Direktsaat
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Unter Direktsaat wird eine Saatmethode ohne vorherige Bodenbearbeitung verstanden. Direktsaat ist definiert als „Bestellung ohne jegliche Bodenbearbeitung seit der vorangegangenen Ernte. Scheibenmaschinen öffnen Säschlitze, in die das Saatgut abgelegt wird. Anschließend wird dieses mit Boden bedeckt. Die Unkrautkontrolle geschieht hauptsächlich chemisch“ (Definition nach Phillips/Phillips 1984, s. Literatur).
Es erfolgt eine Einsparung von vorangehenden Bodenbearbeitungsmaßnahmen (Pflug, Grubber). Dabei wird Energie eingespart und gleichzeitig die Tragfähigkeit des Bodens verbessert.
Die Direktsaat kann grundsätzlich bei allen Kulturen angewendet werden, die keine Damm- oder Beetformung erfordern.
Die Direktsaat ist eines der meistuntersuchten Anbausysteme weltweit. Die Art der Versuchsanlagen und der Hintergrund der Versuchsbetreiber entscheiden oft über das Gelingen der Direktsaat im Versuch bzw. im Vergleich mit anderen Anbausystemen. Wird die Direktsaat z.B. in ein bestehendes, konventionelles Schema gezwungen, und ohne Rücksicht auf deren Eigenheiten, unter nicht Direktsaattauglichen Parametern geprüft, sind die Resultate in der Regel entäuschend. Auf der anderen Seite resultieren bei wohlüberlegtem, der Direktsaat angepasstem Planen und Handeln, meist Mehrerträge und nachhaltige Ressourcenverbesserungen.
Bei sachgemässer Anwendung der Direktsaat unter Einhaltung verschiedener Grundregeln können enorme ökologische und wirtschaftliche Vorteile resultieren. Die Direktsaat ist demnach eine ausgesprochen komplexe Systemlösung, die Ausdauer und Konsequenz erfordert. Das Ziel ist, den Boden binnen 5 bis 10 Jahren in einen Zustand zurückzuführen, wie er beispielsweise unter Naturwiese vorkommt. Mit einer abwechslungsreichen Fruchtfolge und entsprechenden Zwischenfrüchten wird vorerst eine Dauerbedeckung- oder Begrünung erreicht, in die immer wieder die nächste Kultur der Wahl ohne Bodenbearbeitung hinein gesät wird. Durch die Artenvielfalt auf der Oberfläche kann eine Artenvielfalt im Untergrund entstehen. Die Bedeckung des Bodens führt erwiesenermassen zu einer Unterdrückung der Unkräuter und damit zu reduziertem Pflanzenschutzbedarf. Die Bedeckungsschicht (Mulchschicht) stellt gleichzeitig das Futter für die Bodenlebewesen dar, die unter Direktsaat reichlich vorhanden sind. Die Regenwurmpopulation wächst, je nach Ausgangslage, fast explosionsartig. Auswertungen haben ergeben, dass das Gewicht an Regenwürmern unter einem Hektar Langzeit-Direktsaatfläche durchaus über zwei Tonnen wiegen kann. Wenn man bedenkt, dass dieses Gewicht in Form von Kühen auf derselben Fläche nicht ausreichend gefüttert werden kann, erlangt man schnell eine Vorstellung, wie wichtig die Versorgung des Bodenlebens ist.
Auch wird die oft augenfällige Bodenerosion vermieden, da die der Aufprall der Regentropfen abgefedert, und die Spülkraft des Niederschlages aufgefangen wird. Im Übrigen ist der gesamte Bodenwasser-Haushalt bei Direktsaat wesentlich besser als bei herkömmlichen Verfahren. Das Wasseraufnahmevermögen bei Starkniederschlag ist nach verschiedenen Messungen bis zu 10mal höher als im Pflugverfahren. Die Regenwurmgänge und die Hohlräume von abgestorbenen Wurzeln lassen das Wasser rasch in tiefe Bodenschichten einsickern, wo es gespeichert werden kann. Die intakten Feinporen (Kapillaren) lassen das Wasser bei Trockenheit wieder aufsteigen (Kapillarwirkung), und die Mulchschicht schütz vor dessen Verdunstung. Ausserdem kann auf diese Art versickerndes Wasser keine löslichen Närstoffe wie z.B. Nitrat ausschwemmen, weil die die Bodenaggregate stabil, und die Krümel fest verbaut sind. So kommt das Sickerwasser nicht direkt mit Nitraten und Phosphaten in Berührung. Vorausgesetzt die Düngemittel werden nicht unmittelbar vor Starkniederschlägen ausgebracht.
Ein weiterer grosser Vorteil der Direktsaat ist, dass unter obgenannten Bedingungen der Humusgehalt im Boden signifikant erhöht werden kann. Dies führt u.A. zu einer verbesserten Nährstoffdynamik und insgesamt zu einer höheren Effizienz der Nährstoffe. Das heisst, im Endeffekt können die Kunstdüngergaben bei gleich bleibendem Ertrag reduziert werden, was die Gesamtökobilanz deutlich verbessert. Weitere Parameter der Gesamtökobilanz, die bei Direktsaat im positiven Sinne zu Buche schlagen, sind die Unterlassene Bodenbearbeitung an sich, und das verhinderte ausweichen von CO2 aus dem Boden (C-Verlust,Humusschwund) als Folge einer Bodenbearbeitung. Diese Verdunstung wurde an unterschiedlichen Standorten, jeweils kurz nach dem Einsatz verschiedenster Bodenbearbeitungstechnik gemessen. Bei einer Bearbeitungstiefe von 17cm resultierte z.B. in Minnesota USA eine Entweichung von 200 Gramm CO2 pro m2 in 24 Stunden. Dies würde bei einer Ackerfläche von 300'000ha (Schweiz) ein Volumen von 600'000 Tonnen CO2-Verlust bei einem Durchgang ergeben.
Stefan Minder MIGAMO-Schweiz Der Text interpretiert einige Langzeitstudien und Praxiserfahrungen zu verschiedenen Themen rund um die Direktsaat.
Vor- und Nachteile der Direktsaat (auch oft "Minimalbodenbearbeitung" genannt) werden international kontrovers diskutiert.
Das BMVEL schrieb dazu 2001 in seinem Standpunktpapier: "Ob das Verfahren der Direktsaat unter mitteleuropäischen Bedingungen ökonomisch und ökologisch sinnvoll einzusetzen ist, bedarf der weiteren Klärung."
Mittlerweile gibt es bereits Versuche Direktsaat biologisch zu betreiben.
[Bearbeiten] Weblinks
- Gesellschaft für Konservierende Bodenbearbeitung
- Schweizerische Gesellschaft für bodenschonende Landwirtschaft
- Warum Direktsaat?
- Direktsaat Blog
- Infos zum Landwirtschaftlichen Bodenschutz
[Bearbeiten] Literatur
- Beste, A.(2005): Landwirtschaftlicher Bodenschutz in der Praxis. Grundlagen, Analyse, Management. Erhaltung der Bodenfunktionen für Produktion, Gewässerschutz und Hochwasservermeidung.
- BMVEL (2001): Standpunktpapier zur Definition „gute fachliche Praxis“ im Bundesbodenschutzgesetz.
- Kreiye, H. (2001): Auswirkungen nichtwendender Bodenbearbeitung auf das Schadorganismenauftreten in einer Zuckerrüben-Weizen-Weizen-Fruchtfolge. Cuvillier Verlag, Göttingen
- Landesanstalt für Pflanzenbau Forchheim , Hg.(2003): Pflanzenbauliche und wirtschaftliche Auswirkungen verschiedener Verfahren der Bodenbearbeitung. = Sonderheft 1, Forchheim.
- Lütke-Entrup/Schneider (2004): Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit landwirtschaftlicher Systeme der Bodennutzung durch Fruchtfolgegestaltung und konservierende Bodenbearbeitung/Direktsaat. In: Bodenschutz und landwirtschaftliche Bodennutzung – Umweltwirkungen am Beispiel der konservierenden Bodenbearbeitung.. Texte 35/04 Umweltbundesamt, Berlin.
- R.E, Phillips und S.H. Phillips: No-tillage agriculture, principles and practices. New York 1984