Château Mouton-Rothschild
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Das Château Mouton-Rothschild in Pauillac bei Bordeaux ist eines der berühmtesten Weingüter der Erde. Das Gut ist im Besitz des französischen Zweiges der Bankierdynastie Rothschild. Bei der Bewertung der Weingüter von Bordeaux anlässlich der Weltausstellung in Paris 1855 wurde die Stellung von Mouton mit dem Rang eines Deuxième Cru Classé gewürdigt. Diese Bewertung erfolgte entlang der in Handelskreisen langjährig geführten Ranglisten, nach erzielbaren Verkaufspreisen der Weine.
[Bearbeiten] Die Weine
Mouton besitzt 82 ha Rebfläche, die zu 77% mit Cabernet Sauvignon, zu 11% mit Merlot, zu 10 % mit Cabernet Franc und zu 2% mit Petit Verdot bestockt sind. Hieraus werden jährlich ca. 300.000 Flaschen des Erstweines und eine unterschiedliche Zahl an Flaschen des Zweitweines „Le Petit Mouton“ gefüllt. Mouton hat auch einen kleinen Anteil Weißwein (nicht in obigen Anteilen enthalten), der 18 bis 24.000 Flaschen ergibt.
Die Weine von Mouton sind für ihre starke Streuung der Qualität bekannt oder auch berüchtigt: in guten Jahren, wenn z. B. der würzige Petit Verdot ausreift und in die Cuvée des Erstweines gelangt, kann Mouton phantastisch gute Weine fertigen. Dies war in den Jahren 2000 (97+ PP), 1998 (96 PP), 1995 (95+PP), 1986 (100 PP), 1982 (100 PP) und 1961 (98 PP) der Fall. In weniger prachtvollen Jahren aber kann der Mouton auch unterdurchschnittlich ausfallen; berüchtigt ist z.B. das Jahr 1990 mit „nur“ 90 PP, derweilen Nachbargüter perfekte Weine bis zu vollen einhundert Punkten fertigten. Dann sind die Weine von Mouton zwar preiswerter, aber nicht um so viel, wie sie anteilig „schlechter“ sind: dann kann der Kenner abseits vom Mouton ohne Probleme Weine finden, die zum halben Preis gleich gut oder besser sind.
Einen Sonderfall stellt der Wein des Jahres 1945 dar: in jenem Jahr gelang es dem sagenumwobenen damaligen Kellermeister Raoul Blondin, einen solch massiven, öligen, gewaltigen Wein in die Fässer zu legen und später unter dem „V“-Label „a la memoire pour Victoire“ des Künstlers Philippe Jullian abzufüllen (zum Gedenken an den Sieg über Nazi-Deutschland), dass er auch 60 Jahre später die Weinwelt in Erstaunen versetzen kann. Dieser Wein gehört, wenn er gut gelagert erhalten blieb, zu den unvergeßlichen Erlebnissen ambitionierter Weinkenner und teilt seinen Ausnahme- und Kultstatus mit nur ganz wenigen anderen bordelaiser Weinen wie dem Château Cheval Blanc von 1947, dem Château Latour von 1961 oder dem Château Margaux von 1900. Dementsprechend hoch wird der 1945er (meist auf Auktionen) gehandelt: aktuelle Preise haben ein Niveau von 5000 bis 8000 Euro für die Normalflasche. Naturgemäß werden diese Flaschen Wein immer seltener. Von diesem Wein sind mittlerweile auch gefälschte Neubefüllungen aufgetaucht.
Seit 1994 wird ein Zweitwein „Le Petit Mouton“ hergestellt.
[Bearbeiten] Geschichte
Das heutige Gut stellt das Lebenswerk des verstorbenen Barons Philippe de Rothschild dar, der es Anfang der 1920er Jahre als junger Mann erbte und mit Qualitätsstreben und der Suche nach neuen Methoden zu immer besseren Leistungen brachte. Die ausschließliche Abfüllung des Weines auf dem Weingut war seine erste revolutionäre Neuerung, um alle Stufen des Produktionsprozesses selbst zu bestimmen: Mise en Bouteille au Château.
Die früher gängige Praxis des Fassverkaufes an Händler, die dann Flaschen nach eigenem Gusto (mal besser, mal schlechter) füllten, gehört nunmehr fast der Vergangenheit an: Mouton und Baron Philippe de Rothschild setzten den Anfang hierfür.
Sein Lebenswerk wurde 1973 gekrönt, als das Château Mouton-Rothschild vom Deuxième zum Premier Cru aufgestuft wurde, die einzige Veränderung, die jemals an der offiziellen Klassifikation vorgenommen wurde.
Château Mouton-Rothschild ist heute ein Mythos in der Weinbranche und ein Touristenmagnet. Ein Museum wird betrieben, und man kann die Kellerei-Anlagen besichtigen. Selten nur werden die unterirdischen Schatzkammern gezeigt, wo in finsteren Gängen edle Weine aus aller Welt im persönlichen Keller der Baronesse Philippine aufbewahrt werden, dann in einem zweiten Gang fast alle Produkte des Schlosses aus den vergangenen 150 Jahren als Referenz bevorratet werden zu Laborvergleichen, und ein dritter Gang den Austausch-Keller enthält: Weine der 60 besten bordelaiser Weingüter, mit denen Mouton-Rothschild in jedem Jahr nach der Abfüllung jeweils zwei Kisten Wein à 12 Flaschen tauscht.
Eine Besonderheit gegenüber den anderen Châteaux leistet sich Château Mouton Rothschild jedes Jahr aufs Neue: Das Etikett der Flaschen des jeweiligen Jahrgangs wird von einem namhaften Künstler gestaltet.
Folgende Künstler gestalteten bisher das Weinetikett
- 1945: Philippe Jullian mit einem stilisierten V (für „Victoire“, frz. Sieg: zum Andenken an den großen Sieg über Nazi-Deutschland)
- 1946: Jean Hugo
- 1947: Jean Cocteau
- 1948: Marie Laurencin
- 1949: André Dignimont
- 1950: Georges Arnulf
- 1951: Marcel Vertès
- 1952: Léonor Fini
- 1953: Année du Centenaire
- 1954: Jean Carzou
- 1955: Georges Braque
- 1956: Pavel Techelitchew
- 1957: André Masson
- 1958: Salvador Dalí
- 1959: Richard Lippold
- 1960: Jacques Villon
- 1961: Georges Mathieu
- 1962: Roberto Matta
- 1963: Bernard Dufour
- 1964: Henry Moore
- 1965: Dorothea Tanning
- 1966: Pierre Alechinsky
- 1967: César
- 1968: Bona
- 1969: Joan Miró
- 1970: Marc Chagall
- 1971: Wassily Kandinsky
- 1972: Serge Poliakoff
- 1973: Pablo Picasso
- 1974: Robert Motherwell
- 1975: Andy Warhol
- 1976: Pierre Soulages
- 1977: „Gedenken an Queen Elizabeth II“
- 1978: Jean-Paul Riopelle (2 Etiketten)
- 1979: Hisao Domoto
- 1980: Hans Hartung
- 1981: Arman
- 1982: John Huston bunt verspieltes Etikett mit einem tanzenden weißen Schaf
- 1983: Saul Steinberg
- 1984: Agam
- 1985: Paul Delvaux
- 1986: Bernard Séjourné
- 1987: Hans Erni
- 1988: Keith Haring, s. Galerie
- 1989: Georg Baselitz Berliner Mauerfall, s. Galerie
- 1990: Francis Bacon, s. Galerie
- 1991: Setsuko
- 1992: Per Kirkeby, s. Galerie
- 1993: Balthus (2 Etiketten), eines s. Galerie, da das erste in den USA Anstoß erregte (es wurde als „pädophil“ empfunden). Baron Philippe ließ dann die kindliche Figur von den Etiketten für den USA-Export entfernen. Nur ein Gerücht ist, dass hernach in der USA-Abfüllung auch schlechterer Wein verwendet worden sei: Der Jahrgang war insgesamt nicht hochklassig.
- 1994: Karel Appel
- 1995: Antoni Tàpies
- 1996: Gu Gan, s. Galerie
- 1997: Niki de Saint Phalle
- 1998: Rufino Tamayo
- 1999: Raymond Savignac
- 2000: „Special gold enamel relief of the Augsburg Ram“ (Mouton)
- 2001: Robert Wilson
- 2002: Ilya Kabakov
- 2003: Kein Künstleretikett Zum 150. Jahrestag der Übernahme des Weinguts durch die Familie Rotschschild zeigt das Etikett eine zeitgenössisches Foto des Baron Nathaniel de Rothschild mit einer Seite des Kaufvertrags als Hintergrund.
- 2004: Prinz Charles
Es gab Mitte bis Ende der 90er-Jahre in ausgesuchten Filialen der Warenhauskette Kaufhof die einmalige Gelegenheit, eine geschlossene Kollektion von je einer Flasche jedes Jahrgangs zu erwerben.
[Bearbeiten] Weblinks
- Offizielle Website der Betreibergesellschaft (englisch, französisch)
- Château Mouton Rothschild: Die Künstler Weinetikett (englisch)
- sehr informative Webseite von Medoc-wines.com (deutsch)+(franzößisch,englisch)