Der eiskalte Engel
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Filmdaten | |
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Deutscher Titel: | Der eiskalte Engel |
Originaltitel: | Le Samourai |
Produktionsland: | Frankreich |
Erscheinungsjahr: | 1967 |
Länge (PAL-DVD): | 105 Minuten |
Originalsprache: | Französisch |
Altersfreigabe: | FSK 16 |
Stab | |
Regie: | Jean-Pierre Melville |
Drehbuch: | Jean-Pierre Melville |
Produktion: | Raymond Borderie, Eugéne Lépicier,Jean-Pierre Melville |
Musik: | Francois de Roubaix |
Kamera: | Henri Decaë |
Schnitt: | Monique Bonnot, Yo Maurette |
Besetzung | |
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Der eiskalte Engel (Le Samouraï) ist ein französischer Kriminalthriller aus dem Jahr 1967. Regie führte Jean-Pierre Melville, die Hauptrolle spielte Alain Delon.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Handlung
„Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, außer vielleicht die eines Tigers im Dschungel.“ Mit diesem fiktiven Zitat aus den Büchern des Bushidō begegnet der Zuschauer Jeff Costello (Alain Delon), der einsam in seinem spärlich möblierten Apartment liegt. Fast mechanisch kleidet er sich an, verabschiedet sich von seinem Zimmergenossen, einem Kanarienvogel, knackt auf der Straße ein Auto und fährt zu einer abgelegenen Garage. Dort lässt er von einem Komplizen die Nummernschilder austauschen und nimmt eine Pistole in Empfang.
Nachdem er sich bei seiner Freundin ein Alibi verschafft hat, geht er in einen Nachtklub und erschießt den Barbesitzer. Dabei wird er von der Pianistin Valérie überrascht, die ihn wortlos flüchten lässt.
Er wird jedoch von mehreren Gästen gesehen, und so kommt es zu einer polizeilichen Gegenüberstellung. Da sich aber nicht alle Zeugen sicher sind, in ihm den Mörder zu erkennen, die Pianistin Valérie offensichtlich leugnet, ihn zu erkennen und das Alibi seiner Freundin stichhaltig scheint, kann der Kommissar ihn nicht festhalten. Da er Costello nicht glaubt, lässt er diesen auf Schritt und Tritt überwachen.
Durch das Verhör bei der Polizei verlieren Costellos Auftraggeber ihr Vertrauen und versuchen, ihn zu ermorden: Costello gerät zwischen die Fronten. Da ihm die Motivation der Pianistin, ihn zu verleugnen, unklar bleibt, sucht er diese auf und stellt sie zur Rede. Costello verliebt sich in die schöne Valérie.
In seinem Apartment wird er von einem Killer seiner Auftraggeber überrascht; diese wollen ihm eine weitere Chance geben und bezahlen ihn für einen weiteren Mord. Costello soll die Pianistin töten. Mit ungeladener Pistole nähert er sich in dem gut besuchten Nachtclub der Bühne. Er richtet die Waffe auf sie, wohl wissend, dass er von der Polizei überwacht wird. Die Erwartung Costellos erfüllt sich − die Polizei erschießt den lebensmüden, in die Enge getriebenen Killer.
[Bearbeiten] Entstehungsgeschichte und Rezeption
Der eiskalte Engel zählt unter Filmkritikern und Filmemachern als das unbestrittene Meisterwerk von Melville und beeinflusst bis heute eine Vielzahl von Regisseuren. Michael Mann, Martin Scorsese und David Fincher beziehen sich auf ihn bzw. zitieren ihn, Quentin Tarantino hat in zahllosen Interviews Melvilles Namen wieder ins Gespräch gebracht, für John Woo ist Der eiskalte Engel stilprägend und Melville bezeichnet er als „seinen Gott“. Sogar bis in die Computerspielszene haben sich Motive aus Der eiskalte Engel verbreitet. So trägt die Hauptfigur der Spielserie „Hitman“, bei der es sich ebenfalls um einen emotionslosen Auftragskiller handelt, immer einen Käfig mit einem Kanarienvogel mit sich.
Melville hat sich durch seine unverwechselbare Handschrift, die durch einen prägnanten visuellen Stil gekennzeichnet ist, im Frankreich der sechziger Jahre einen Namen gemacht. Er ist der einzige französische Regisseur, der unabhängig in seinem eigenen Studio arbeiten kann und der bereits mit allen großen französischen Stars gedreht hat. Nur zu einer Zusammenarbeit mit Alain Delon war es bislang nicht gekommen. Delon konzentrierte sich auf seine Karriere in Amerika und hatte 1966 weder Interesse am französischen Film noch an dem hauptsächlich durch Kriminalstorys an den Kinokassen erfolgreichen Regisseur Melville. Melville gelang es jedoch, sich bei Delon einen Termin zu verschaffen, um ihn von der Rolle des Killers zu überzeugen. Er begann ihm das Drehbuch vorzulesen. Nach zehn Minuten unterbrach ihn Delon mit den Worten „Die Geschichte hat ja bis jetzt keinen einzigen Dialog. Ich mache es.“ Als Melville ihm dann noch den Titel des Films nannte, der im Original Le Samouraï, also Der Samurai heißt, bat Delon ihn in sein Schlafzimmer und zeigte ihm ein großes Samuraischwert, das direkt über dem Bett hing. Vielleicht war es dieser persönliche Bezug, den Delons Spiel, das sich während des Films tatsächlich auf nur sehr wenige Dialogszenen beschränkt, zu einer seiner herausragendsten Darstellungen in seiner Karriere machte.
Neben dem finanziellen Erfolg, der filmhistorischen Bedeutung und dem großen Einfluss auf Generationen von Filmemachern gibt es noch eine Reihe weiterer Anekdoten, die eine Erwähnung wert sind. So besetzte Melville für die Rolle von Costellos Geliebter Delons damalige Frau Nathalie Delon. Die Ehe war jedoch schon in Auflösung, und so ist die Abschiedsszene, in der der bisher stoisch, fast apathisch blickende eiskalte Engel in einer Umarmung mit Nathalie das erste Mal die Augen schließt, auch als Abschiedsgeste für das Ehepaar zu lesen. Nach Melvilles Erzählungen trennte sich das Paar noch am selben Abend.
Ein weiterer Freund Melvilles verabschiedet sich in Der eiskalte Engel, der Schauspieler Andé Garret, der die Rolle von Costellos Komplizen in der Autowerkstatt spielt. Garret, zur Drehzeit bereits todkrank, verabschiedet sich in der letzten Garagenszene mit den Worten „Ich warne dich, Jeff, das ist das letzte Mal“ von seinem Publikum.
Deren Schicksalschläge nicht genug, brannte Melvilles Studio unmittelbar nach den Dreharbeiten komplett ab. Neben dem erheblichen finanziellen Verlust, von dem Melville sich in den folgenden Jahren schwer erholte, war ein weiteres Opfer zu beklagen: Costellos Kanarienvogel verbrannte in den Flammen.
Für Melville leidet Costello an schizoiden Persönlichkeitsstörungen. Der Regisseur beschäftigte sich in der Vorbereitung ausführlich mit dem Krankheitsbild der schizoiden Persönlichkeitsstörungen. Costellos Apathie, seine fast ausdruckslose Mimik und seine scheinbare emotionale Kühle sind Indizien für seine krankhaften Handlungsweisen (schizoide Persönlichkeitsstörungen gemäß Klassifizierungssystem ICD-10). Melville beschränkte sich jedoch auf minimale Hinweise; so soll der leichte Vertigo-Effekt in der Anfangstotalen, in der Costello rauchend in seinem Bett liegt, verdeutlichen, dass mit dem Helden etwas nicht stimmt. In den folgenden Einstellungen, in denen Costello ein Auto stiehlt, wird er durch die verregneten Fenster des Autos gezeigt. Costello betrachtet die Welt durch einen Schleier, auch das Lächeln einer vorbeifahrenden Schönen ignoriert er reaktionslos.
Die Figur der Pianistin Valérie verkörpert für Melville den Tod. Costello verliebt sich in sie, d.h. er legt sich freiwillig in die Arme des Todes. In dem ursprünglichen Ende des Films lächelt Costello, als er von den Polizisten erschossen wird. Doch Delon teilte Melville mit, dass es bereits einen Film gäbe, in dem er mit einem Lächeln stirbt. So wurde ein alternatives Ende gedreht, mit dem der Film jetzt auch aufhört. Der eiskalte Engel stirbt mit stoischem Gesichtsausdruck.
[Bearbeiten] Kritik
prisma-online: „Zwischen nouvelle vague und film noir inszenierte Jean-Pierre Melville virtuos stilisiertes Gangster-Kino über einen Killer, der seinen Job verliert, ohne den er nicht existieren kann: ,Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, es sei denn die eines Tigers im Dschungel‘, lautet das Bushido-Motiv aus dem Vorspann und erklärt damit den Originaltitel.“
[Bearbeiten] Auszeichnungen
Die französische Schauspielerin Cathy Rosier gewann für den Part der Valerie 1968 den Étoile de Cristal als beste Darstellerin.
[Bearbeiten] Remake
Ein modernes, allerdings mit Anpassung an den amerikanischen Context versehenes Remake findet sich in Film Ghost Dog – Der Weg des Samurai.