Christopher McCandless
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Christopher (Chris) McCandless ( * 12. Februar 1968; † August 1992), auch Chris "Alexander Supertramp" McCandless genannt, war ein junger Abenteurer.
Er wurde bekannt durch Jon Krakauers Buch "In die Wildnis". McCandless zog mit minimaler Ausrüstung durch die USA, um existenziellen seelischen Nöten zu entfliehen bzw. sie zu lösen. Er starb in einem abgelegenen Gebiet Alaskas wegen körperlicher Auszehrung und einer Vergiftung.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Passagen seines Lebens
[Bearbeiten] Colorado
McCandless wuchs bei recht wohlhabenden Eltern im US-Bundesstaat Colorado auf. Sein Vater Walt war ein Radartechniker, welcher für die NASA und für den Luft-/Raumfahrtbereich arbeitete. Walt forderte von ihm, dass er ein gutes Studium ablegte und dass er eine glänzende Karriere absolviere. Stattdessen entwickelte sich bei Christopher ein Drang, sich so oft wie möglich in der freien Natur aufzuhalten. Als er etwa 10 Jahre alt war, war McCandless schon sehr ungestüm bei Wanderungen: er wollte immer weiter hinaus, egal, ob der Vater mochte oder nicht. Es sollte sich noch zeigen, dass McCandless kein Risikobewusstsein hatte.
[Bearbeiten] Annandale
Die Familie - Chris, Carine (seine jüngere Schwester) sowie die Eltern Walt und Billie - zog in die Nähe von Boston an die US-Ostküste. Chris absolvierte eine problemlose Schullaufbahn. Die Eltern drängten ihn dazu, ein Studium aufzunehmen, was er überraschenderweise auch tat - überraschend insofern, weil Chris fast ständig gegen den Vater opponierte.
Obwohl Christopher Reichtum strikt ablehnte, war er sehr arbeitsam und geschäftstüchtig. Er verdiente gut an einem Fotokopierservice (er zahlte den Eltern ein geringes Entgelt für die Benutzung des heimischen Kopierers, verkaufte aber die Kopien gewinnbringend) und fuhr Abend für Abend Touren für einen Pizzaservice. Seinen Erfolg schien er USA-üblich in Dollars und Cents zu messen. An der Schule, in der Freizeit sowie in Diskussionen vertrat er eine kompromisslos soziale bis sozialistische Sicht. Er wollte nach der High School Waffen nach Südafrika schmuggeln, um die dortige Apartheid zu bekämpfen. In verarmten Stadtteilen verteilte er Essen; an der Schule schrieb er Papiere, die die Ungerechtigkeit der Welt anprangerten.
Chris gewann ein großes Interesse an den Werken von Leo Tolstoi, Henry David Thoreau und Jack London. Tolstoi "brachte" ihm "bei", dass er ein keusches Leben zu führen habe ohne die Laster des Wohlstands. Thoreau predigte die Rückkehr zu einem möglichst natürlichen Leben; ein Sich-Einfügen in die Wildnis (besonders das Werk "Walden, or Life in the Woods" sei hier hervorgehoben). Jack London schilderte darin schwärmerisch Abenteuer in Alaska.
[Bearbeiten] Erste Reise
Wenige Tage nach dem Abschluss der High School fuhr McCandless mit seinem Gebraucht-Geländewagen quer durch die ganze USA. Er hielt sich meistens in Arizona und Colorado auf, reiste aber mit einem Boot den Colorado River hinunter bis an die Baja California, also ans Meer. Er wurde von einem Sturm überrascht und verlor fast sein Leben, als das Paddel verlorenging. Mit einem Ersatzpaddel gelang ihm die Fahrt ans Ufer. Nach seiner Aussage hat er sich während dieser ersten Reise zwei Monate lang nur von einigen Fischen und fünf Kilogramm Reis ernährt. Zwei Tage vor Beginn des Universitätsstudiums erschien er wieder zuhause.
[Bearbeiten] Zweite Reise
Kurz nach Ende des Uni-Studiums - sowohl an der High School wie an der Universität erhielt er in der Regel sehr gute Noten - brach er auf. Er spendete 24'000 $, die aus einer Erbschaft stammten, an die Hilfsorganisation "OXFAM America" und verbrannte eine weitere kleinere Summe. Mit einer Habe, die aus Büchern, einem Gewehr, einem Schlafsack sowie Zelt und weiteren, kleineren Gegenständen bestand, brach er auf. McCandless freundete sich mit einem 78jährigen Mann an, mit dem er einige Zeit verbrachte; er jobbte in der Nähe von Las Vegas in einer McDonald's-Filiale. Meistens lebte er wie ein Obdachloser, selten, wie beim älteren Mann, genoss er ein relativ bequemes Heim. Des weiteren arbeitete er in South Dakota in einem Getreidesilo. Mit einigen Menschen, die er während der zweiten Reise kennenlernte, behielt er Brief- bzw. Postkartenkontakt.
[Bearbeiten] Alaska
Nach fast zwei Jahren Herumwandern, auf Güterzüge aufspringen und Gelegenheitsjobs brach er nach Kanada auf. Anhalter nahmen ihn nach Fairbanks/Alaska mit. Dort schickte er im Universitätspostbüro die letzten Postkarten und Briefe ab, die man von ihm erhielt; auch suchte er in der Bibliothek nach einem Werk, welches die genießbaren Beeren, Früchte und Pflanzen Alaskas schildert. Jenes Buch nahm er mit; jedoch war er auf den Reisen nie gut ausgerüstet. Karte und Kompass hatte er nicht dabei, denn er wollte natürliche, unberührte Gegenden erkunden. Dass dies in der heutigen Zeit - Satellitenbilder, GPS-Navigation - nicht mehr möglich ist, störte ihn nicht. Die Ungewissheit, die "Natürlichkeit", die etwa David Livingstone in Afrika erfuhr, simulierte er einfach, indem er auf ebendiese Hilfsmittel verzichtete. Noch ein Anhalter nahm ihn mit nach Healy, ein Dorf beim "Stampede Trail", ein alter, schon fast in der Landschaft verschwundener Pfad. Es war April, und es lagen etwa 40 cm Schnee.
Nach der Überquerung eines Flusses traf Christopher McCandless nach vier Tagen Marsch auf einen Bus, der einmal als Unterkunft diente für die Mannschaft eines kleineren Bergwerkes. Er richtete sich dort ein. Die "Natur", die er eigentlich erfahren wollte, war es nicht. Denn nur 30 Kilometer entfernt befand sich ein Highway, und schließlich war das nächste Dorf, Healy, nur vier Tagesmärsche weit weg. Mit einem in Fairbanks gekauften Kleinkalibergewehr schoss er Eichhörnchen, Vögel und Stachelschweine. Er sammelte auch Beeren, Pilze und wilde Kartoffeln, was am Anfang noch gut ging. Doch er verlor nach und nach an Gewicht, weil er seine Energiebilanz nicht decken konnte.
Im Juli entschied er sich, nach Healy zurückzukehren. Er war schon abgemagert, doch der Fluss, den er bei der Ankunft ohne große Probleme überqueren konnte, hatte sich wegen der sommerlichen Schneeschmelze in eine reißende Flut verwandelt. Er konnte ihn schlicht nicht überqueren. Christopher kehrte zum Bus zurück und hoffte, dass er noch davonkommen würde. In seiner Not aß er auch die Samen der wilden Kartoffel, die aber hochgradig giftig sind. Um das Gift zu neutralisieren, hätte er große Mengen Zucker zu sich nehmen müssen. Am 18. August 1992 (Todeszeitpunkt von Jon Krakauer geschätzt) verstarb er. Dass die Samen der Kartoffel giftig sind, war der Autorin der von ihm mitgenommenen Waldfrüchte- und Beeren-Enzyklopädie nicht bekannt.
[Bearbeiten] Die Persönlichkeit von McCandless
[Bearbeiten] Unvorsichtigkeit
Das Auffallendste an seiner Natur war, dass er sich niemals Grenzen setzte. Schon bei seiner ersten Reise vernachlässigte er viele wichtige Dinge, wie etwa den Sturm, der ihn in der Baja California überraschte. Fatal äußerte sich das Fehlen einer Landkarte, als er nach Healy zurückkehren wollte; denn auf dieser Karte wäre eine Art Seilbahn eingezeichnet gewesen, die er für die Flussüberquerung hätte nutzen können; ebenso war er sich nicht bewusst, dass wenige Kilometer entfernt einige Hütten lagen. Er ging jedes seiner Vorhaben hoffnungslos naiv an.
[Bearbeiten] "Natur"
Kontakt zu ähnlich denkenden Menschen hatte McCandless nie. Er lernte höchstens Obdachlose kennen; aber keine Vagabunden, wie er einer war. Die Natur war einerseits eine Flucht: von Thoreau gedrängt, wollte er sich zu einem anderen Menschen formen lassen, nämlich zu einem Menschen, der nurmehr "existiert" und "lebt" als von materiellen Dingen wie Lohn und Supermarkt abhängig zu sein: die Unschuld lockte.
Die Wildnis Alaskas war aber auch sein Ziel. Jack Londons schönfärberische Romane wie "Wolfsblut" übten eine große Faszination aus auf den jungen, neuzeitunverträglichen Menschen. Dass Jack London nur einen Winter in Alaska verbrachte und deshalb wohl nicht aus Erfahrung sprechen konnte, kümmerte Christopher McCandless nie, und er wusste es auch wohl nicht. Auch nicht, dass London im Alter von 40 Jahren sein Leben im Alkohol ertränkte und nur noch eine mitleiderregende Gestalt war. Allerdings gilt die früher weithin vertretene Auffassung, London hätte seinem Leben selbst ein Ende gesetzt, heute als sehr umstritten. Vieles spricht dafür, dass London, der die letzten Jahre seines Lebens an einer Niereninsuffizienz litt, einer Harnvergiftung erlag.
[Bearbeiten] Literatur
Jon Krakauer: In die Wildnis (ca. 300 S., Piper Verlag), ISBN 3-492-22708-2
[Bearbeiten] Anmerkung
Im Buch "In die Wildnis" wurden einige Personennamen verändert, damit die Anonymität der Betroffenen gewährleistet ist. Bei den Figuren außerhalb Chris' Familie geschah dies und wurde im Buch deklariert - die Frage ist, ob etwa die Namen von Chris' Eltern echt sind oder nicht. Nur bei Nebenpersonen fand diese Deklaration offen statt. Das Buch wird zurzeit (2006) von Sean Penn verfilmt. Es soll 2007 in die Kinos kommen. Die Hauptrolle übernimmt Emile Hirsch.
Siehe auch:
Personendaten | |
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NAME | McCandless, Christopher |
ALTERNATIVNAMEN | Chris McCandless, Alexander Supertramp |
KURZBESCHREIBUNG | Abenteurer |
GEBURTSDATUM | 1968 (?) |
STERBEDATUM | wahrscheinlich 18. August 1992 |
Kategorien: Mann | Alaska