Aptamer
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Ein Aptamer ist ein kurzer DNA- oder RNA-Einzelstrang (Oligonukleotid = 40 - 70 Basen), der Moleküle über seine 3D-Struktur, spezifisch binden kann.
Aptamere binden an Proteine, z. B. Wachstumsfaktoren und bakterielle Gifte, niedermolekulare Stoffe, wie Aminosäuren und Antibiotika, und auch an Viruspartikel. Aptamere haben Dissoziationskonstanten im pico- bis nanomolaren Bereich. Das bedeutet, sie binden an ihre Zielmoleküle ähnlich stark wie Antikörper. Diese hohe Spezifität wird erreicht, indem sich die 3D-Struktur des Oligonukleotides genau um den Bindungspartner herumfaltet. Die wichtigsten Interaktionen neben der Passgenauigkeit sind elektrostatische Wechselwirkungen, Wasserstoffbrücken und Basen-Stapelung (engl. base stacking). Aptamere werden künstlich (in vitro), nach dem Kriterium einer möglichst hohen spezifischen Bindungsaffinität hergestellt. Dazu erstellt man große Zufallsbibliotheken von Oligonukleotiden unterschiedlicher Basenabfolge, in einer Größenordnung von 1014 bis 1015 verschiedenen Sequenzen pro µmol. (Bei einer Oligonukleotidlänge von 40 bis 70 Basen wären deutlich mehr Variationen möglich, bis zu 1042, aber solche Mengen sind nicht wirtschaftlich herstellbar) Aus diesen Sequenzen werden über selection of ligands by exponential enrichment (SELEX) = Auswahl von Liganden über exponentielle Anreicherung diejenigen herausgefiltert, die das gewünschte Molekül am stärksten binden. Die Aptamer Kandidaten werden mit immobilisierten Liganden vermischt und die nicht Gebundenen weggewaschen. Zurück bleiben Kandidaten, die eine hohe Affinität für das Zielmolekül besitzen. Diese vermehrt man über PCR und beginnt einen neuen Zyklus von Bindung und Wegwaschen der schwächer gebundenen Kandidaten. Nach mehreren Durchgängen erhält man ein oder zwei Oligonukleotide, die als Aptamere bezeichnet werden.
Aptamere vereinen die günstigen Eigenschaften von kleinen Molekülen und Antikörpern. Zu diesen Eigenschaften gehören unter anderem
- hohe Spezifität und Affinität
- chemische Stabilität
- niedrige Immunogenizität
- die Fähigkeit der gezielten Beeinflussung von Protein-Protein-Interaktionen
Im Gegensatz zu monoklonalen Antikörpern werden Aptamere chemisch synthetisiert und nicht biologisch exprimiert, was einen erheblichen Kostenvorteil bei ihrer Synthese darstellt. Bei ihrer Synthese können vielfältige Modifikationen, wie beispielsweise der Einbau von Fluoreszenzreportermolekülen oder Affinitäts-Tags, vorgenommen werden.
[Bearbeiten] Anwendungen
Durch ihre Fähigkeit, die Funktion einzelner Proteine in der Zelle gezielt auszuschalten, gelten Aptamere als viel versprechende molekulare Werkzeuge. Aptamere finden Verwendung als Therapeutika, in der medizinischen Diagnostik und der Umweltanalytik.
Insbesondere in der Onkologie sind mit Aptameren vielversprechende Therapieansätze möglich. Zur Zeit gibt es keinen auf Aptameren basierenden Wirkstoff für die Krebstherapie. Mehrere klinische Studien wurden jedoch begonnen.
Ende 2006 wurde ein auf der Aptamer-Technologie basierender Kokain-Schnelltest vorgestellt.
[Bearbeiten] Altersbedingte Makuladegeneration (AMD)
Im Dezember 2004 wurde in den USA Pegaptanib zugelassen, das nach der europaweiten Zulassung im Februar 2006 seit Mai 2006 in Deutschland im Handel ist. Es ist für die Anwendung gegen die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) zugelassen. AMD ist in den Industrieländern die häufigste Erblindungsursache im Alter.
Pegaptanib ist ein Aptamer, das mit dem Ziel entwickelt wurde, hochspezifisch und mit hoher Affinität an den Wachstumsfaktor VEGF (vascular endothelial growth factor) zu binden. Dies gelingt auch, doch nach den vorgestellten Studienergebnissen, wird dadurch der Sehverlust „nur“ abgebremst, aber nicht aufgehalten. Pegaptanib wird von Pfizer unter dem Markennamen Macugen vertrieben.
[Bearbeiten] Weblinks
- Aptamere und Intramere (Vorlesung Universität Marburg)
- Kokain-Schnelltest auf Aptamerbasis
- Pegaptanib gegen AMD
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