Arnold Paole
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Geschichte von Arnold Paole ist eine der wenigen frühen Vampirgeschichten, die über die Jahre sorgfältig und ohne Veränderung der Tatsachen überliefert wurde. Der tatsächliche Name lautete vermutlich Pavle, und der Namensbestandteil "Arnold" ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Verballhornung des türkischen Wortes "Arnaut", das einen christlichen Söldner in osmanischen Diensten bezeichnet.
[Bearbeiten] Zusammenfassung
Im Frühjahr 1727 kam Arnold Paole von seinem Militärdienst in der osmanischen Armee zurück nach Hause in Medvedga, (heute: Medvica) an der Morava, in der Nähe der serbischen Stadt Niš. Das Gebiet im Süden Serbiens war seit einigen Jahren unter habsburgischer Herrschaft. Der ehemalige Söldner erwarb ein Stück Land, wandte sich der Landwirtschaft zu und war bald in der Dorfgemeinschaft bekannt. Möglicherweise erhielt er als ehemaliger Soldat auch Zuschüsse von der habsburgischen Militärverwaltung, die bemüht war, an der Grenze zum Osmanischen Reich eine Miliz aufzubauen, die mit dem Land, aber auch mit der Kriegsführung der Osmanen vertraut war. Nach einiger Zeit verliebte er sich in die Tochter des Landbesitzers, dessen Land an seines grenzte, und die beiden heirateten.
Arnold erzählte seiner Frau, dass er große Angst davor hätte, frühzeitig zu sterben. Zu seiner Militärzeit war er in Kosovo (im Originaltext: "im türckischen Servien") stationiert gewesen, wo der Aberglaube besagte, dass ein Fluch jene ereilt, die sich selber töten, und zwar werden sie in ruhose Untote, d. h. in Vampire, verwandelt. Auch erzählte er seiner Frau, dass er dort von einem Untoten Wesen besucht wurde, er aber das Grab dieses Wesens aufgesucht und den Leichnam verbrannt hätte, so wie es dort üblich war. Darüber hinaus hatte er von der Erde, unter welcher der Vampir begraben lag, gegessen, um sich vor weiteren Attacken zu schützen. Dieses Erlebnis hatte ihn jedoch so stark beeinträchtigt, dass er das Militär verließ und nach Hause zurückkehrte.
Im Jahre 1732 stürzte Arnold aus großer Höhe und wurde bewusstlos ins Haus getragen. Er musste wohl innere Verletzungen gehabt haben, denn er starb kurz darauf. Er wurde auf dem örtlichen Friedhof begraben. Kurze Zeit danach begannen die Gerüchte um Arnold. Er wurde mehrfach im Ort gesehen, immer bei Nacht. Einige behaupteten sogar, er hätte sie besucht und sie gewürgt. Allerdings war in keinem der Augenzeugenberichte vom Blutsaugen die Rede. Einige Wochen später wurden jedoch mehrere der Personen, die behauptet hatten, Arnold nach seinem Tod gesehen zu haben, tot aufgefunden, ohne dass die Todesursache klar war. Klarheit sollte eine offizielle, von der habsburgischen Militärverwaltung in Belgrad ausgesandte Kommission schaffen, die aus 2 Stabsärzten, 2 Armeeangehörigen und einem Priester bestand. Sie entschlossen sich, das Grab Arnold Paoles zu öffnen und seinen Leichnam zu exhumieren. Was sie vorfanden war mehr als erstaunlich: Sein Leichnam war offenbar überhaupt nicht verwest, und seine Haare und Fingernägel schienen nachgewachsen zu sein. Doch der Beweis, dass Arnold ein Vampir war, war das frische Blut, welches sich in seinen Mundwinkeln befand. Die österreichischen Kommissare ließen den Körper von Arnold Paole sowie alle anderen Leichen, die Zeichen von Vamprismus aufwiesen, pfählen und verbrennen. Der Stabsarzt Johannes Flückinger sandte einen ausführlichen Bericht nach Wien, in dem er die Ereignisse in Serbien schilderte und eine Erklärung zu finden versuchte. Sein Bericht wurde binnen weniger Wochen in zahlreichen Zeitungen nachgedruckt und löste eine über mehrere Jahre andauernde Diskussion über den Charakter des Vampirs aus. Mehr als zwanzig Schriften erschienen innerhalb weniger Jahre. Zentrum der Debatte war das protestantische Deutschland, denn nach der offiziellen theologischen Lehre durfte es keine Wiedergänger geben, die nach ihrem Tod aus dem Grab heraus den Lebenden erschienen und ihnen Schaden zufügten.
[Bearbeiten] Literatur
a) Quellen
- Dieter Sturm u. Klaus Völker (Hgg.), Von denen Vampiren oder Menschensaugern. Dichtungen und Dokumente. München 1967 u. ö. (Enthält die wesentlichen Quellentexte)
- Klaus Hamberger (Hg.), Mortuus non mordet. Kommentierte Dokumentation zum Vampirismus 1689-1791. Wien 1992. (Wichtige und weitgehend vollständige Quellensammlung)
- Michael Ranft, Nicolaus Equiamicus : Traktat von dem Kauen und Schmatzen der Toten in Gräbern 1734, deutsche Übersetzung aus dem Lateinischen 2006 im UBooks-Verlag ISBN 3866080158
- Silberschmidt, A.: Von den blutsaugenden Toten. Oder philosophische Schriften der Aufklärung zum Vampirismus. (Hexenmond-Verlag, 2006) ISBN 978-3980964555
- Augustin Calmet: Gelehrte Verhandlung der Materie von den Erscheinungen der Geister, und der Vampire in Ungarn und Mähren Edition Roter Drache, 2007 ISBN 978-3939459033
b) Wissenschaftliche Abhandlungen
- Stefan Grothe, Der Einfluss der Seuchen auf die Entstehung des Vampirmythos im Spiegel der Leipziger Vampirdebatte 1725-1734. Köln 2001 (mediz. Diss.)
- Peter M. Kreuter, Der Vampirglaube in Südosteuropa. Berlin 2001 (phil. Diss). - (Derzeit wichtigste und beste Arbeit zum traditionellen Vampirglauben in Serbien und Rumänien, nimmt häufig Bezug auf die Vampire von Medvegya)