 Teilrepubliken (Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Slowenien) und 2 Provinzen (ab 1974: Autonome Provinzen) innerhalb Serbiens (Kosovo, Vojvodina) gegliedert.

[Bearbeiten] Auseinanderbrechen Jugoslawiens ab 1991

Hauptartikel: Jugoslawienkriege
Die Bevölkerungsgruppen Jugoslawiens 1991
Die Bevölkerungsgruppen Jugoslawiens 1991

Außer in Serbien wurden in allen ehemaligen Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawien nach durchgeführten demokratischen Wahlen Referenden über die staatliche Souveränität abgehalten.

Bei jeweils sehr hohen Wahlbeteiligungen stimmten für die jeweilige staatliche Souveränität:

Serbien und Montenegro, das sich nach 1992 als "Föderative Republik Jugoslawien" bezeichnete (die Bezeichnung "Sozialistisch" also tilgte), und diese Staatsbezeichnung bis 2003 weiterführte (z.B. auch die Domain "yu" erwarb) wurde von manchen als „Restjugoslawien“ bezeichnet. Auch sah sich die "Föderative Republik Jugoslawien" als im völkerrechtlichen Sinne identisch mit der "Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien" an. Dies wurde jedoch international weitgehend nicht anerkannt. So forderte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die "Föderative Republik Jugoslawien" ausdrücklich auf, eine Neumitgliedschaft bei den Vereinten Nationen zu beantragen. Auch die Bundesrepublik Deutschland erkannte diesen Kontinuitätsanspruch nicht an, die Frage blieb jedoch umstritten. Jedoch ist mit der am 23. Februar 2003 erfolgten Umbenennung Jugoslawiens in "Serbien und Montenegro" inzwischen davon auszugehen, dass auch der betroffene Staat selbst den Anspruch auf Kontinuität aufgegeben hat.

In Serbien und Montenegro gab es in jüngster Zeit erneute Abspaltungstendenzen, die nach einer Volksabstimmung am 21. Mai 2006 zur Unabhängigkeit von Montenegro und somit auch zur Auflösung des Staatenbundes Serbien und Montenegro führten. Am 3. Juni 2006 rief das montenegrinische Parlament in Podgorica offiziell die Unabhängigkeit Montenegros aus. Derzeit werden intensive Verhandlungen auf internationaler Ebene über die weitere Stellung der serbischen Provinz Kosovo (serb. Kosovo i Metohija) geführt.

[Bearbeiten] „Bundesrepublik Jugoslawien“ (1992–2003) bzw. „Serbien und Montenegro“ (2003–2006)

Hauptartikel: Serbien und Montenegro

Im Jahre 1992 bildeten die Republiken Serbien und Montenegro die Bundesrepublik Jugoslawien (Savezna Republika Jugoslavija), auch Rest-Jugoslawien genannt. Diese wurde am 4. Februar 2003 durch den Staatenbund Serbien und Montenegro (Srbija i Crna Gora) abgelöst.

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen beschloss am 22. September 1992 durch Mehrheitsbeschluss (Billigung von 127 Ländern bei 26 Enthaltungen und sechs Gegenstimmen), dass die aus Serbien und Montenegro bestehende Bundesrepublik Jugoslawien nicht automatisch die Rechtsnachfolge der SFRJ als Mitgliedstaat der UN antreten könne, sondern sich ebenso wie die anderen Nachfolgestaaten der SFRJ neu um die Mitgliedschaft bewerben müsse. Die Bundesrepublik Jugoslawien dürfe deshalb den Sitz der SFRJ in der UN-Vollversammlung nicht mehr wahrnehmen. Da die Bundesrepublik Jugoslawien sich weigerte, diesen Beschluss zu akzeptieren, verlor sie de facto ihren Sitz in der Vollversammlung. Erst im Jahre 2000 wurde die Bundesrepublik Jugoslawien, nachdem sie sich wie gefordert neu beworben hatte, wieder in die UN aufgenommen und auch der frühere jugoslawische UNO-Sitz übertragen. Mit der Annahme einer neuen Verfassung im Jahre 2003 benannte sich die Bundesrepublik Jugoslawien um in „Serbien und Montenegro“. Dies stellte das Ende des Begriffs „Jugoslawien“ als Staatsname dar.

[Bearbeiten] Staatsrechtliche Entwicklung

Hauptartikel: Geschichte Jugoslawiens

Während es zwischen dem ersten (Königreich 1918-1941) und dem zweiten jugoslawischen Staat (Föderative Volksrepublik 1945-1963, Sozialistische Föderative Republik 1963-1992) eine juristische Kontinuität gab, war das 1992 gegründete dritte Jugoslawien (Bundesrepublik) nach vorherrschender Rechtsauffassung der Badinter-Kommission nur einer von fünf Nachfolgestaaten des zweiten Jugoslawiens (Staatenbund Serbien und Montenegro). Die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien zerfiel nach Meinung der Badinter-Kommission in die folgenden souveränen Republiken, von denen die meisten daraufhin ihre Unabhängigkeit erklärten und nach und nach international anerkannt wurden: Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) und Mazedonien. Der Staatenbund Serbien und Montenegro, dessen Rechtsnachfolge Serbien antrat, löste sich 2006 mit dem Ausscheiden Montenegros auf, so dass heute alle früheren Teilrepubliken der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien unabhängige Staaten darstellen.

[Bearbeiten] Wirtschaft

Hauptartikel: Wirtschaft Jugoslawiens

Das Königreich Jugoslawien hatte ein kapitalistisches Wirtschaftssystem, die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien zunächst kurzzeitig ein kommunistisches Wirtschaftssystem nach dem Vorbild der UdSSR, ab Anfang der 1950er Jahre ein System der Arbeiterselbstverwaltung. Die Währung Jugoslawiens war der Jugoslawische Dinar. Innerhalb Jugoslawiens gab es ein deutliches wirtschaftliches Nord-Süd-Gefälle.

[Bearbeiten] Kultur

[Bearbeiten] Literatur und Theater

Der bekannteste jugoslawische Schriftsteller war Ivo Andrić (1892-1975), der 1961 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Weitere bedeutende Schriftsteller waren Miroslav Krleža (1893-1981) und Aleksandar Tišma (1924-2003).

siehe auch Liste jugoslawischer Schriftsteller

Der 1941 in der Schweiz erschienene Jugendroman Die Rote Zora und ihre Bande von Kurt Held spielt in Jugoslawien. Eine Übersetzung von Gustav Gavrin erschien in Jugoslawien 1952 unter dem Titel Družina riđokose zore. Der in Jugoslawien geborene Schriftsteller Milo Dor (1923-2005) lebte in Wien und schrieb in deutscher Sprache; viele seiner Werke spielen in Jugoslawien.

[Bearbeiten] Film

Bis 1945 wurden in Jugoslawien nur wenige Filme gedreht. In den 1950er Jahren war ein am italienischen Neorealismus angelehnter Stil vorherrschend, der dann durch den Novi Film abgelöst wurde. In den 1980er Jahren waren die Filme von Emir Kusturica auch international erfolgreich.

Vor allem in den 1960er Jahren entstanden zahlreiche Koproduktionen zwischen Jugoslawien und der BRD, unter anderem zahlreiche Karl-May-Filme, die häufig im Nationalpark Plitvicer Seen entstanden.

[Bearbeiten] Bildende Kunst

In Jugoslawien lebten einige der bedeutendsten Vertreter der Naiven Malerei (unter anderem Ivan Generalić).

In Jugoslawien gibt es neben zahlreichen historischen Baudenkmalen auch bedeutende Beispiele moderner Architektur.

[Bearbeiten] Musik

Hauptartikel: Musik Jugoslawiens

[Bearbeiten] Sport

Jugoslawien war Gastgeber der Fußball-Europameisterschaft 1976. Die Olympischen Winterspiele 1984 fanden in Sarajevo statt.

Jugoslawien war stark im Basketball (die Herren-Nationalmannschaft war Weltmeister 1970, 1978 und 1990, sowie Europameister 1973, 1975, 1977, 1989 und 1991, und gewann bei den Olympischen Sommerspielen 1980 die Goldmedaille). Jugoslawien war Handball-Weltmeister 1973 (Damen) und 1986 (Herren).

[Bearbeiten] Literatur

  • Johannes Grotzky: Balkankrieg. Der Zerfall Jugoslawiens und die Folgen für Europa. Serie Piper, München 1993
  • Diana Johnstone: Fools' Crusade: Yugoslavia, NATO and Western Delusions. Monthly Review Press, New York 2002. ISBN 1-58367-084-X
  • Peter Radan: The Break-up of Yugoslavia and International Law. Routledge, New York/London 2002. ISBN 0-415-25352-7 [1] [2]
  • Kurt Hielscher, Jugoslavien: Slovenien, Kroatien, Dalmatien, Montenegro, Herzegowina, Bosnien, Serbien; Landschaft, Baukunst, Volksleben, 1926
  • Holm Sundhaussen: Experiment Jugoslawien. Von der Staatsgründung bis zum Staatszerfall. BI-Taschenbuchverlag, Mannheim 1993. ISBN 3-411-10241-1

[Bearbeiten] Kultur

  • Ljiljana Blagojević, Modernism in Serbia. The elusive margins of Belgrade architecture, 1919-1941, 2003 (ISBN 0-262-02537-X)

[Bearbeiten] Weblinks

s:
Wikisource
Wikisource: sl:Ustava Socialistične federativne republike Jugoslavije (1974) – Quellentexte

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